Die Sinnlosigkeit des Semikolons

Glosse zum Thema Sprache/ Sprachen

von  Gabyi

Das Semikolon ist Ausdruck rein ideologischer Absicht und erwünschter Einflussnahme. Es macht einen feinen Unterschied zum Komma, indem es zum Ausdruck bringen will, in welcher Weise sich die beiden Sätze zueinander verhalten. Man kann ebenso gut ein Komma verwenden, das entkompliziert das ganze Verfahren. Es gibt schon Studien zum Thema des aussterbenden Semikolons. Es wird immer weniger verwendet und das gefällt mir. Ich finde es nutzlos und nur akademisch. Es trägt für mich nichts zum Verständnis des Textes bei. Aber die unterschwelligen Botschaften kann es ungehindert transportieren.


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Kommentare zu diesem Text


 Jack (26.06.25, 21:05)
Zum Semikolon gibt es einen guten Aphorismus von Michael Klonovsky.

 Gabyi meinte dazu am 26.06.25 um 21:18:
und der wäre ?

 Citronella (26.06.25, 21:21)
Wohl wieder so ein Teil, das der Verwahrlosung der Sprache in Kurznachrichten zum Opfer fällt. Ich plädiere für die Beibehaltung und halte es in Prosatexten für durchaus sinnvoll ...  8-)

 Gabyi antwortete darauf am 26.06.25 um 21:34:
OK, da steht Meinung gegen Meinung. Mir hat es noch nie gefallen, schon lange bevor es Kurznachrichten gab.

 dubdidu schrieb daraufhin am 26.06.25 um 21:48:
Wohl wieder so ein Teil, das der Verwahrlosung der Sprache in Kurznachrichten zum Opfer fällt.
Ich möchte es Verarmung nennen. Die zeitgenössische Phrasensprache führt bereits jetzt zum Verlust von zahlreichen Synonymen und dem Verwischen von Bedeutungsunterschieden. Aber nicht nur in Kurznachrichten begegnen wir der verarmten Sprache, sie ist einfach leider überall.

 dubdidu (26.06.25, 21:44)
Das Semikolon kann insbesondere in nichtakademischen, literarischen Texten genutzt werden, um den Text zu rhythmisieren. Beide Gedankenstriche, Komma, Semikolon, Punkt und Absatz dienen als "Pausenwerte", sie sind also nicht nur zu Erfüllung der grammatikalischen Regeln da. Übrigens kann das Semikolon auch anstelle eines Punktes stehen. Ein langer Satz, der nur durch Kommata geordnet ist, kann verwirrend, langweilig, unstrukturiert wirken, wie ein einziger Wust, ein einzelnes Semikolon kann den Satz prägnanter machen. Aber Graeculus kann dir das sicher genauer erklären.

Aus deinem Text geht nicht hervor, was am Semikolon ideologisch sein soll, du stellst diese Behauptung auf, bringt aber kein einziges Argument ein, das diese Behauptung unterstützt. Welche unterschwellige Botschaft wird denn transportiert, wenn eine Aufzählung mit mehreren Kommata und der darauffolgende längere Nebensatz mit einem Semikolon gekennzeichnet wird?

 Graeculus (26.06.25, 22:24)
Ich kenne das Semikolon als Abgrenzung zweier grammatisch selbständiger, aber inhaltlich zusammenhängender Sätze; in diesem Sinne unterscheidet es sich von Komma und Punkt. Das ist eine mögliche Differenzierung, deren Abschaffung eine Verarmung bedeuten würde.

Aber keine Sorge, es wird verschwinden - so wie der Genetiv, das Futur und der Konjunktiv I. Dann werden wir die schöne neue Sprache haben: schlicht und simpel.
Ich vermute stark, daß bereits jetzt eine Generation heranwächst, die in ihrem Leben weder einen Bussard noch ein Semikolon jemals zu Gesicht bekommen hat.

 Citronella äußerte darauf am 26.06.25 um 22:32:

Ich vermute stark, daß bereits jetzt eine Generation heranwächst, die in ihrem Leben weder einen Bussard noch ein Semikolon jemals zu Gesicht bekommen hat.

