Wie alles begann.
Erzählung zum Thema Aufbruch
von franky
Begonnen hat alles so:
In unserem Arbeitszimmer im Ottilienheim unterrichtete Schwester Juvitter zwischen 14 und 16:00 zwei ältere Kriegsblinde, um die 30 Jahre alt, in Lesen und Schreiben der Braille-Schrift. Der Jüngere August Schober um die dreißig und Franz Beier um die 32.
Für Sie war die Unterhaltung mit Schwester Juvitter wichtiger als das Lernen der schwierigen Brailleschrift. Es wurde mit Juvitta geschäkert und gelacht, so verging die Zeit sehr rasch. Das spiegelverkehrte Schreiben mit der Brailletafel stellte ein fast unüberwindliches Kriterium dar.
August Schober hatte schon eine Umschulung zum Diplom-Masseur abgeschlossen.
Franz Beier war ein Vollblutmusiker, den hätte man in keinen anderen Beruf verwenden können. Beide betrieben eine florierende Trafik im Stadtinneren von Graz.
Beier suchte jemand, der ihn bei einem Konzert im Blindenheim am Klavier begleiten könne. Die Schwester Juvitta schlug Franzi das Wunderkind vor.
So war der erste Schritt für meine zukünftige Musikerlaufbahn eingeleitet worden.
Bei der Begegnung mit Beier stellten wir rasch eine starke Seelische Verwandtschaft fest, die mich in meiner Auffassungskraft positiv beeinflusste.
In kurzer Zeit hatten wir drei Beiträge für das kommende Konzert einstudiert.
Für mich war dies ein Aufbruch in eine wunderbare, phantastische Welt.
Ja ich habe dir versprochen mehr von meiner Musikerlaufbahn zu erzählen.
Fritz Schlagzeuger
Erich Gitarre
und ich am Klavier und Akkordeon. auch "Melodika"
Wir kommen alle aus Frohnleiten, Steiermark, Damals noch im Dornröschenschlaf.
Jeder von uns spielte bei einer anderen Amateurkapelle.
Aus heiterem Himmel beschlossen Fritz und ich: Wir werden Berufsmusiker.
Dann haben wir ein schönes Leben! die Frauenherzen fliegen uns zu und und und... "
Wenn wir gewusst hätten, dass es einer der schwersten Berufe ist, dann hätten wir vielleicht die Finger davon gelassen"
Als dritten Mann schlug ich Erich Mahler vor. Der wollte immer mit Zirkus auf die Reise gehen, Berufsmusiker ist fast dasselbe.
Also gut!!!
Fritz war zu dieser Zeit noch verheiratet und schwach bei Kasse.
Als Tischler hat er sich selber ein Schlagzeug gebastelt. Die kleine Trommel stammt noch aus dem zweiten Weltkrieg. Die große Trommel wurde aus Pressspanplatten geformt und die Felle bestanden aus Nylontischtücher.
Schlagstöcke wurden natürlich selbst gedrechselt. Die lösten sich nach einer Stunde Spielzeit in Späne auf, das war kein
Problem, da wurden einfach welche im Vorrat produziert.
Erich besaß nur eine akustische Gitarre, ohne Verstärker. Dafür schlossen wir meinen großen
Röhren-Radio an. So konnte sich Erich über die ersten Wochen hinweg retten.
Da wir alle an verschiedenen Orten im Einsatz waren konnten wir nie zusammen proben. Erich und ich klimperten wohl öfters am Abend in unserer Stammkneipe Weißenbacher, aber das war nur sehr sporadisch und undiszipliniert.
Ich musste vor unserer neuen Kariere meine große Zehe abschneiden. Die war durch meinen Handgranatenunfall im Jahre 45 ganz verkrüppelt, so dass ich keinen normalen Schuh anziehen konnte.
Also: Weg damit! Ohne die Folgeschäden zu bedenken.
Ich lag im April 56 im Spital in Graz und plötzlich kommt Fritz mein
Schlagzeuger auf Besuch und zeigt mir seine eingebundene Hand. Er hatte sich bei Arbeiten mit der Kreissäge in die Finger geschnitten.
Etwas später kommt Erich der Gitarrist an mein Bett mit Verband am Kopf! Er Sprang von einer Brücke beim Elektrizitätswerk in Laufnitzdorf in die Mur und Riss sich dabei ein Loch ins Trommelfell.
Also das waren nun mal die besten Voraussetzungen für einen Bomben Start!!!
Fritz hatte als Ältester von uns eine protzige Anzeige in die Zeitung gegeben.
Es kamen fünf Antworten, die jede einzelne davon super waren.
Ich hatte da nun Fürchterliches in meinen Vorahnungen...
