Weihnachten in Transsilvanien

Prosagedicht zum Thema Weihnachtsgeschichte

von  RainerMScholz

Die Glöckchen klingen hell über das schneedüstre Land,
erst eins, dann zwei - kling, kling - dann drei und vier,
der Schlitten bricht beladen zwischen dem Tann herfür:
Der Weihnachtsabend ist endlich gekommen.

Der Vater treibt an das Rentier zur Burg.
Hoch droben über den Wipfeln von Waldesruh
steht durchnächtigt mit Zinnen sie und schneebewehrt,
frostklirrend von Eiskristallen tosend umheert,
still und leer,
so scheint es, doch drinnen:
nimmermehr.
Dort geht das Leben einher in festlichem Kleid:
es ist soweit.

Der Rabe krächzt ein freudloses trauriges Lied,
und der Wolf schleicht um`s Feuer,
dass behaglich er dreht
sich dreimal im Kreis
und niederlässt endlich den befellten Rumpf,
den Kopf gebettet zum buschigen Schwanz
seufzend leis´.
Der Rabe nun spreizt seine glänzenden Schwingen
schwärzlich und schweigt.

Mutter und Sohn treten zaghaft heran
zu dem weihnachtlichen Baume; ein Funken
fällt auf des wonnigen Kleides Saume
von den Kerzen aus Menschenfett.
Nach dem Essen muss das Kind in`s Bett.
Sie nimmt ihren Sohn an dem zarten Arm
und führt ihn hin zu dem Feuer im Kamin,
wo die Scheite brennt so wohlig warm,
das Menschenhaar im Ofen knisternd versengt.
Die Blutplätzchen fressen die Ratten,
sie zählen hier zu den Satten;
eingeweidevoll summt der Herd;
der Rabe kräht in`s Geschmeide verkehrt;
der Wolf ist in Träumen am Jagen;
der Vater hat leise schon aufgetragen,
legt nieder sein Opfer rottriefend, noch roh;
der Sohn schmatzt heimlich und die Mutter ist froh.

Die Zähne gebleckt nun, die Krallen gewetzt;
die Schulter der Mutter, dem Sohne ein Arm,
der Rest ist für Vater, sein Durst ist enorm.
Sie trinken und fressen das heilige Mahl,
das Opfer wird stiller, die Tafel ist kahl.
So schauen sie traumhungrig in`s offene Feuer;
der Vater singt noch einmal die alte Leier
von der Stillen Weihnacht im Heiligen Land.
Er hatte gerade nichts and`res zur Hand.
Der Wolf kriegt die Knochen,
der Rabe das Hirn; hoch `droben am Himmel
steht der Einsame Stern.
Lautlos sinkt draußen der Schnee in den Wald.
Der Vater geht los und macht noch einen kalt.
Und Mutter und Sohn sitzen traurig und warten.
Doch bald gibt es wieder ein neues Weihnachten.






(c)  Rainer M. Scholz

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Kommentare zu diesem Text

The_black_Death (31)
(25.10.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 RainerMScholz meinte dazu am 26.10.08:
Danke.
Schönen Gruß
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