Helena

Prosagedicht

von  RainerMScholz

Mit der langen rauen Ochsenzunge lecke ich die Brustspitzen an, rosa und feucht, das Fleisch vibriert und zittert weich und viskos, lecke so lange, bis sie sich vom Gewebe trennen. Es blutet. Milch kam keine. In der Ferne verstummen die Schreie in einem imaginären Vakuum.

Vollmond am schwarzen sternenlosen Himmel. Ich bin alleine.

Milch kam keine.

Segel rauschen lautlos durch stille Gewässer. In der toten Fahrrinne nur Leichen. Brackwasser, schwarze Fahnen gegen einen onyxenen Horizont. Bräche die Sonne aus dem Osten, wir sähen alles, und erstarrten zu monolithischen Salzsäulen.

Ein Schritt vor, einer zurück, die Stufe hoch, dann herunter, immer geht es in den Keller. Zu den ewigen Schwefeltanks des Unabwendbaren.

Ich wollte, es wäre nicht so.

Streichelnd liebkose ich die graue Haut.

Milch kam keine.



© Rainer M. Scholz



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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (23.10.24, 08:58)
Hallo Rainer,
ich musste erst etwas überlegen, um den Text zu verstehen.
Nach meiner Lesart handelt es sich bei Helena um die schönste aller Musen, an derem Busen du dich laben wolltest. "Milch kam keine."

Vielleicht war die Zunge tatsächlich zu rau, das Vakuum zu groß ...
vielleicht aber schätzt sich dein Protagonist falsch ein. 8-)

Mir gefällt die Idee gut, selbst wenn es sich um einen eher menschengebundenen Liebesversuch handeln sollte.

Beste Grüße
der8e

Kommentar geändert am 23.10.2024 um 09:02 Uhr

 Quoth (23.10.24, 10:07)
Eingeflossen in diesen Traum von Helena ist wohl auch das riesige Aufgebot von Schiffen, mit dem die Griechen zu ihrer Rückeroberung nach Troja aufbrachen, die homerische Gewalt, die Griechen und Trojaner einander scheinbar ihretwegen antaten. Während in den Schluss christliche Höllevorstellung hineinspielt. Glaubwürdig und vieldeutig assoziierender Text!

Kommentar geändert am 23.10.2024 um 10:08 Uhr
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