blau.

Tagebuch

von  Elén

--


...aus dem Handgelenk schrieb mich einer
und erinnert ans Morgen –
blau...
[/i]


Ich liege am Boden, kalter Schweiß auf meiner Stirn, es atmet mich Dunkelheit. Wenn die Träume einem zu nahe treten-

Immer wieder ist es der Mantel, blau, über meinen Schultern liegt er und mein Schlaf reißt sich dran auf. Der Wind ist die Zeit. Drei Knöpfe aus Horn, der rechte Ärmel mit Borte gesäumt. Es ist kein Mond, nur der gesichtlose Fremde schwankt zu jeder Stunde dreimal im Fenster; aus den Gardinen starrt sein geweitetes Auge und lacht. Wohin wollen wir gehen?

Manchmal. Sagst du.
Ja, manchmal. Sage ich-

…manchmal hängen die Tage so leer und redlos, so unbeschrieben, verdünnt im Geäst, dass es beinahe ans Unerträgliche stößt. Dann schreibe ich. Schreibe um mein Leben, als würde ein Gott mich nach den Anschlägen richten.

Man schreibt über Sterne.
Ja, sagst du. Wo man sonst nichts zu schreiben weiß.
Nein, sage ich. Wo die Lüge anfängt, dort fangen auch die Sterne an.
So oder so. Das ist wahr.

Ich greife in die Erde und reiße den Acker auf, ich gehe über Wiesen und scheitle das Gras, ich sehe in Pfützen, ziehe Lichtfäden aus den Wolken: da hast du den Grund und kannst ihn nicht sagen. Dann der Schnee, immer wieder der Schnee, ich trage an der Eiszeit; ich klage nicht, kann es niemandem erzählen und, es splittern tausend Jahre Schnee aus meinem Kragen.

Sterne.
Einmal noch lass mich versuchen, bitte ich dich-

…ich flechte mich zwischen Zeilen, schreibe mich wund und schraffiere die Welt. Sag mir, denke ich, sag mir, ob es Sinn macht, wo ich doch so nichts sagend Kleines nur hervorbringen kann an deinem Gedächtnis.

Wer nach Russland geht.
Ich kann nicht.

Asphalt, der unter meinen Lippen aufreißt und schwarz genadelt den Abgrund mir zeichnet. Der Mond bleich wie ein Tod und still wie das Sterben, aus allen Richtungen kommt er, dieser Mehlmond und ich beschreibe die Sterne. Das ist -. Es bringt mich um den Verstand. Ich muss den Mantel -, er bringt mich noch um. Ich bahre mich auf zeitlose Blicke, greife durch meine Augen. Ich sehe mich an: Sie.

Sie.
Ist mir fremd.

Zu viele Metaphern, aber wo hätte ich das richtige Wort. Ich lege den morgigen Traum ins Regal. In meinem Gesicht steht der Greis, liniert noch einmal die Zeit und ich finde das Wort nicht! Nichts. Kalt ist es und, weil ich gesehen habe und nicht mehr vergesse. Dieses Blau. Du gehst über mich hinweg, nur der Senkel deiner Schuhe, dick wie zwei Seile, schlägt mir noch einmal hart ins Gesicht, - dass es sich einprägt. Glaub mir, das tat es, du hast nur vergessen deinen Namen zu nennen. Dann bist du fort und nur noch der Wind rauscht im Ohr und Gestöber.

Eine mythische Reise?
Nein.

Unter meinen Lippen reißt Asphalt auf. Mein Haar. Tropft aus der Stirn. Ich sehe sie an, weiche zurück, breche mich auf und trete ins Licht. Nichts ist vergessen, es zieht der Mantel landaus: ein wenig Schnee an den Schläfen, kalt ist es, und fiebernd geht mein Atem durchs Herz.

Geh schlafen. Ruh dich aus.
Ich kann nicht.


Satzgefüge.
Buchstaben die rechtslastig ins Papier hängen.
Man müsste schweigen.

Manchmal. Sagst du.
Ja, manchmal. Sage ich-

Schreiben: gestern habe ich ein Land verkauft.


Sie. So blau.
Wir können nicht.

Es atmet mich Dunkelheit. Ich muss den Mantel -, ich kann die Sterne nicht mehr zählen, so wund ist mein Geist am ewigen Scheitern. Das Wort, ich bitte dich. Kalt ist es und schon spüre ich, es kommt wieder Wind auf und mir blaut.



--


Anmerkung von Elén:

auch aus d. Archiv :)

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Kommentare zu diesem Text


 claire.delalune (14.12.07)
grandios geschrieben!
diese formulierungen, wortwendungen, satzgefüge... unglaublich faszinierend ist das zu lesen.

lg,
kathrin

 Ingmar meinte dazu am 10.01.08:
"unglaublich faszinierend ist das zu lesen"

einfach nur: ja!

lg,
ingmar
LudwigJanssen (54) antwortete darauf am 30.01.08:
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Wechsel-Haft (24)
(14.12.07)
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shadowhunter (28)
(14.12.07)
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rainer-dieter (31)
(15.12.07)
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LyraBerethil (21)
(27.12.07)
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