Johann (+1777)

Gedankengedicht

von  Redux


 

Nur einige Jahrzehnte noch
sprachen sie von ihm:
Johann,
nachdem an einem dunklen Nachmittag
im November 1777
sein Abschied kam.

Johann, Knecht.
Johann mit der Hasenscharte.
Johann, ledig.
Johann mit dem beschränkten Blick
und dem beschränkten Verstand.

Seine Jahre:
auf der Wiese, dem Stoppelfeld, bei den Kühen,
auf dem Acker , bei Graupel und Schnee,
im Bronzelicht vieler Oktober,
im Glanz früher Märztage hinter Ochse und Pflug,
am knisternden Feuer des Kamins, dem einzigen Licht
vieler dunkler Dezember- und Januarnächte,
im Stall neben Schafen und Schweinen ,
unter gleißender Julisonne,
im Eichenwald im Halbtraum von Wind und Blätterrauschen und Vogelgesang.

Johann;
noch einige Jahrzehnte wussten sie von ihm,
niemand sonst konnte in den Stimmen und Gesängen
der Vögel sprechen wie er, wie Johann mit der Hasenscharte.
So war er, so sprach man noch von ihm,
er, der die Dohlen kannte, die Häher, Finken, Amseln und Wildgänse.

So sprach man noch von ihm

eine kurze Weile

bis nichts mehr war
nicht Stein noch Knochen noch ein Wort.

Er war der Glanz der Erde.
Vor seiner Gestalt neigte sich das Nichts.
Vor ihm zerbröselte der Tod,
auch wenn dieser ihn nahm.
Vor seiner Schönheit zerbrach
alles Leblose.
Es schwand das Dunkel
verschämt
in seinem Licht.



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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (15.06.25, 18:05)
Schön, dass du ihn nochmal aus der Vergessenheit hervorgehoben hast. Dafür bekommst du von mir nebrn einem Sternchen auch ein anderes † zum Kopieren in die Überschrift. 

Beste Grüße, 
Dirk
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