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Geschichte zum Thema Trauer/Traurigkeit

von  Lala

Als Karlotta mit viereinhalb anfing, mich wahrzunehmen, Interesse an mir zu zeigen, stellte sie mich in den Mittelpunkt ihres Zimmers, ihres Reichs. So hatte ich Gelegenheit, sie beim Spielen unbeobachtet beobachten zu dürfen und durfte erleben, wie sie sich in kürzester Zeit in eine Welt zu spielen vermochte, die so nah der unseren aber doch so anders zu sein schien. Wenn sie in ihrer Spielwelt selbstversunken aufging und mich wie bei Alice im Wonderland mitnahm, war ich mit Sicherheit der glücklichste Playmobilmann der Welt. Welcher Vater bekommt eine solche Chance?
Sicher hätte ich vor meiner Verwandlung in einen Zirndorfer keinen Spaß daran gehabt, mit Senf beschmiert, skalpiert oder in die Wanne gelegt zu werden und in eiskaltem oder mit heißem Wasser versenkt und versengt zu werden. Solche Disziplinierungen musste ich erdulden, wenn Karlotta entschieden hatte, dass ich böse gewesen sei.
Aber das waren immer nur relativ kurze Phasen der Aggressivität bei ihr. Meistens ging sie behutsam mit mir um. Nicht selten polsterte sie meinen Plastiktorso mit anderen Stofftieren, Kissen oder Decken, um ein bisschen mit mir schmusen zu können oder wenigstens ihren Kopf auf meine Brust betten zu können. In dieser Hinsicht beneidete ich ihren weichen Teddy. Aber, wenn ich mittels meiner Ärmchen interagierte, Dinge machen konnte, die sonst keine Puppe vermochte, war ich wieder ganz oben auf ihrer Rangliste und ihr Teddy war wieder nur das, was er auch war: ein Steif-Tier. Und ich sorgte dafür, dass Karlotta ihre Freundinnen beeindrucken konnte. Wenn ich auf Karlottas Befehl vor ihren allerbesten Freundinnen Claudia, Lucy, Amelia oder wie auch immer sie gerade hießen, begann, mit meinen Armen zu rudern, als sei ich eine Windmühle, fiel denen wahlweise das Kinn herunter, ihre Augen traten aus den Höhlen oder sie liefen sofort schreiend aus Karlottas Zimmer – beides zu meinem und auch Karlottas größtem Vergnügen.

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