Hänsel und Gretel

Sonett zum Thema Wege

von  Irma

Wir waren noch Kinder. Ein Zauber verband
uns eng miteinander. Ein Märchen, wie wahr!
Wir gingen zusammen durch jede Gefahr   
und hielten das Glück scheinbar fest in der Hand.

Die Spur leuchtet hinter uns mondhell im Wald,
doch finden wir nicht mehr nach Hause zurück.
Wir hungern, sind hungrig nach noch einem Stück
vom Leben und geben nicht auf. - Es wird kalt.

An Händen gefasst laufen wir nur noch neben-
einander die Wege im Dunkeln und leben
wie Hänsel und Gretel. Schon bleiben wir kleben

am honigsüß-lockenden Lebkuchenhaus
und naschen ein bisschen. Die Hexe kommt raus.
Wir fragen uns:

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Kommentare zu diesem Text


 Lluviagata (11.09.14)
Liebe Irma,
ein tolles Thema; der Wechsel von der Vergangenheit in die Gegenwart jedoch macht mir ein wenig zu schaffen.

Ansonsten ...[Die Spur hinter uns leuchtet modhell im Wald ...] klänge mir musikalischer.

Nachdem ich so viel gemeckert habe, möchte ich dein Sonett jedoch insgesamt ganz dolle loben! Mit gefällt der durchgängig schwingende Rhythmus, dessen Fachbegriff ich mir nie merken kann; aber ich denke, du weißt schon, was ich meine. ;)

Liebe Grüße
Llu ♥

 Irma meinte dazu am 11.09.14:
Danke schön, liebe Llu. Das erste Quartett steht in der Vergangenheit und berichtet über den zurückgelegten Wegteil. Das zweite Quartett beschreibt die Gegenwart, das was noch vor uns liegt. Ist dieser Wechsel tatsächich problematisch? Zu deinem anderen Vorschlag: In diesem Fall fiele die Betonung auf das "uns", ich wollte aber unbedingt das "hinter" herauskehren: Alles was einmal war, liegt weit zurück. Das Glück liegt nicht mehr vor, sondern rückschauend hinter uns auf dem Weg. Gerade mit diesem "hinter" wird auch nochmal der Wechsel in der Erzählzeit gestützt.

Ich werde nochmal drüber nachdenken. Freue mich jedenfalls sehr, dass dir das Sonett insgesamt so gut gefällt und bedanke mich ganz herzlich für deine Gedanken dazu. LG Irma

 AZU20 (11.09.14)
Hoffentlich gut. LG

 Irma antwortete darauf am 12.09.14:
Das hoffe ich auch, Armin! LG und Dank, Irma

 monalisa (11.09.14)
Gleich vorweg, Irma, es geht gut aus. Märchen gehen immer gut aus :)
Auch dein Sonett geht gut aus, sehr gut, indem es mit einer Frage nicht schließt sondern öffnet!
Mir hat der Zeitwechsel überhaupt keine Probleme bereitet und auch die Stellung von 'hinter' ist für mich gut nachvollziehbar.
Sehr gelungen finde ich die Trennung von neben-einander und die Verteilung auf zwei Verse, das ist formal sehr schön in Szene gesetzt.
Ich bin ein bisschen über den Vers
Noch hungrig sind wir, hungrig nach einem Stück
Dabei ist es nicht der Hebungsprall (... sind wir | hungrig ...) Das würde für mich schon passen, um das 'hungrig' besonders herauszustreichen. Es ist dieser Beginn, 'noch hungrig sind wir', den ich als verdreht empfinde, zusammen mit dem Hebungsprall und der fehlenden Silbe bei 'einem' ist es mir ein bisschen zuviel des Guten, denke ich.
Was hieltest du etwa davon:
Wir hungern, sind hungrig nach noch einem Stück
???
Das 'honigsüß-lockende Lebkuchenhaus' gibt der Fantasie allerlei Nahrung! So mag ich das.

