Nach dem Frühstück erkundete Shakespeare das Haus und schräg gegenüber der Küche war die Bibliothek, wo sich zu seinem Erstaunen, ein Herr im modernen Anzug befand, er hatte das seltsame Ding, mit dem man reden konnte, hielt es ans Ohr und redete, und gestikulierte wild mit den Armen. Als er Shakespeare sah, lächelte er und deutete auf den Diwan. Shakespeare verstand und setzte sich. Nach einer Zeit hörte der Herr zu sprechen auf und begrüßte Shakespeare überschwänglich freundlich, setzte sich in den Ohrensessel gegenüber dem Diwan und sagte: "Sir, ich bin überaus beglückt! Endlich sind Sie hier!" Shakespeare fragte: "Mit wem habe ich das Vergnügen?"
"Ach, wie unhöflich von mir, verzeihen Sie, mein Kopf hat tausend Gedanken, da vergaß ich die Höflichkeit! Mein Name ist Leibniz, Gottfried Leibniz."
"Und Sie sind...?" fragte Shakespeare.
"Ich bin, genauso wie Sie, ein Opfer der modernen Technik, wenngleich ich es wunderbar, sogar herrlich finde!"
"Das müssen Sie mir erklären, Herr Leibniz" fragte Shakespeare.
"Nun, ich bin Jurist, Philosoph und Mathematiker, geboren 1646, so viel sind wir nicht auseinander." sagte der Philosoph.
"Und warum hat man Sie geholt?" Shakespeare sah ihn gespannt an.
"Wie dankbar ich bin, dass diese Herren es taten! Ich kann sehen...", er nahm sein Smartphone aus der Tasche und wachelte vor Shakespears Nase damit herum, steckte es wieder ein, "was aus MEINER Mathematik passiert ist, endlich eine Zeit, die mich versteht!"
Shakespeare verstand gar nichts.
"Das Rechnen mit 0 und 1..., aber lassen wir das, ich soll an einer neuen Technologie mithelfen, die nennt sich KI, künstliche Intelligenz. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie glücklich mich das macht!" Leibniz nahm einen Schluck aus dem Wasserglas neben ihm auf dem Beistelltisch.
"Ich verstehe gar nichts. Aber, das muss ich auch nicht. Es freut mich dennoch, dass ich jemanden zum Reden hier habe, der genauso wurmstichig ist wie ich es war... ah, bin."
Leibniz lachte. "Sir, ich werde gleich zur Arbeit abgeholt, aber bitte, sehen Sie sich um, Ihre Aufgabe ist schließlich eine ganz andere als die meine. Bitte lesen sie sich in die letzten Jahrhunderte ein, die Bibliothek ist ihr Arbeitsplatz und Sie werden sich an alles gewöhnen, schließlich gleicht nicht jedes Individuum dem anderen, ganz im Gegenteil, wir sind alle verschieden."
"Ja, Sie sind eindeutig Philosoph." Shakespeare lachte.
Als Leibniz gegangen war, ging Shakespeare die alten und neuen Bücher durch, seine Augen blieben bei der "Geschichte des 20.Jahrhunders" stehen, er nahm das voluminöse Buch heraus und setzte sich damit auf den Ohrensessel, begann zu lesen.
Er sah kurz auf und dachte: "Wen haben Sie wohl sonst noch geholt? Sind die Menschen in dieser Zeit verblödet, dass sie uns holen?" Er seufzte und vertiefte sich. Nicht ohne Unruhe, die sich bald bestätigen lassen sollte.