Wir sind pleite

Persiflage zum Thema Krisen

von  loslosch

Δυστυχώς επτωχεύσαμεν (Charilaos Trikoupis, 1832 bis 1896). Bedauerlicherweise sind wir bankrott. (In Lautschrift: Dystychoos eptochéusamen.) Worte des mehrfachen griechischen Ministerpräsidenten, gesprochen vor dem Athener Parlament am 22.6.1892.

Der wackere Mann hatte sich an den gestiegenen Kosten für die geplanten ersten Olympischen Spiele der Neuzeit verhoben. Dass es letztlich doch zur planmäßigen Austragung der Olympiade 1896 in Athen kommen sollte, war privaten in- und ausländischen Spenden zu verdanken. Ein anderes Thema.

Längst gesichertes altes Wissen um die griechische Seele und ihre Befindlichkeit war es dann, als am 1.1.2001 mit zweijähriger Verzögerung Griechenland der Euro-Zone beitrat. Wie sich - angeblich erst viele Jahre später - herausstellen sollte, hatten die erfinderischen Griechen durch betrügerische Finanzmanipulation ihre staatlichen Schulden schön gerechnet und auf diese Weise den Beitritt zum Euro erschlichen. Derzeit spielt sich in Euroland ein Drama ab, das vor 119 Jahren, wenn auch mit anderer Akzentuierung, Premiere hatte. Damals wurde Griechenland durch Spenden ausgewanderter reicher Griechen, Umschuldung und Drachmen-Abwertung saniert. Heute stemmen weit überwiegend die anderen Euro-Mitgliedsstaaten diese Zwergenlast von mehr als 360 Mrd. € Staatsdefizit, darunter Wackelkandidaten wie Italien, Spanien, Portugal und Irland, angeführt vom Musterland Deutschland, das mit 80% öffentliche Gesamtverschuldung (aufgelaufenes gesamtstaatliches Defizit, bezogen auf das aktuelle Bruttoinlandsprodukt) das Maastricht-Konvergenzkriterum von 60% bereits um 33% verfehlt hat.

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Um das Urheberrecht streiten sich Wilhelm Busch, Bert Brecht und Werner Kroll.


Anmerkung von loslosch:

Wenn es Deutschland in 2012 gelingen sollte, bei einem voraussichtlichen Wachstum von 1,3% die Neuverschuldung des Bundes auf knapp 20 Mrd. € zu begrenzen (Schäuble-Rechenwerk), wäre für die dringlich notwendige Absenkung der öffentlichen Gesamtverschuldung noch nichts gewonnen:

60% von 33 Mrd. € (geschätzte BIP-Veränderung 2012) ergäbe knapp 20 Mrd. €. Das wäre eine mit Maastricht gerade noch vereinbare staatliche Gesamtschuldenquote von 60%. Möglicherweise sinkt dennoch die öffentliche Schuldenlast rechnerisch von 80,0% auf 79,80% (Niveau-Effekt). Und das auf Basis eines optimistischen Hypothesenkonstrukts. Nimmt man die defizitäre Entwicklung der Etats von Ländern, Kommunen und Parafisci hinzu, verschlechtert sich das Gesamtbild nachhaltig.

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Kommentare zu diesem Text

magenta (65)
(09.12.11)
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 loslosch meinte dazu am 09.12.11:
das denken in wirtschaftsblöcken kommt hinzu! ursächlich war die deutsche einheit. die euro-absprache datiert aus 1992 (wenn nicht früher im engsten deutsch-französischen kreise. bestes kohl-deutsch: ich weiß nicht, was mitterand denkt, aber ich denke dasselbe).

die merkel ist naturwissenschaftlerin und ausgebufft. die lässt sich lange genug von spd, grünen und sogar pds vorjammern, euro-bonds seien das schönste. altkanzler schmidt bemüht den deutschen größenwahn.

auf das kunststück bin ich gespannt, eine dauerhafte politik des leichten geldes mit super-niedrigen zinsen und niedriger inflationsrate hinzukriegen. )) lothar

 loslosch antwortete darauf am 09.12.11:
ergänzung zur anmerkung oben: die deutsche bundesbank revidiert in ihrer neuen prognose das wachstum 2012 nach unten, auf 0,6%. somit wird die staatliche gesamtverschuldung über die 80% von 2011 deutlich hinausgehen.

 Lala (09.12.11)
Hallo loslosch,

ich glaube nicht, dass der Haushalt Griechenlands das ursächliche Problem darstellt. Wir, die EU, sind alles andere als pleite. Aber andere sind es sehr wohl und nur noch Zombies - und dabei denke ich nicht an andere Staaten.

Greift zu kurz.

Gruß

Lala

 loslosch schrieb daraufhin am 09.12.11:
... nicht an andere staaten ...

sondern individuen? lo

 Lala äußerte darauf am 09.12.11:
Nö. - Auch nicht: so in etwa.
(Antwort korrigiert am 09.12.2011)

 loslosch ergänzte dazu am 09.12.11:
was bleibt dann noch? erst dachte ich: alle, die hier NICHT kommentieren, sind zombies.
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