Mohamett

Text

von  Isensee

Ich will Mohamedkarikaturen, verdammt.
Ich will die Stifte wieder brennen hören.
Ich will Linien sehen, die zittern, weil sie lebendig sind,
nicht Städte, die zittern, weil irgendwer gesagt hat:
Ihr dürft jetzt alle Angst haben.


Ich hab die Schnauze voll von Betonpollern,
diesen grauen Platzhaltern für Mut,
diesen klobigen Absperrwürfeln,
die aussehen wie die Materialisierung der Selbstaufgabe.

Freiheit also, wenn sie müde wird.


Ein ganzes Land, das sich duckt,
als würde jemand permanent hinter der Ecke lauern
und „Buh" sagen.
Und die Politik so:
Keine Sorge, wir bauen euch noch mehr Klötze hin,
damit ihr merkt, wie sicher ihr seid.


Und Kunst soll sich auch bedanken dafür,
dass sie nicht erschossen, sondern nur stillgelegt wird.


Redaktionen löschen Themen,
Künstler brauchen Personenschutz,
Satire wird abgewogen wie gefährliches Reinigungsmittel.


Ich will wieder eine Gesellschaft,
die nicht bei jedem kritischen Strich
ihre eigene Courage googeln muss.


diese miefende, klebrige,
ewig moralische Angstsoße,
die sich in jede Pore der Öffentlichkeit frisst
und uns alle weich kocht,
bis niemand mehr wagt,
auch nur einen Strich zu setzen,
der nicht von allen gemocht wird.

Ich will keine Betonklötze.
Ich will Kunst, die scheppert.
Ich will, dass Freiheit wieder wie Freiheit klingt
und nicht wie ein Antrag beim Ordnungsamt.


Ich will Mohamedkarikaturen.
Ich will jede Karikatur.
Ich will alles, was man nicht „darf“.

Ich will alles, was sich duckt, auf den Boden werfen und laut lachen.







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