Das "Gute" daran: Sie werden beides nicht vermissen, weil sie es niemals gekannt haben. Wie so viele andere Dinge auch, die heute schon verschwunden sind. Mich macht das sehr traurig.

 Graeculus ergänzte dazu am 26.06.25 um 22:46:
Was meinst Du, was wir alles nicht kennen? Ich habe niemals Forge of Empires" gespielt, während jüngere Leute dort schon auf Level 10 oder sonstwo sind.

"The times they are a-changin'" wurde schon in unserer Jugend gesungen. Jetzt sind wir alt, und unsere Zeit ist bald vorbei. Mit uns stirbt das Semikolon.

So wie der Komponist Alfred Schnittke sich diesen Grabstein hat setzen lassen:

... so wird auf meinem stehen:

                                                     ;

Antwort geändert am 26.06.2025 um 22:48 Uhr

 dubdidu meinte dazu am 26.06.25 um 23:16:
Gibt es denn ein Beispiel für bereits verlorene grammatikalische Formen aus dem Neuhochdeutschen? Mich deucht, da hat sich bisher nicht viel geändert. Der Genitiv scheint mir von denjenigen Dialektsprechern nicht genutzt zu werden, in deren Dialekten es nun mal keinen Genitiv gibt. Im Hamburger Platt herrscht dagegen eine Akkusativ-Dativ-Verwirrung vor, ohne dass jmd. Sorge hat, diese könnten zusammenfallen, dabei ist dies in anderen germanischen Sprachen bereits vor langer Zeit geschehen, während der Genitiv erhalten blieb. Dass viele schöne Konjunktiv-I-Formen nur noch selten gebraucht werden, bedauere ich ebenfalls.

Andererseits behauptet sich das Baskische schon seit Jahrtausenden - trotz Isolation. Die Zeiten ändern sich, aber was verschwindet und was bleibt, kann nur bedingt vorhergesagt werden. Sprache ist kein Geheimnis, sie bedarf Pflege und Anwendung.

 Graeculus meinte dazu am 26.06.25 um 23:23:
Stimmt, man kann nur eine (im Prinzip umkehrbare) Tendenz beschreiben, nicht die Zukunft vorhersagen.

Kürzlich habe ich gelesen, daß das Gälische wieder zunimmt.

Das Baskische ist faszinierend: die einzige isolierte Sprache in Europa, d.h. eine Sprache, zu der es keine bekannten Verwandten gibt.

***

Um der Invasion des Plural-s aus dem Reich der Angelsachsen etwas entgegenzusetzen: Der Plural lautet "Semikola", nicht "Semikolons".

 Saudade (26.06.25, 22:30)
Das Problem ist, dass dem Semikolon bereits in der Schule zu wenig Beachtung geschenkt wird. Ich kenne niemanden privat, der des verwendet.

 Graeculus meinte dazu am 26.06.25 um 22:35:
Ich kenne niemanden privat, der des verwendet.

Doch. Einen. Oder kennen wir uns nur dienstlich?

 Saudade meinte dazu am 26.06.25 um 22:42:
Haha. Sorry. Ich meinte hier in Wien.

 Graeculus meinte dazu am 26.06.25 um 22:57:
Mir kommt manchmal der Verdacht, daß für Dich die Welt außerhalb von Wien nicht so richtig zählt. Gut, Graz und Salzburg, die gehen noch. Aber der ganze Rest? Der ist für Dich so ungefähr das, was für den aktuellen US-Präsidenten die Mongolei ist.
Hand aufs Herz: Liegt Deutschland nördlich oder südlich von Österreich?
(Kleiner Scherz am Abend!)

 IngeWrobel (26.06.25, 23:31)
Sehr häufig schon hat mir das Semikolon die Entscheidung  abgenommen, aus zwei Nebensätzen zwei Einzelsätze zu machen, obwohl ich sie als einen Satz betrachte ... oder nicht.  :) 

Ich liebe das Semikolon und werde es bis zu meinem schreibenden Ende einsetzen, weil es keinen vergleichbaren Ersatz dafür gibt. 
Egal, ob es "offiziell" abgeschafft wurde, oder nur den stillen Tod durch Vergessen gestorben ist!
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