Bandwurmwörter

Erörterung zum Thema Worte

von  loslosch

Proicit ampullas et sesquipedalia verba (Horaz, 65 v. Chr. bis 8 v. Chr.; Ars poetica). Mit dickbäuchigen Flaschen [Schwulst] und Bandwurmwörtern wirft er um sich.

Was hier der Römer in zwei Wörter (sesquipedalia verba) fasst, wird in der deutschen Sprache optisch treffend in einem einzigen gespiegelt: 14 Buchstaben für ein Wort. Noch nicht einmal rekordverdächtig lang, wie dieses berüchtigte aus den 1930er Jahren:

"Mitteldonaudampfschifffahrtsaktiengesellschaftsostersonntagsnachmittagsausflugswaldmeisterbowle".

Wie harmlos dagegen der moderne Schleppzug

"Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänsuniformknopf".

Über Sinn und Unsinn ellenlanger Wörter (sog. Silbenschleppzüge, Wortdreimaster) ist im Schrifttum bereits alles Wichtige gesagt. Das kann hier ausgespart bleiben. Das lateinische "sesquipedalia verba" (semis = Hälfte, kontrahiert zu "ses"; sesquipedalis = anderthalb Fuß) bedeutet "anderthalbfüßige Wörter". 50% länger als ein normales Wort, wie fern von deutschen Verhältnissen. Die Tendenz, überlange Wörter zu bilden, ist sehr charakteristisch für unsere Muttersprache. Keine andere verleitet so zum Andocken von Wörtern - mit Ausnahme des Altgriechischen, das den Adhäsionskräften ebenfalls freien Lauf ließ.

Die Folge davon ist, dass der Duden als Wortschatz der deutschen Sprache gar nicht alle plausiblen Wortzusammensetzungen erfassen kann. Gut so. Warum soll er die Zusammensetzungslust und -wut auch noch promoten? Zum Glück schlägt sich diese in der Sprache angelegte Tendenz im gesprochenen Wort kaum nieder. Es würde die Verständigung erschweren.

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Kommentare zu diesem Text


 Rudolf (05.06.10)
Mein aktueller Favorit ist die Rhabarberbarbarabarbarbarenbartbarbierbierbarbärbel, siehe  YouTube.
(Kommentar korrigiert am 05.06.2010)

 loslosch meinte dazu am 05.06.10:
bababa ... da hat sich ein ba zuviel reingeschoben. Der Zungenbrecher kommt ohne das Fugen-s aus. Erstaunlich. Die Briten kennen: two two to Toulouse. Zweimal hin und zurück. Der französische Schaffner blafft zurück: tätätätärä. Lothar

 loslosch antwortete darauf am 05.06.10:
Hehe, ich hab grade 2 Minuten verschwendet und es mir "angetan". Gut gemacht von der Barbara....bärbel. :) Mensch, da kommen sie jetzt alle und lauschen bei mir - dank einer Idee von Rudolf. Lo
KoKa2110 (42)
(05.06.10)
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 loslosch schrieb daraufhin am 05.06.10:
Sowas weiß kein Pfleger, sondern nur der Herr Doktor. Und der sollte wissen: Hippopotamos, Flusspferd (hippos, potamos = Pferd, Fluss). Mesopotamien, das Land zwischen den Flüssen. (Der Graekist in mir leidet an Gräkomanie.) Im Internet meist falsch geschrieben. Aber ironisch gemeint. Obs eine echte Phobie vor langen Wörtern gibt? Eher nein. Die Sprechpausen sind ja jedem freigestellt. Danke fürs fleißige Googlen.
KoKa2110 (42) äußerte darauf am 05.06.10:
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 loslosch ergänzte dazu am 05.06.10:
Hatte ich bereits. Einmal stand korrekt "Hippopotamon..." Das eine o als a!! So, ich hatte 6 Jahre Grrrrrrrrrrr. Das nennt man bei uns gr. Graecum. Ha! Lo

PS: Weigel (Finanzmin) hatte bei einer Pressekonferenz mit Tietmeyer (Bundesbankpräs) ein Wortgefecht zugespitzt: Ich habe das große Latinum. - Tietmeyer: Und ich das gr Graecum dazu. Passiert Anfang der 1990er Jahre.
KoKa2110 (42) meinte dazu am 05.06.10:
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 loslosch meinte dazu am 05.06.10:
Fällt mir noch ein: Agoraphobie (Angst, leere Plätze zu überqueren). Und die Arithmomanie. Man schätzt und zählt seine Schritte bis zum nächsten Objekt. Wehe, ein alter Bekannter kommt in die Quere. Oder: x-mal am Tag Kassensturz machen. Lo, der Ökonom
Graeculus (69)
(27.09.14)
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 loslosch meinte dazu am 27.09.14:
ich werde bergmann fragen, der in 1 woche aus qingdao zurück ist.
Graeculus (69) meinte dazu am 27.09.14:
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