Liebe Grüße,
mona

 Irma schrieb daraufhin am 12.09.14:
Ach liebe Mona, vielen lieben Dank für deinen zauberhaften Kommentar. Deinen Vorschlag werde ich sofort umsetzen. Ich hatte die Zeile für mich anders gelesen mit der Betonung auf "nach". Das wäre zwar metrisch durchgängig, klingt aber irgendwie unnatürlich, da muss ich dir Recht geben. Deine Version mit dem "nach noch einen Stück" gefällt mir aber auch vom Sinn her sehr gut, weil ja bereits ein gutes Stück gemeinsam verspeist wurde. Ganz liebe Grüße, Irma

 EkkehartMittelberg (11.09.14)
Irma, ein gelungenes Sonett über ein Märchen habe ich noch nicht gelesen. Allein schon deshalb Chapeau.
Mich stört nur die Schlussfrage (IV,3). Sie wirkt auf mich, als wäre sie dem Reim geschuldet.
Warum nicht die Erwartungshaltung enttäuschen, einen bewussten Stilbruch riskieren und das Sonett so enden lassen?

"am honigsüß-lockenden Lebkuchenhaus
und naschen ein bisschen. Die Hexe kommt raus."


Dann stellt man sich die Frage nach dem Ende ohnehin.

Liebe Grüße
Ekki

 monalisa äußerte darauf am 12.09.14:
Siehst du Ekki, so sind die Leut' halt verschieden. Ich mag gerade diese Frage am Schluss, weil sie noch einmal extra dazu einlädt, den Faden für sich selbst weiterzuspinnen und aus der Märchenebene herausführt in die je eigene Realität. Ich für meinen Teil möchte auch nicht der Hexe das gewichtige Schlusswort lassen.
Liebe Grüße,
mona

 Irma ergänzte dazu am 12.09.14:
Hallo ihr beiden, zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich bei euch für eure Vorschläge bedanken. Ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut, denn soviel echte Textarbeit findet man ja bei KV eher selten!

Lieber Ekki, die  Schneekönigin habe ich übrigens auch schon einmal ins Sonettkleid gesteckt. Vielleicht gefällt dir diese ja auch?

Dein Vorschlag zum letzen Vers hat durchaus etwas für sich, Ekki. Ich habe mich aus bestimmten Gründen bewusst für die ungewöhnliche Reimfolge eee fff in den Terzetten entschieden. Da die Reime aber eher einfach sind, klingt das vielleicht etwas ermüdend oder - wie du sagst - reimgeschuldet. Ein offeneres Ende durch Weglassen der letzten Zeile wäre durchaus möglich. Ich verstehe aber auch Mona, die der Hexe nicht das letzte Wort lassen will.

Nun habe ich mich für eine dritte Variante entschieden und bin sehr gespannt, was ihr dazu sagt. Ende gut, alles gut? Ganz liebe Grüße, Irma
(Antwort korrigiert am 12.09.2014)

 monalisa meinte dazu am 13.09.14:
Prima :) :) :), Irma!

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.09.14:
Hallo, Irma, auch mir gefällt deine dritte Variante.

 Irma meinte dazu am 15.09.14:
Das freut mich! Danke schön, ihr zwei, für eure Rückmeldung. Und lieben Dank auch für die Empfehlung meiner "Schneekönigin", liebe Mona! LG Irma
starfish8305 (55)
(02.02.15)
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 Irma meinte dazu am 02.02.15:
Ja klar, ich habe auf der Nase eine Warze. Und auf der Warze ein langes Haar. Pass auf, mein Junge, sonst vernasche ich dich! ) LG Irma
(Antwort korrigiert am 02.02.2015)
starfish8305 (55) meinte dazu am 02.02.15:
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Agneta (62)
(02.02.15)
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 Irma meinte dazu am 03.02.15:
Liebe Agneta, ja, ich denke, Märchen lassen sich auf ganz verschiedenen Ebenen interpretieren und werden von Kindern anders verstanden als von Erwachsenen.

Die Beschränkung auf den fünfhebigen Jambus als einzige Sonettform finde ich zu eng. Es macht mir immer wieder Spaß, dieses enge Korsett zu sprengen. Ich würde hier allerdings eher vom Daktylus mit Auftakt sprechen (der seltene Anapäst hat in meinen Augen einen "erhebenderen" Charakter).

Ich freue mich sehr darüber, dass dir mein Sonett gefällt und bedanke mich ganz herzlich für deinen Kommentar und die Empfehlung. LG Irma
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