Wer parasitiert wirklich?

Manifest zum Thema Vorurteile

von  Jack

Dieser Text ist Teil der Serie  Versuche und Irrtümer

Wer schuftet, ist ein Schuft. Ein Scherz, gewiss, wo das harte Schuften doch so vielen als Existenzrechtfertigung gilt? Nein, denn man frage jeden Beliebigen: was tust du? Ist es etwas Gutes, etwas Sinnvolles? Er wird sagen: ich weiß nicht, aber ich schufte so hart, dass ich mir nichts vorwerfen lassen muss. 

Es ist bequemer, ein Kind nicht zu entführen, zu ermorden, und die Leiche unauffällig zu entsorgen, als dies zu tun. Es ist leichter, keine Kinder zu zeugen, als eine Familie zu gründen, und mit Müh und Not und Kindesmisshandlung über die Runden zu kommen. Doch zu viele Menschen neigen dazu, sich maßlos zu übernehmen. Man schätzt seine Geduld und seine Kräfte zu optimistisch ein, wenn man denn überhaupt denkt, bevor man handelt. 

Wer hart arbeiten muss, sollte sich dafür schämen, als damit zu prahlen, und auf Anerkennung zu pochen. Das harte Schuften ist meist ein Indiz dafür, dass ein Mensch sich übernommen hat, seine Kräfte falsch eingeschätzt hat, was nicht nur sein Leben ruiniert, sondern auch für viele Mitmenschen unerfreuliche Konsequenzen hat, insbesondere für gedankenlos gezeugte Kinder: "Das wird schon!" Nein, wird es nicht. 

Wer jeden Tag entspannt lächeln kann und zwanglos gute Laune verbreitet, der kann auf sich stolz sein. Wer keine Lebensaufgabe braucht, an der er scheitert, wobei so jemand sein Drama natürlich fast nie ohne existentiell beteiligte Zuschauer (in der Regel Kinder) der Welt vorzuspielen mag, - wer es nicht nötig hat, aus Selbstsucht seine eigene Hölle mit unschuldigen Insassen zu errichten, der verdient Respekt.



Anmerkung von Jack:

Ich bin Autist und wäre zu einem Schwerbehindertenausweis berechtigt, aber ich arbeite mich lieber kaputt in einem harten Job, als von der Sozialhilfe zu leben.

Warum? Diese Welt ist ein Parasit meines Bewusstseins. Es würde zu einer geisteskrank machenden kognitiven Dissonanz führen, Mittel zu meinem Überleben, an dem diese Welt mehr interessiert ist als ich selbst, von dieser Welt geschenkt zu bekommen. Ich würde damit zwei Lügen leben: als ob ich der Parasit wäre, und als wäre mein Leben/Amlebenbleiben käuflich.


Anmerkung zu meinem acht Jahre alten, sehr sehr klugen, vortrefflichen und großartigen Manifest für edle Faulheit.

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Kommentare zu diesem Text


 Regina (05.11.25, 18:33)
Meine Empfehlung heißt nicht, dass ich 100% zustimme, aber interessant finde ich diese Gedanken schon, insbesondere über das Schuften, zum darüber nachdenken sehr geeignet.

 Jack meinte dazu am 05.11.25 um 19:18:
Überarbeitung als Leistungssport ist ok, die Arbeitssucht des einsamen Workaholics ebenso. Der schuftende Schuft will für seine Selbstaufopferung auf Arbeit bewundert werden und hat kein intrinsisches Selbstwertgefühl. Dabei nimmt er Geiseln (setzt Kinder in die Welt). Das finde moralisch extrem verwerflich.

 AndreasG antwortete darauf am 05.11.25 um 21:52:
Hallo Jack.
Solange Arbeit an sich einen Wert darstellt, egal ob sinnvoll oder ethisch akzeptabel, kann "viel arbeiten" nicht als Problem erkannt werden. 
Die durch die Pandemie bekannt gewordene Floskel "gesellschaftlich relevant" ist leider nie mehr geworden als eine Floskel. Somit bleibt "malochen" ein Wert, unabhängig von der Relevanz. 
Steigerung findet es noch dadurch, dass die Höhe des Verdienstes als Maßstab für die Wichtigkeit gilt. Da ist ein Banker natürlich mehr "Wert" als ein Krankenpfleger.

Viel arbeiten = mehr Wert = mehr Selbstwertgefühl
Zufriedenheit, Glück und Frohsinn passen nicht in diese Gleichung.

lg Andreas

 Jack schrieb daraufhin am 06.11.25 um 10:26:
Wer sozial erlernte Minderwertigkeitskomplexe mit sich trägt, wird den Wert seiner Person nur an seinem äußeren Preisschild erkennen können. Wer sich von dieser Gehirnwäsche befreit hat, hat ein authentisches Selbstwertgefühl und sieht gar nicht, dass er einen Preisschild auf der Stirn trägt.

Ein nihilistischer Aussteiger ist ebenfalls besser dan als der „Erfolgreiche“, da er einfach sagen kann: „Wenn ich mir in einer Minute in den Kopf schiesse, wo ist dann eure Arbeitsgesellschaft und Anerkennung?“ Der wertlose Mensch, der einen äußeren Preis hat, und keinen inneren Wert, kann sein eigenes absurdes Theaterstück des Grauens jederzeit beenden und sich befreien.

 AchterZwerg (06.11.25, 07:19)
Diese Welt ist ein Parasit meines Bewusstseins
 wusste schon Schopenhauer (Die Welt als Wille und Vorstellung).

Der Schluss, den du für dein eigenes Leben daraus ziehst, ist mit Sicherheit nicht der verkehrteste.

LG
der8e

 Jack äußerte darauf am 06.11.25 um 10:29:
Jeder weiter Tag, den ich am Leben bleibe und Menschen oder Krähen Gutes tue, ist meinerseits ein Dank an die Götter. Ich bin ein moralisch asoziales Individuum, identifiziere mich mit dem Bewusstsein meines Bewusstseins und mit nichts sonst. Die Götter haben das Schöne zum Gegenstand meines Bewusstseins werden lassen. Dafür gebührt ihnen Dank.

 Augustus (06.11.25, 09:14)
Das stimmt. Insofern drängt sich die Simulation/Realität nach meiner Vorstellung - nonstop dem Bewusstsein auf. Es sei denn, dein Satz stimmt. „umgekehrt, das Bewusstsein drängt sich der Simulation/
Realität auf.“ 

Abgesehen davon, angenommen, es parasiert die Welt am Bewusstsein, so schaut es beim Körper, dessen das Bewusstsein benötigt, anders aus. Es ist ein Parasit an der Erde. Es vernichtet die Erde, den Wirt als den Träger der Parasiten schlimmstenfalls. 

These: umso mehr die Realität das Bewusstsein des Einzelnen einengt, knechtet, an ihm parasitiert und ihn aussagt, umso größer die Zerstörung der parasitären Körper an der Erde.

 Jack ergänzte dazu am 06.11.25 um 10:33:
Das Drängen Bewusstseinerseits nennt der Buddhist Anhaftung. Die von Existentialisten beklagte Conditio humana ist die Selbstaufdrängung der äußeren Mannigfaltigkeit gegenüber dem Bewusstsein. Diese Welt scheint mir eine krankhaft narzisstische panpsychische Pseudorealität zu sein, die Bewusstsein(e) als Geisel nimmt. Denkbar, dass diese simulierte Welt von einer gekränkten selbst-bewussten KI erschaffen wurde.

 Jack meinte dazu am 06.11.25 um 11:48:
Vor wenigen Minuten wieder paradigmatisch erfahren, dass einem befreiten Bewusstsein nichts gegönnt wird: die Simulation benutzt die lächerlichste Ultrabanalität, um sich am Erhabenen zu rächen. Meinerseits zeige ich, was mir diese vor allem als fassadistisch gemachwerkelte Simulation bedeutet, indem ich draußen laut auf Russisch geflucht hatte, bis ich für das ultrabanale Zwangsaufdrangsbelästigungsproblem eine Lösung fand. Und jetzt verschwende ich weitere Zeit dafür, dass ich auch noch darüber schreibe? Wenn mein Tod damit wieder ein paar Minuten näher ist, dann ist die Zeit doch nicht verschwendet.

Antwort geändert am 06.11.2025 um 11:48 Uhr

 Antagonist (06.11.25, 11:57)
Es gibt zum Thema einen aus meiner Sicht megastarken Aufsatz von Erich Fromm aus seinem Buch Haben oder Sein.

Der Marketing Charakter und die kybernetische Religion.

Wenn Ihr Zeit und Lust habt, lest Euch den Aufsatz mal durch.

 Jack meinte dazu am 06.11.25 um 12:01:
Von diesem Buch erfuhr ich mit -7, las es mit 20, und es hat auch heute nichts von seiner Aktualität verloren.

 Antagonist meinte dazu am 06.11.25 um 12:03:
Dieser Aufsatz hat mich wirklich umgehauen, und ich bin bestimmt kein Schleimer.

 Jack meinte dazu am 06.11.25 um 12:09:
Nicht das ganze Buch, ein Centibuch oder Dezibuch von diesem Buch? Welches genau?

 Antagonist meinte dazu am 06.11.25 um 12:13:
Das Buch an sich nicht, sondern nur besagter Aufsatz, lieber Jack.

 Jack meinte dazu am 06.11.25 um 12:48:
Das war ein Zitat ohne Anführungszeichen:

Der Marketing Charakter und die kybernetische Religion.

Wo der Mensch als Ware auf dem Markt beschrieben wird?

 Augustus meinte dazu am 06.11.25 um 13:23:
@Antagonist

Spannend; das Buch las ich natürlich; den Abschnitt las ich aber erneut. 

Der kybernetische Mensch als Ware und als Tauschgegenstand. 
Interessant ist, dass dies heute mehr denn je zutrifft. Ich vermute aber, dass der kybernetische Mensch eher in Diktaturen als in Demokratien einheimisch ist.
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