Aber wir alle Drei waren so von Enthusiasmus erfüllt, in unserem Herzen brannte eine Flamme der Begeisterung!
Wir zogen einfach das schwächste Angebot in Betracht, das war ein Tanzkaffee
"Heinrichshof" in Wels Oberösterreich.
Am 1.05.56 mussten wir dort um 12 Uhr Mittags zu einem Vorspiel antraben.
Jetzt aber lag ich noch mit einem Verband am rechten Bein im Bett und das Linke lehnte als Prothese am Nachtisch.
Nach einer Woche so am achten April machte ich die ersten Gehversuche. Es schmerzte höllisch. Aber das war kein Hindernis auf dem Weg zum Berufsmusiker! In den kommenden 20 Tagen die noch zu Verfügung standen, schrieb ich auf ein Blatt ein Programm in Brailleschrift, es reichte nur für etwa 3 stunden. Am ersten Mai früh morgens machten wir uns mit dem Zug auf den Weg nach Wels.
In Bruck in der Bahnhofshalle spielten wir unser erstes gemeinsames Probekonzert. Passanten und angesäuselte Sandler spendeten uns stürmischen Applaus.
Dann klimperten und sangen wir bis Wels im Zugsabteil weiter. Der ganze Zug war
unser Publikum, wir hatten eine mords Gaudi!!!
Aber dann in Wels angekommen als wir unsere dürftigen Habseligkeiten mit dem Taxi zum Tanzkaffee transportierten, begannen
unsere nerven etwas zu flattern! Ob das gut gehen wird?
Eine Stunde zu spät trafen wir im überfüllten Tanzkaffee ein. Chef Her Zimmerl begrüßte uns mit freundlicher aber sehr strenger Miene und resoluten Ton.
Das selbstgebaute Schlagzeug von Fritz machte großes Aufsehen, so was hatte man im Heinrichshof noch nie gesehen! Wir nahmen auf der Bühne Platz. Da stand uns ein passabler Flügel zur Verfügung. Meinen Beruf hatte ich sehr gründlich gelernt, was mir später sehr zu Gute kam.
Erich auf der Gitarre war ein blutiger Anfänger, ohne irgendwelche Bühnenerfahrung. Zum Singen blieb er ängstlich auf dem Stuhl sitzen, worüber sich einige Stammgäste belustigt äußerten.
Fritz der Schlagzeuger hatte in Graz studiert, hatte sich jedoch als Kind auf Xylophon spezialisiert. Das war nun so wie so alles Wurscht.
Unser musikalischer Start war etwas zaghaft, die üblichsten, einfachsten Tagesschlager. Mikrofone kannten wir nicht wirklich. Wir sangen natura.
Der Stammtisch des lokales war sozusagen die Jury.
Da wurden Spezialwünsche an mich herangetragen. Es ging über Wienerlieder bis zur Opernmusik. Das war für mich überhaupt kein Problem.
Als krönende Draufgabe spielte ich den Donauwalzer in Konzertfassung. Mit Intro und Coda mit großem Finale. Ich spielte mit der linken Hand über die Rechte gekreuzt und verwand mich in allen Posen.
Fritz gab am Xylophon mit virtuosen Händen das „Zirkus Rens“ zum Besten, was mit kräftigem Applaus honoriert wurde.
Nach 2 Stunden hatten sich die Juroren zur Beratung zurückgezogen.
In dieser Zeit saßen wir wie auf Kohlen am Tisch neben der Bühne, was für eine Antwort wir bekommen würden. Als Gage hatten wir uns an den Tischlerlohn von Fritz orientiert, der war natürlich um einiges niedriger als der von einem Berufsmusiker.
Dann kam die erlösende Auskunft:
"Wir bekommen das Engagement, mit 3 Monaten Probezeit!"
Wir jubelten und waren euphorisch als wären wir schon die größten Kings!
Dann begann erst der Ernst des Lebens. Als Kleidung wurde uns: Schwarzer Anzug, weißes Hemd mit Fliege vorgeschrieben.
Ich hatte zufällig zwei schwarze Anzüge zur Verfügung, da Erich keinen Cent Geld besaß, überließ
ich ihm eines der Kleidungsstücke. Der Bursch mit 20 Jahren war noch dünner als ich. Die Hose musste Erich mit einem Band zusammenbinden, damit sie nicht vom Leibe rutschte. Ein Gurt war Luxus. Das wäre noch eine Gaudi gewesen! „Gitarist macht striptis auf der Bühne!“
Zum Glück besaß Fritz noch den schwarzen Anzug von der Hochzeit.
Den ganzen Mai hatten wir Zeit unser Programm zu verbessern und zu vergrößern. Das klappte nicht so Recht. Ein organisiertes Proben kam nicht zu Stande, da alle noch bis Ende des Monats in ihrem alten Beruf arbeiteten und an den Wochenenden in verschiedenen Formationen spielten.
