Satzkette, oder: Gefangenen schenkt man keine Kette

Bild zum Thema Andere Welten

von  Fuchsiberlin

Die Wortkette, die du ihm schenkst, fängt mit einem Großbuchstaben an, und endet mit einem Punkt. Doch sein Halsumfang sprengt diese Kette. Er flüstert. So kannst du nicht hören, welche Reaktion dieses Geschenk in ihm auslöst. Es ist eh nur ein Monolog. Anfangs verweigert er seinen Stimmbändern ein Zuviel an Worten. Auf seiner Zunge sterben Töne.

Irgendwann zerren Muskeln die Lippen weit auseinander. Aus dem Mund fallen Worte. Ein Halbsatz liegt zertrümmert am Boden. Die zweite Hälfte flieht aus dem Zimmer. Die Tür ist offen. Offen für Worte, denen etwas fehlt. Er wirft ein Ausrufezeichen an die Wand. Es blutet. Irre, ein Satzzeichen welches aus zerstörten Arterien blutet. Deine Reaktion ist ein polterndes Fragezeichen.

Aus seinem Kopf schleudert er via Stimmbänderautobahn viele Worte aus seinem noch immer weit geöffnetem Mund hinaus. Er verzichtet auf ein Design der Sprache. Buchstaben schmücken keine Fenster. Blumen gieren auch nicht nach ausgesprochenen Gedanken Stattdessen zerspringt das Fensterglas. Du verstehst den Sinn nicht. In ihrer Verwirrtheit kannst du die Buchstabenwürfe kaum greifen, geschweige denn auffangen. Manch ein Satz bleibt vor deiner Kopfampel stehen. Ein anderer fährt in die Sackgasse deiner Emotionen.

Er steuert kein Wort. Fahrerlos aber nicht orientierungslos suchen die Worte ihre Wege. Schließlich presst er seine Lippen zusammen. Schweigen. Stilles Nachdenken. Du versuchst seine Gedankenwelt zu erfassen. Einer Welt, in der sich ein Chaos an Gedanken versucht zu vereinigen.  In der Küche der Emotionen versucht sein Ich einen Kuchen daraus zu formen. Die Hände zittern. Fehlversuch. Währenddessen wartet neben dem Backofen der Fleischwolf auf das Futter der eigenen Zerstörung.

Er fühlt sich verirrt, verwirrt, traurig, schmerzgefangen, frühlingszweifelnd, niedergedrückt, horizontblind, himmelsverwischt, sonnenveralbert, türgetreten, ampelzerstörend, bodenverschmutzt, angstbetrunken, in und durch die Bilder, die er sah. Bilder, die eine erlebte Welt darstellen, die du dir kaum vorstellen kannst. Abseits dieser Welt und doch mitten in dieser existiert genau diese Welt. Eine, in der das Grauen herrscht, und Menschen seelisch lebensgefährlich verwundet und/oder zerstört. Doch zum Glück leisten viele (Erste-) Hilfe. Manchmal jedoch kommen sie zu spät, leider.

Der Versuch einer Erklärung. Für unausgesprochene und vielleicht sinnlos erscheinende Sätze. Auf der Kette, die ihm jemand schenkte, stand der folgende Satz: Ich bin dir immer näher als nah.

Zwischen Nähe und Distanz.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Pavian.und.Baeume (53)
(13.02.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Fuchsiberlin meinte dazu am 13.02.14:
Gegen ein Recyclen habe ich nichts einzuwenden.

Ich danke Dir.

LG
Jörg
chichi† (80)
(13.02.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Fuchsiberlin antwortete darauf am 13.02.14:
Ja, Gerda, mit diesem Text serviere ich wahrlich kein schmackhaftes Fünf-Gänge-Menue. Bezüglich der schwerverdaulichen Kost stimme ich Dir zu. Das Leben in dieser Welt besteht unter anderem leider auch aus einem Fastfood-Fressen. Dies hat zur Folge, dass viele Menschen nicht nur auf der Strecke bleiben, sondern manchmal auf Grund ihrer Wehrlosigkeit wie ein Konsumprodukt und dann als Abfall behandelt werden.

Ich danke Dir.

LG
Jörg
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram