Der Mistkäfer krabbelte mal wieder auf seinem liebsten Misthaufen herum. Er dachte an den Schmetterling. Der Mistkäfer fand den Schmetterling nämlich ziemlich toll! Er war bunt und konnte unglaublich schön flattern. Außerdem roch der Schmetterling so süß nach Blütenstaub. Der Mistkäfer nicht, er roch nach Mist. Langweilig schwarz war er und jeder, der ihn sah fand ihn nicht besonders schön.
Als er so in den Himmel schaute und dabei die nach Westen ziehenden Wolken betrachte, kam ihm eine wunderbare Idee: Ich werde dem Schmetterling einen Brief schreiben.
Natürlich ist das eine feine Idee, einen Brief zu schreiben. Für einen Mistkäfer jedoch etwas schwierig. Gerade dann, wenn man in einem Misthaufen wohnt. In einem Heuhaufen wäre es möglich wenigstens einmal eine Nadel zu finden. Aber in einem Misthaufen einen Stift? Oder Papier? Unmöglich.
Der Mistkäfer aber war nicht blöd, er wusste, dass sich neben seinem Misthaufen ein Haus befand. Dort wohnten Menschen. Wo Menschen wohnen, da war er sich ganz sicher, befindet sich auch irgendwo ein Stift und ein Stückchen Papier.
So kam es, dass der Mistkäfer auszog um sein Glück zu finden, um seinem allerliebsten Schmetterling einen Brief zu schreiben.
Irgendwann, es vergingen Tage, erreichte er endlich das Menschenhaus.
Er schlüpfte sehr mutig durch eine Ritze der Eingangtüre und schaute sich um nach Papier und Stift. Niemand hatte ihn dabei bemerkt, denn er war recht klein und dazu leise wie eine Feder. Und so kam es, dass er irgendwann tatsächlich an einem mächtigen Schreibtisch saß, mit Feder, Tintenfass und einem Block Papier.
Der Mistkäfer war ganz aufgeregt. Denn schließlich schreibt ein Insekt nicht jeden Tag wichtige Briefe an Schmetterlinge.
Er überlegte wie er anfangen sollte:
„Allerliebster Schmetterling?“
Ach nein.
„Du flatterndes Ding du!“
Quatsch
Der Mistkäfer seufzte.
Und kritzelte dann aufs Papier:
An den Schmetterling!
„Ich beobachte Sie sehr oft am Tag. Ich finde es toll, wie Sie durch die Lüfte schmettern. Sie glitzern so schön im Sonnenlicht. Dann stelle ich mir vor, wie Sie auf meinem Misthaufen landen und wir zusammen tanzen.“
Ach nee, der Mistkäfer zerknüllte das Papier und begann von Neuem:
„An den Schmetterling!
Sie haben so ein hübsches Kleid an, wo haben Sie das gekauft? Ich wünschte ich wäre auch so schön bunt wie Sie und könnte durch die Lüfte flattern.
Liebe Grüße vom
Mistkäfer“
Nun saß der Mistkäfer auf seinem liebsten Misthaufen und wartete auf Antwort. Er wartete sehr lange. Als er schon gar nicht mehr an eine Antwort glaubte und einmal wieder die Wolken betrachtete, die heute mal gen Osten zogen, flatterte ein Brief aus den Wolken, direkt auf seinen Misthaufen.
„An den Mistkäfer!
Schön, dass sie mein Kleid so toll finden, ich habe es von meiner Mutter geerbt. Einmal war ich eine Raupe und auch so schwarz wie sie. Das ist aber lange her. Fliegen konnte ich da auch noch nicht. Ich habe mich dann eingepuppt und irgendwann als mein Konkon platze, war ich schön. Vielleicht klappt das ja bei ihnen auch? Wenn Sie möchten komme ich die nächsten Tage einmal vorbei und zeige Ihnen wie das geht.
Liebe Grüße vom Schmetterling.“
Der Mistkäfer las den Brief bestimmt zwanzig mal. Er freute sich so über diese Antwort.
Und was tat der Mistkäfer in solcher Freude? Na, er schrieb sofort zurück.
„Lieber Schmetterling!“
Meinen Sie, ich könnte auch bunt werden und durch die Lüfte schweben. Das wäre toll. Ich möchte sie gerne auf meinen Misthaufen einladen, dann können wir ja alles Weitere besprechen. Wäre Mittwochnachmittag recht?
Ich hoffe Sie haben Zeit.
Sehr liebe Grüße vom Mistkäfer“
So kam es, dass sich der Schmetterling und der Mistkäfer eines Mittwochsnachmittages auf einem Misthaufen trafen.
„Angenehm, Mistkäfer!“
Der Schmetterling flatterte sanft mit dem rechten Flügel und der Mistkäfer war sehr aufgeregt.
„Angenehm, Schmetterling!“ Das Flatterding schaute den Mistkäfer naserümpfend an. Den Misthaufengeruch empfand der kleine Falter als sehr ekelerregend.
„Sie sind sehr schwarz und außerdem auch noch fett!“ stellte der Schmetterling fest.
„Ich weiß, aber ich mag sie gern im Wind flattern sehen!“ druckste der Mistkäfer herum.
„Ach, ja?“
„Ja!“
„Soll ich sie mal einpuppen? Ich habe genug Faden mitgebracht.“
Der Mistkäfer zuckte mit dem Kopf: „ Glauben sie, das funktioniert und ich kann dann mit Ihnen bunt durch den Wind flattern?“
„Ich weiß nicht, wir probieren es einfach aus, oder?“
Und so begann der Schmetterling den Mistkäfer einzupuppen.
Beide warteten ungeduldig, doch es passierte überhaupt nichts.
Irgendwann, als der Mistkäfer keine Lust mehr hatte, da in dem Konkon zu warten, krabbelte er aus dem Konkon heraus und schrieb abermals einen Brief an den Schmetterling:
„Allerliebster Schmetterling,
ich bin schwarz und dick und krieche immerzu über meinen Misthaufen, haben sie trotzdem Lust einmal mit mir tanzen zu gehen?“
Viele Tage vergingen. Aber dann kam ein Brief vom Schmetterling angeflattert:
„Allerliebster Mistkäfer!
Ich möchte gerne einmal mit Ihnen tanzen gehen, vielleicht am kommenden Mittwochnachmittag? Wenn sie Zeit haben? Aber bitte nicht so nah an ihrem Misthaufen.
Viele Grüße vom Schmetterling.
Am folgenden Mittwochnachmittag waren alle beide sehr aufgeregt. Der Mistkäfer schmierte Pomade auf seinen Panzer und er schimmerte in allen Farben, der Schmetterling verbrachte tagelang damit seine Beine zu rasieren.
Sie schreiben sich immer noch Briefe. Wenn der eine mal im Himmel flattert und der andere auf dem Misthaufen verweilt.
Der letzte Brief, den ich zu lesen bekam lautete wie folgt:
„Lieber Mistkäfer,
Ich habe bemerkt, dass Sie gar nicht schwarz sind. Wenn Sie unter der Sonne stehen, glänzen sie in wunderschönen Farben. Bleiben Sie bitte so, wie sie sind.
Ihr Schmetterling“