Der erste Juni war viel zu rasch da und wir saßen die erste Nacht als Berufsmusiker auf der Bühne. Mit weißem Hemd, Fliege und schwarzen Anzug. Mir kommt es vor als ob es Gestern gewesen wäre.
Um 12 ur Mitternacht waren wir mit unserem Programm fertig, so
wiederholten wir alles von Vorne. Die Arbeitszeit war von 20 ur bis 4 Ur morgens, mit 30 Minuten Mitternachtspause, wo Frankfurter Würstel serviert wurden.
Die erste Woche organisierte ich schon einen Leihflügel, der kam in unser Zimmer. Jeden Tag wurde nun fleißig geprobt und neue Schlager einstudiert.
Zu Dritt bewohnten wir ein geräumiges Zimmer.
Was ich hier noch einflechten muss:
Ich hatte damals noch einen Blindenführhund, den musste ich auch während der Nachtstunden im Zimmer alleine lassen. Der hatte jedoch die
schreckliche Gewohnheit, er schlief tief und fest und breit auf Erichs Kopfkissen. Bevor Erich ins Zimmer kam schlich "Hella" so hieß der Hund, vom Bett und legte sich unschuldig auf sein Plätzchen als ob nichts gewesen wäre. Das nahm unerträgliche Ausmaße an, so dass ich nach 3 Monaten das Tier zu meiner Mama nach Hause in den Laufnitzgraben geben musste.
Von da an war Schlagzeuger Fritz mein Führhund.
Dadurch dass ich die Musik von der Pike auf gelernt hatte, waren wir innerhalb von drei Monaten ein so erfolgreiches Trio, dass von Probezeit keine Rede mehr war. Unser erstes Engagement im Heinrichshof dauerte 11 Monate.
In unserem Zimmer war für mich keine gesicherte Bewegungsfreiheit gegeben, es stand und lag alles in wirrem Durcheinander am Boden, dass ich mich nur mit größter Vorsicht fortbewegen konnte. Den Weg zum Klavier musste ich mir regelrecht freikämpfen!
Als Musiker hatten wir sehr großen Anklang bei den weiblichen Fans. So kam es auch mal vor, dass die Betten alle doppelt belegt waren.
Erich hatte sich ein liebes Mädel zu sich genommen. Als es dann etwas stürmisch zuging, riefen Fritz und ich: "Fester! Fester! Nicht aufhören!"
Dann kam aus Erichs Mund sehr enttäuscht: "Ihr seits aber blöde Affen!"
Dann war auch die Liebesnacht zu ende.
Solche Episoden kamen in verschiedenen Variationen des Öfteren vor.
So nun viel Spaß mit meinen Memoiren...
ich wünsche dir einen schönen abends.
Franky
Beier Franz sammelte einige blinde Musiker um sich, um eine Blindenkapelle zu gründen.
Dr. August Wagner Saxophon und Klarinette. Fühlte sich eher dem Jazz hingezogen.
Rudolf Adlmannseder Gitarre. Nur leidlich.
Dr. Rudolf Foigt Klavier und Akkordeon. Als einziger sehend und Noten lesend.
Schlagzeuger war keiner aufzutreiben, so erbot sich August schober sich hinter die Trommeln zu klemmen. Er hatte eine gute Auffassungsgabe, so dass er bald ein ordentliches Kapellenmitglied wurde.
Für ein Weihnachtskonzert im Kriegsblindenverband griff Beier auf mich zurück. Ich solle mit Akkordeon den Sound etwas verbessern.
Das musikalische Programm spannte sich über Tagesschlager und Wienerwalzer bis zur Fledermaus-Ouvertüre.
Wir probten einmal in der Woche Nachmittag in einem Extrazimmer im Stadtteil Gösting.
Indessen wurde ich 16 Jahre alt, was Franz Beier zur Überzeugung brachte: „Nun könnten wir auch auf kleineren Bällen auftreten.“
Nach einer kurzen Bedenkphase hatten wir den Entscheid gefällt: „Mit Vollgas ins Nachtleben von Graz!“
Der erster Auftritt fand bei Wiesinger in unserem Probelokal statt.
Herr Wiesinger, ein sehr gemütlicher, freundlicher Mann, hat sich bei Franz Beier diese Option ausbedungen. Für uns Anfänger war der Hausball ein willkommener Einstieg in die Faschingszeit von Graz.
Die Blindenkapelle wurde sehr rasch ein Begriff!
Zwischen Bühne und Bett.
Von Liebe, Fritz und Wellensittich.
