Zweiklassenmedizin

Text

von  Saudade

Gestern las ich zufälligerweise, dass in Österreich (nicht abspringen, es ist in Deutschland nicht anders) die Krebstherapie eine Katastrophe ist. Oft müssen Patienten beim Anfangsverdacht 6-8 Wochen auf eine MRT oder ein CT warten. 


Ich liege im Privatspital im Einzelzimmer (Bevor die Neidgesellschaft kommt, das kostete auch fast 200 Euro im Monat an Versicherung, das muss verdient sein. Früher zahlten Frauen mehr als Männer, das kippte der VfGH). Mein MRT bekam ich noch am selben Tag, CT, wann der Arzt es anordnet, jederzeit. 

Ich kann schlafen gehen, wann ich will, mein Zimmer sieht aus wie im Hotel, nur habe ich nichts davon, ich bin bettlägrig. Die Ärzte kommen permanent, sogar vor ihrem Frühstück.


Sowas darf gar nicht sein. Einzelzimmer ja. Es gibt Menschen, die sind sozial nicht besonders geschult oder besonders krank, brauchen ihre Ruhe und der Rudelauflauf in den Besuchszeiten ist auch nicht angenehm. Aber, sonst dürfte es eine Zweiklassenmedizin gar nicht geben, das ist unmenschlich. 

Im Grunde ist es eine künstlich gestaltete Selektion: Du hast mehr bezahlt, du darfst länger am Leben bleiben. 


Anfangs dachte ich, ich nütze die Versicherung nicht aus, lege mich in die 2.Klasse und bekomme so Taggeld von der Versicherung und das nicht gerade wenig. So ging ich in die "normale" Ambulanz in einem hiesigen Krankenhaus ("dort sind die Besten"!). Ich saß fast übereinander, wartete vier Stunden. Mein MRT hätte ich in 12 Wochen bekommen (12!). Der Arzt erklärte mir in acht (acht!) Minuten den Verdacht. Dann war ich von der Tourtur entlassen. 

Nein. So machte ich mir einen Termin in der Privatklinik aus, wartete eine Woche darauf und wartete 30 (30!) Minuten. Der Arzt sprach mit mir eine Stunde (!) und vier Tage später war ich schon, nach MRT,  unter dem Messer. Es war dringlich. 

Eigentlich - Ohne Worte.


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Kommentare zu diesem Text


 Gabyi (10.09.25, 15:31)
Gerecht ist nur der Tod, den kriegt jeder.

 Saudade meinte dazu am 10.09.25 um 15:36:
Ja.

 Saira (10.09.25, 18:07)
Hallo Cori,

ich kann deinen Frust über das Thema „Zweiklassenmedizin“ total gut nachvollziehen, mich beschäftigt das auch schon seit Jahren. Es ist einfach schwer zu akzeptieren, dass Wartezeiten von 6 bis 8 Wochen auf ein MRT oder CT im öffentlichen System ganz normal sind, während privat Versicherte oft noch am selben Tag drankommen. Gerade wenn es um ernste Erkrankungen geht, kann jede Woche, manchmal sogar jeder Tag, entscheidend sein. Dass der Zugang zu schneller Diagnostik und Behandlung so sehr vom Versicherungsstatus abhängt, finde ich aus ethischer Sicht nicht vertretbar.

Ich verstehe auch, wie du mit dir gerungen hast, ob du die Vorteile der Privatversicherung überhaupt nutzen willst. Man möchte das System ja nicht „ausnutzen“ oder sich auf Kosten anderer einen Vorteil verschaffen. Aber die Unterschiede sind inzwischen so groß, dass es fast schon fahrlässig wäre, die Möglichkeiten nicht zu nutzen - vor allem, wenn es um die eigene Gesundheit geht.

Eigentlich könnten wir uns in Deutschland und Österreich ein Beispiel an Dänemark nehmen. Dort gibt es keine klassische Zweiklassenmedizin, sondern ein solidarisch finanziertes, staatliches Gesundheitssystem. Egal, wie viel jemand verdient oder wie er versichert ist, alle bekommen gleichberechtigt und schnell Zugang zu medizinischer Versorgung. 


LG
Saira

 Saudade antwortete darauf am 10.09.25 um 18:14:
Ja, ich habe wirklich überlegt, schlussendlich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es keine Lapalie ist und ich Hilfe brauche und zwar jetzt und dass ich seit 25 Jahren Versicherung bezahle und im Grunde mir die Behandlung bereits selbst bezahlt habe. 
Mich kotzt es dermaßen an, dass ärmere Menschen so lange warten müssen. Hinzu kommt der Ärztemangel in fast allen Staaten. Die Regierungen haben es verabsäumt, sich um bessere Konditionen und Arbeitsbedingungen für Kassenärzte zu kümmern. Ein Pfui-Teufel-Thema der Sonderklasse und ein Armutszeugnis für unsere Wohlstandsgesellschaft.

 Janna (10.09.25, 19:17)
ich wünsche dir eine schnell Genesung, falls das aktuell ist.

 Saudade schrieb daraufhin am 10.09.25 um 19:28:
Dankeschön!

 tueichler (10.09.25, 22:29)
Ich stamme aus einer Familie von lauter Medizinern (scheinbar bin ich etwas aus der Art …) und erfahre seit vielen Jahren, wie das Medizinsystem mit der Motivation zur Effizienz immer bürokratischer und damit unbezahlbarer wird, während gleichzeitig die Zeit der Ärzte zur Behandlung von Patienten immer mehr durch die Zeiten für Dokumentation konsumiert wird. Am Ende wird Qualität nicht gemessen am Erfolg der Behandlung des Patienten, sondern an der Vollständigkeit der Dokumentation.
Das bedeutet, selbst wenn ein Patient - Extremfall - hätte geheilt werden können bei rechtzeitiger Diagnose und dann verstirbt, weil er nicht rechtzeitig behandelt wurde, kann es als Erfolg verbucht werden, wenn die Dokumentation stimmt.
In der Wirtschaft flöge man damit raus, da man mit den falschen Kennzahlen arbeitet.
Wenn man das menschliche Problem hier mal unmenschlich rationalisieren  wollte …


ps.: Alles Gute, Corina!

Kommentar geändert am 10.09.2025 um 22:38 Uhr

 Saudade äußerte darauf am 10.09.25 um 22:40:
Punktgenau.
Danke!
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