Fallen

Kurzprosa

von  beneelim

Und du wirst niemals in meinem Haus bleiben, in meinem Herzen, du lässt mich die Wolken zählen und an den Tag denken, als mich Mutter im Krankenhaus nicht besuchen wollte. Wir sind das Desaster, Arsch an Arsch, Auge um Auge. Wir quälen die Witterung, damit wir einander besser sehen können, wir schlafen, brennen, Bauch an Bauch, wir erhängen uns an unseren Nabelschnüren.
Das letzte, was uns zu teilen bleibt, ist die Luft in den Räumen, der Atem, die Erwartung. Aber doch unsterblich wuchern wir an den Wänden hoch, mit Buttermilchknochen und wunden Fingern, schillernder Efeu. Verschlinger. Umschlinger. Wir suchen voller Dankbarkeit jeden Moment der Erniedrigung und im Herrgottswinkel, wie zu Kinderzeit, knien wir verdunkelt auf Holzscheiten und weinen, weil es Liebe ist. Die Striemen, unter und über der Haut, herztief, hirnfern, auf Rücken und Brust geküsst, und kein Meer so breit wie die gestreckten Arme, die sich nicht schließen wollen zum Trost oder zur Verweigerung. In der Mittagshitze, die brennt, die tauft, die leuchtet, die ihren Schritt auf meiner Stirn versenkt. Im Abendrot, fallend, schweigend. Und schließlich die Nacht. Sie hat uns niemals erlaubt, ein Bett zu teilen, und ich schleiche aus dem Zimmer, mütterlich, an die Schneide einer geläuterten Furcht gelehnt, ich finde den Flur und du hast vergessen, welchen Geruch ich für uns trage, als der Fahrstuhl mich in die Welt bringt, die immer die Falsche ist.

Zu viele schönste Wiedersehen. Osterspaziergänge, ins Ohr geflüsterte Träume, die mit den Tagen hinter die Horizonte gezogen werden, spurlos den Orten zufallen, die lichtlos bleiben. Wir wissen, wie der Schmerz funktioniert, wir erzählen uns alles, was schmutzig machen kann, wir wälzen uns durch die knarrenden Wälder, suchen deine Unterkunft, du deutest auf die Schwelle, verschließt die Tür. Ich muss gehen. Mit den Fischen, mit Mutter, krebszerfressen, gottlos, mit zerfetzten Hauskatzen, die dem Jäger noch dankbar in den Lauf geblinzelt haben, mit meinem Ekel. Grün, bleich, freundschaftlich.

Und morgen: der Tag der Pflichten, der hinter der Begegnung aufgeht; verliere ich die Balance, verliere ich Arsch, Schwanz, Zuversicht; hole ich den nächsten, den übernächsten, den letzten. Kaufe ich Milch, Brot und Vertrauen, dass das Leben viel mehr ist. Mehr sein kann.
Weiter. Fallen.


Anmerkung von beneelim:

When I was a child.
I played.
I fought.

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