Vor unserem Start ins Profilager spielte ich in meinem Heimatort Frohnleiten in einer Amateurband. In der Karnevalzeit hatten wir Auftritte an Samstagen, manchmal auch schon freitags. Bei diesen Auftritten im Hotel Straßburg fiel mir im Publikum ein quirliger Mann auf,
der erzählte mir, er habe ein Vibraphon gebaut und fragte, ob ich ihm beim Stimmen helfen würde. „Ja das mache ich gerne“.
Am Sonntag drauf sitzen wir in der Küche bei Fritz, Frau Inge und Kind Elisabeth.
Töchterchen Elisabeth wurde das Klimpern und Sägen mit der Eisensäge etwas zu viel. Sie schrie wild drauf los und wir konnten keinen rechten Ton mehr hören. Die Metallplatten des Vibrafons mussten für Höhe oder Tiefe beschnitten oder gefeilt werden. Mit meinem Akkordeon gab ich die Töne vor. Bis zum Mittagessen, das Ehefrau Inge inzwischen gekocht hatte, waren wir halbwegs fertig.
Die Küche diente als Wohnzimmer, Werkstätte und Raum für alle sonstigen Begegnungen. War auch der einzige Raum der Beheizt werden konnte. Das Haus gehörte dem gestrengen Vater von Fritz, der in Graz am Konservatorium als Prokurist angestellt war.
Bei den Samstäglichen Karnevalbällen fiel mir eine besonders fröhliche Runde auf, die neben der Bühne ihren Stammplatz hatte. Fritz setzte sich erst nur zögernd nach mehrmaliger Aufforderung an den Tisch. Doch diese feuchtfröhliche Runde
hatte Fritz aus der Reserve gelockt. Die hübsche, temperamentvolle Frau nahm voll und ganz Besitz von Fritzens Herz und Hirn.
Eines Tages nach der Arbeit, nahm Fritz wie von Geisterhand geführt den Weg in die Wohnung dieser Familie. Maria saß alleine am Tisch und hatte ein Foto von Fritz vor sich am Tisch und war in sehnsüchtigen Träumen versunken.
Fritz kam in den Raum, als hätte sie ihn gerufen. Die Frau stand auch bis unters Dach voll in Liebesflammen.
Hier fanden sich zwei Menschen, die für die Liebe alle Grenzen und Tabus durchbrachen.
Vibraphon und Familie waren total aus seinem Hirn verschwunden.
Bei einen Besuch in meinen Zimmer, in Frohnleiten das ich seit September 54 bewohnte, ließ
Fritz die Bemerkung fallen: „Wir könnten ja als Berufsmusiker gehen.“ Der
Erste Vorschlag als Duo zu klimpern, war für mich nicht akzeptabel, meine Vorstellungen
gingen etwas in die anspruchsvollere Richtung.
Fritz bewegte sich in dieser Zeit wie ein Traumwandler durch die Gegend. Und immer wieder zog es ihn zu Maria, bis er schließlich sogar mit
Zustimmung ihres Mannes bei ihnen wohnte. „Der hieß zufällig auch Fritz.“
Nun wurde jede freie Minute ausgenützt. Beim Kochen bückte sich Maria in ein tieferes Fach um… Fritz sah es und strich ihr über das ausgestreckte Hinterteil Und Maria rief erwartungsvoll: „Steck ihn rein! Schieb ihn rein!“
So eine Gelegenheit ließ Fritz nicht ungenützt vorübergehen.
Es gab ein Bild für Götter! Maria Halt suchend an Essig und Ölflaschen Fritz am Genießen von spontanen saftigen Liebesfrüchten.
Beim Mittagessen trafen sich alle, Ehemann Fritz und Sohn Christoph Und Freund des Hauses Fritz Und Superköchin Maria zum köstlichen Mahle.
Kurze Beschreibung meines Zimmers in Frohnleiten Brückenkopf 1. War bei der Bevölkerung bald als Freudenhaus verschrien.
Ein Eckzimmer mit 2 abgeschrägten Wänden. Auf der einen Seite eine Kommode. Unter der anderen Schrägwand mein breites altmodisches Bett, aber sehr bequem. Nur beim Aufstehen vorsichtiges Bücken, sonst knallt der Kopf an die Schrägwand. Links hinter der Tür stand ein kleiner Ofen, der im Winter Wärme geben sollte. Knapp daneben der Kleiderschrank, den stieg die Heiße Luft arg in den Kopf, so dass ich eine Paravent zwischen Kasten und Ofen stellen musste. Anschließend ein Tisch und zwei Stühle. Dann aber mein Flügel und darauf der Käfig von Wellensittich Hansi. Den schenkte mir Vermieterin Franziska Mixner zum Geburtstag, damit ich nicht so einsam bin. Das war ein Geschenk, das hätte ich manchmal zum Teufel wünschen können. Er strampelte den Sand aus dem Käfig und sang um 4:00 morgens mit der Amsel um die Wette. Und ich war das genervte Publikum.
