Drahtesel, das war einmal

Kommentar zum Thema Zwang

von  eiskimo

Sagtest du „Radl“?  Herrenfahrrad, Damenfahrrad? Gesundheitslenker, Blitzventil, Rücktrittbremse, Rockschoner???

Nee, damit bist du so etwas von out!
Vergiss Opas Fichtel&Sachs-Vokabular, denn heute darfst du nicht mehr radeln, sondern musst „cruisen“ , mal einen „challenge performen“  oder zumindest mal „offroad gehen“ – natürlich auf einem Gravelbike, zur Not einem Commuter, bitte unter 10 Kilo mit Carbonrahmen, „tubeless“-Slicks und rapidfire-Schaltern –  Du merkst: „Biken“ ist längst eine Weltanschauung, und das – wohlgemerkt – nicht mit angestaubten Relikten vom Flohmarkt, sondern Material aus dem angesagten Onlineshop, sagen wir Canyon, Rose oder Cube – da kriegst du "die basics"  zur Selbstfindung auf "never ending adventure trails" – 3000 Euro Eintrittspreis. Aber dafür minimalistisch. Weil: Du bist dann mal weg, moderner "bikepacker", outward bound. Dein GPS wird dich lotsen. Einmal back home, stellst du dann dein Traveller-Bike stolz wieder ins Wohnzimmer – ein bisschen Showroom muss schon sein, bei so viel investment.




Anmerkung von eiskimo:

Das Fahrrad transportiert einen interessanten Wertewandel. Im Ansatz war es ein Hin zu "weniger" (Umweltbelastung, Raumverschwendung, Lärmbelästigung Kosten...), aber schon haben sich Industrie und Handel des Umdenkens bemächtigt, um wieder mehr Umsatz zu generieren. Erfolgreich. Denn einfache Räder (im Sinne des o.a.Weniger) gibt es gar nicht mehr. Allein schon der Umstieg auf das E-Bike ist ein lukratives Massenphänomen.
Interessant aber auch der Sprachwandel, der diese "Freiheitsbewegung" begleitet. Nur noch Positives, das da mitschwingt. Keine Werbung, kein Film mehr, wo nicht "bikes" diesen neuen Kult dekorieren.

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Kommentare zu diesem Text


 Citronella (05.07.25, 11:13)
Was mir neulich beim Lesen fast körperliche Schmerzen verursacht hat: Das Angebot eines Reiseveranstalters, mit dem E-Bike griechische Inseln, vorzugsweise Kykladen, zu „erkunden“. Griechische Inseln, auf denen früher träges Strandleben und Gemächlichkeit in den Dörfern im Hinterland herrschte, und auf denen man sich allenfalls mal für einen Tag ein klappriges Moped auslieh – nunmehr bei sehr vielen Veranstaltern als E-Bike-Abenteuer im Angebot.

Mit einem herkömmlichen Fahrrad wäre dies kaum möglich gewesen.

 eiskimo meinte dazu am 05.07.25 um 11:44:
Aber dann deine Fotos, Du und ein MTB mit fetten Reifen auf staubigen Piste, atmungsaktive Biker-Montur, Berkulisse, blauer Himmel...
Das sähe doch mit einem 26er Pegasus Tiefeinsteiger echt nicht aus....

 Citronella antwortete darauf am 05.07.25 um 11:52:
Fotos – pffft … Ich hab ein mehr als 40 Jahre altes Foto von mir mit Moped auf Paros – schnittiger geht’s gar nicht!  :silly: :woot: :P

 eiskimo schrieb daraufhin am 05.07.25 um 11:58:
Das wäre auch ohne Moped schnittig, garantiert!
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