Eines Tages hatte ich die Glanzidee und deckte den Käfig einfach ab. Plötzlich war Ruhe im Zimmer. Durfte jedoch nicht vergessen, das Tuch schon am Abend darüber zu legen. Links vom Klavierstuhl hatte Führhund Hella ihr Plätzchen. Die konnte ohne Mucks mein Tägliches mehrstündiges Klavierspiel aushalten. Auf der Kommode rechts an der Wand stand mein großer Radio und neben ein Tonbandgerät. In Leder gebunden und mit der Hundeleine über die Schulter gehängt, fand es auch für Aufnahmen außer Haus verwendung.
In unserer Pfarrkirche nahmen wir ein phantastisches Hochamt auf. Mit super Chor und Solisten. Da wurde das Tonband bestaunt, wie etwas von einem anderen Stern!
An Wochenenden lagen ich, Freund Claus und zwei Mädels Kreuz und quer auf meiner breiten Lagerstätte. Wir knutschten was das Zeug hielt.
Ich unerfahren wie die Jungfrau von Orleans, musste meine Erfahrungen erst Wort wörtlich, ertasten und erfühlen. Meinem Mädchen überkam bei diesen intensiven Berührungen ein rauschender Orgasmus. Ich konnte anfangs diese Gefühlsregung nicht recht deuten. Später wurde diese Liebesmusik zu meinen Favoriten. Doch bis dahin war noch ein weiter Weg.
Das nächste High light mit der Blindenkapelle war ein Ball in der Dallier, nahe dem Opernhaus mitten in Graz.
Die spärlichen Instrumente wurden per Straßenbahn zum Ziel befördert. Meine Mama half mir das schwere Akkordeon von der Tram Station zum Ballsaal im zweiten Stock zu tragen.
Eine große Bühne, um unsere Künste ausbreiten zu können.
Nach zwei Stunden Konzertmusik gingen wir über das Publikum zum Tanzen zu bewegen. Es wurde fleißig zu Wienerwalzer, Tango und Voxtrot das Tanzbein geschwungen. Als wir den Rasper anstimmten, hopste das Publikum begeistert, alle 400 Beine, den Rasperschritt.
Meine Mama war ins Kaffee ins Erdgeschoß gegangen, um einen Kaffee zu trinken. Als die etwa Zweihundert Menschen im Ballsaal im Rhythmus stampften fing es im Kaffee unten zu schneien an. Der Verputz des alten ehrwürdigen Gebäudes löste sich und bedeckte Tisch und Boden mit einer weißen Schicht.
Mama trank rasch ihren Kaffee aus und verließ fluchtartig den Raum. Ganz verstört erzählte sie uns dann, wie es durch den stampfenden Rhythmus den Verputz von der Decke löste.
In der Sonntagszeitung war dann ein Artikel über dem Ball zu lesen, wo auch eine Blindenkapelle zum Tanz aufspielte.
Der Ball war eine Veranstaltung der Partei VTU, der jetzigen FBÖ, Das brachte Beier als unseren Kapellmeister, eine scharfe Rüge von der Verbandsleitung ein. Parteiobmann war sehr verstimmt, das passte nicht in die sozialistische Ideologie
Das muss ich dir noch erzählen!
Wir spielten bereits einige Wochen im Heinrichshof als Berufsmusiker und hatten noch keinen Namen für unser Trio. Da kam uns der Zufall zur Hilfe. Fritz und ich besuchten ein Kino, hier wurde ein Film von Ölbohrungen in Mexiko gezeigt. Die Männer riefen sich: „Petroleros, Amigos“ zu. Das „Amigos“ blieb in den Köpfen hängen. Es wurde zu „Drei Amigos.“ Dieser Name begleitete uns die nächsten 15 Jahre.
In Radios und Musikboxen spielte man Bill Haley's „Rock around the Clock“.
Erich half im September bei einem Alleinunterhalter aus. Er kam zurück und sagte: „Ich hab da was Tolles! Die Leute fahren darauf ab, ganz verrückt!“ Am Abend sang er die ersten Töne: „One to three a Clock for a Glock Rock “
Das Publikum reagierte wie elektrisiert. Die Musik ließ sämtliche Tabus und Hemmungen vergessen. Alles tanzte und schrie und klatschte im Rhythmus.
Am Samstagabend erreichte die Begeisterung ihren Höhepunkt. Bei den ersten Takten riss es alle von den Stühlen, jung und alt. Die Stimmung steigerte sich und schließlich standen alle auf den Tischen, auch Chef und sämtliche Honoren
der Darokrunde. Mit den blechernen Serviertellern schlugen sie den Takt zur Musik zu Rock'n'roll.
Keine andere Musik in meinen 32 Berufsjahren hat die Menschen derartig begeistern können wie der Rock'n'roll.
Ein gewisser Freddy Quinn sang das Lied: „Brennend heißer Wüstensand.“
Dieser Song war wie für unser Trio zugeschnitten. Er entwickelte sich zum beliebten Ohrwurm für unsere Stammgäste.
Damals ging man noch zu Fuß in die Tanzlokale, Autos waren Mangelware. Der Alkoholpegel spielte überhaupt keine Rolle. Man konnte saufen bis zum Umfallen.
Das nahm manchmal verrückte Ausmaße an. Nach offizieller Sperrstunde um 4 wurde die Lokaltüre abgeschlossen. Der Stammtisch war voll Besetzt und Champagner und Kognak flossen in Strömen. Das lief dann so weit,
ein „Mulatschack“ kam ins Spiel. Jeder trank sein Glas auf ex und warf es an die Wand. Wenn dann die Scherben den blank polierten Boden bedeckten, fuhr man mit den Schuhen Schlittschuh auf dem Scherbenschrott. Mit Anlauf durch den Dreck gerieselt.
Der Chef war Meister in dieser Disziplin.
Frau Chefin musste nächsten Morgen den Schaden beseitigen. Mit Fluchen und Beschimpfungen Richtung Ehemann wurde geschliffen, gebohnert und gewachst.
Chef lag 2 Tage krank im Bett, Kopfschmerztabletten und Tee brachte ihn dann halbwegs wieder auf Vordermann. Am dritten Tag zu uns gerichtet: „Nur keine laute Musik…“
Zur Beruhigung klimperte ich einen Evergreen nach dem anderen. Bis ein Gast mit einem besonderen Wunsch diese Ruhe platzen ließ.
In unserer Straße, zwei Häuser weiter, entdeckten wir den Friseursalon Tassenbacher. Da hatte es liebe junge Mädels und die herzige Tochter Anneliese. Die alle standen in der Lehre und mussten auch das Handwerk vom „Männer rasieren“ erlernen. Wir kamen da als willkommene Modelle in ihre Gasse.
Fritz und ich gingen fast jeden Wochentag in diesen Laden. Wir veranstalteten dort das reinste Lachkabinett. Das tat aber dem Gesichtsmuskeln, wo die Lehrmädchen die Klinge führten, gar nicht gut. Wir trugen einschneidende Erfahrung davon.
Fritz ziert noch heute eine Narbe an der Wange. Wir hatten solchen Riesenspaß, dass uns das nicht die Bohne ausmachte.
Fritz und ich waren ein bisschen in Anneliese Tochter vom Chef verknallt. Doch keiner hatte den Mut es ihr zu sagen.
Anlässlich des Hausballes im Heinrichshof war Familie Tassenbacher erschienen. Ich schickte Anneliese eine Rose. Sie kam zur Bühne und gestand mir:
„Franzi ich liebe dich“ flüsterte sie leise.
Es lief mir heiß über den Rücken, doch mir blieb eine Antwort im Halse Stecken.
So erfuhr sie nie, dass ich sie auch liebte.
Drei Musiker von unserer Blindenkapelle waren verheiratet.
Franz Beier hatte großes Glück mit seiner sanftmütigen Ehefrau Grete. Die ging Beier wo es nötig war zur Hand. Trotz allem hatten wir Blindenführhunde. Solche Tiere waren auch allen möglichen Stimmungen ausgesetzt. Im Probelokal wo vier solcher Hunde aufeinander prallten, musste schlichtend eingegriffen werden. Jeder wollte seine Vorherrschaft verteidigen, was mit lautem Gebelle und Knurren unterstrichen wurde.
Beier Franz füllte abends wie gewohnt den Futternapf für seinen Hund und platzierte ihn in der Ecke der Küche. Ehefrau Grete wollte einen Brocken Fleisch in die Schüssel zurück legen, der durch das Heftige Schlappern des Hundes hinausgeworfen wurde. Der Hund hat das wahrscheinlich missverstanden und verpasste Grete eine tiefe Bisswunde. Franz und Grete waren wie geschockt“ Diese Wunde musste im Spital genäht werden. Gleichzeitig wurde ihr Ein Medikament gegen Tollwut gespritzt.
In den folgenden Tagen klagte sie wegen Kopfschmerzen und flimmern vor den Augen. Grete dachte erst, „Das wird schon wieder vergehen.“ Aber als es rapide schlechter wurde, suchte sie den Hausarzt auf und der schickte sie sofort ins Spital. Nach längeren Abklärungen wurde eine Nebenwirkung des Tollwutmedikaments festgestellt. Es hatte was mit der Durchblutung des Auges zu tun. In kürzester Zeit war das Augenlicht von Grete total verschwunden und konnte auch nicht wieder hergestellt werden.
Nun waren Franz und Grete Beier ein blindes Ehepaar, die mit weißen Stock und Blindenführhund durch die Stadt gondelten. Für die häuslichen Verrichtungen ging ihnen die treue Seele Rosa zur Hand, die schon einige Jahre ihnen half den Haushalt zu meistern.
Der nächste Auftritt mit der Blindenkapelle im Puntigammerbierkäller war ein größeres Projekt.
Ein Klavier war nicht vorhanden, so mussten wir mit zwei Akkordeon auskommen. Für Rudi Foigt war das kein Problem, da die meisten Noten die er am Klavier verwendete, sowieso Bearbeitungen für Akkordeon waren.
An diesem Abend wurden viele Reden geschwungen und jedes Mal vor der Ansage wurde das mit einem Tusch von uns angekündigt. In c dur.
Vor so einen gewünschten Tusch traf ich mit Foigt die Abmachung: Wir spielen in cis dur und Beier fiedelte mit seiner Geige intensiv in c dur. Ich rief nachher:
„Franz du spielst aber falsch!“
Das hättest du hären und sehen müssen, wie Franz verrückt wurde, als er dahinter kam, dass Foigt und ich ihn gelegt haben.
„Franzi! Das machst du mir ja nie wieder, da verstehe ich keinen Spass!“
Ich wollte Beier Franz damit nur etwas ärgern, das ging aber kläglich in die Hosen. .
In unserem Arbeitszimmer im Ottilienheim unterrichtete Schwester Juvitter zwischen 14 und 16:00 zwei ältere Kriegsblinde, um die 30 Jahre alt, in Lesen und Schreiben der Braille-Schrift. Der Jüngere August Schober um die dreißig und Franz Beier um die 32.
Für Sie war die Unterhaltung mit Schwester Juvitter wichtiger als das Lernen der schwierigen Brailleschrift. Es wurde mit Juvitta geschäkert und gelacht, so verging die Zeit sehr rasch. Das spiegelverkehrte Schreiben mit der Brailletafel stellte ein fast unüberwindliches Kriterium dar.
August Schober hatte schon eine Umschulung zum Diplom-Masseur abgeschlossen.
Franz Beier war ein Vollblutmusiker, den hätte man in keinen anderen Beruf verwenden können. Beide betrieben eine florierende Trafik im Stadtinneren von Graz.
Beier suchte jemand, der ihn bei einem Konzert im Blindenheim am Klavier begleiten könne. Die Schwester Juvitta schlug Franzi das Wunderkind vor.
So war der erste Schritt für meine zukünftige Musikerlaufbahn eingeleitet worden.
Bei der Begegnung mit Beier stellten wir rasch eine starke Seelische Verwandtschaft fest, die mich in meiner Auffassungskraft positiv beeinflusste.
In kurzer Zeit hatten wir drei Beiträge für das kommende Konzert einstudiert.
Für mich war dies ein Aufbruch in eine wunderbare, phantastische Welt.
Ja ich habe dir versprochen mehr von meiner Musikerlaufbahn zu erzählen.
Fritz Schlagzeuger
Erich Gitarre
und ich am Klavier und Akkordeon. auch "Melodika"
Wir kommen alle aus Frohnleiten, Steiermark, Damals noch im Dornröschenschlaf.
Jeder von uns spielte bei einer anderen Amateurkapelle.
Aus heiterem Himmel beschlossen Fritz und ich: Wir werden Berufsmusiker.
Dann haben wir ein schönes Leben! die Frauenherzen fliegen uns zu und und und... "
Wenn wir gewusst hätten, dass es einer der schwersten Berufe ist, dann hätten wir vielleicht die Finger davon gelassen"
Als dritten Mann schlug ich Erich Mahler vor. Der wollte immer mit Zirkus auf die Reise gehen, Berufsmusiker ist fast dasselbe.
Also gut!!!
Fritz war zu dieser Zeit noch verheiratet und schwach bei Kasse.
Als Tischler hat er sich selber ein Schlagzeug gebastelt. Die kleine Trommel stammt noch aus dem zweiten Weltkrieg. Die große Trommel wurde aus Pressspanplatten geformt und die Felle bestanden aus Nylontischtücher.
Schlagstöcke wurden natürlich selbst gedrechselt. Die lösten sich nach einer Stunde Spielzeit in Späne auf, das war kein
Problem, da wurden einfach welche im Vorrat produziert.
Erich besaß nur eine akustische Gitarre, ohne Verstärker. Dafür schlossen wir meinen großen
Röhren-Radio an. So konnte sich Erich über die ersten Wochen hinweg retten.
Da wir alle an verschiedenen Orten im Einsatz waren konnten wir nie zusammen proben. Erich und ich klimperten wohl öfters am Abend in unserer Stammkneipe Weißenbacher, aber das war nur sehr sporadisch und undiszipliniert.
Ich musste vor unserer neuen Kariere meine große Zehe abschneiden. Die war durch meinen Handgranatenunfall im Jahre 45 ganz verkrüppelt, so dass ich keinen normalen Schuh anziehen konnte.
Also: Weg damit! Ohne die Folgeschäden zu bedenken.
Ich lag im April 56 im Spital in Graz und plötzlich kommt Fritz mein
Schlagzeuger auf Besuch und zeigt mir seine eingebundene Hand. Er hatte sich bei Arbeiten mit der Kreissäge in die Finger geschnitten.
Etwas später kommt Erich der Gitarrist an mein Bett mit Verband am Kopf! Er Sprang von einer Brücke beim Elektrizitätswerk in Laufnitzdorf in die Mur und Riss sich dabei ein Loch ins Trommelfell.
Also das waren nun mal die besten Voraussetzungen für einen Bomben Start!!!
Fritz hatte als Ältester von uns eine protzige Anzeige in die Zeitung gegeben.
Es kamen fünf Antworten, die jede einzelne davon super waren.
Ich hatte da nun Fürchterliches in meinen Vorahnungen...
Aber wir alle Drei waren so von Enthusiasmus erfüllt, in unserem Herzen brannte eine Flamme der Begeisterung!
Wir zogen einfach das schwächste Angebot in Betracht, das war ein Tanzkaffee
"Heinrichshof" in Wels Oberösterreich.
Am 1.05.56 mussten wir dort um 12 Uhr Mittags zu einem Vorspiel antraben.
Jetzt aber lag ich noch mit einem Verband am rechten Bein im Bett und das Linke lehnte als Prothese am Nachtisch.
Nach einer Woche so am achten April machte ich die ersten Gehversuche. Es schmerzte höllisch. Aber das war kein Hindernis auf dem Weg zum Berufsmusiker! In den kommenden 20 Tagen die noch zu Verfügung standen, schrieb ich auf ein Blatt ein Programm in Brailleschrift, es reichte nur für etwa 3 stunden. Am ersten Mai früh morgens machten wir uns mit dem Zug auf den Weg nach Wels.
In Bruck in der Bahnhofshalle spielten wir unser erstes gemeinsames Probekonzert. Passanten und angesäuselte Sandler spendeten uns stürmischen Applaus.
Dann klimperten und sangen wir bis Wels im Zugsabteil weiter. Der ganze Zug war
unser Publikum, wir hatten eine mords Gaudi!!!
Aber dann in Wels angekommen als wir unsere dürftigen Habseligkeiten mit dem Taxi zum Tanzkaffee transportierten, begannen
unsere nerven etwas zu flattern! Ob das gut gehen wird?
Eine Stunde zu spät trafen wir im überfüllten Tanzkaffee ein. Chef Her Zimmerl begrüßte uns mit freundlicher aber sehr strenger Miene und resoluten Ton.
Das selbstgebaute Schlagzeug von Fritz machte großes Aufsehen, so was hatte man im Heinrichshof noch nie gesehen! Wir nahmen auf der Bühne Platz. Da stand uns ein passabler Flügel zur Verfügung. Meinen Beruf hatte ich sehr gründlich gelernt, was mir später sehr zu Gute kam.
Erich auf der Gitarre war ein blutiger Anfänger, ohne irgendwelche Bühnenerfahrung. Zum Singen blieb er ängstlich auf dem Stuhl sitzen, worüber sich einige Stammgäste belustigt äußerten.
Fritz der Schlagzeuger hatte in Graz studiert, hatte sich jedoch als Kind auf Xylophon spezialisiert. Das war nun so wie so alles Wurscht.
Unser musikalischer Start war etwas zaghaft, die üblichsten, einfachsten Tagesschlager. Mikrofone kannten wir nicht wirklich. Wir sangen natura.
Der Stammtisch des lokales war sozusagen die Jury.
Da wurden Spezialwünsche an mich herangetragen. Es ging über Wienerlieder bis zur Opernmusik. Das war für mich überhaupt kein Problem.
Als krönende Draufgabe spielte ich den Donauwalzer in Konzertfassung. Mit Intro und Coda mit großem Finale. Ich spielte mit der linken Hand über die Rechte gekreuzt und verwand mich in allen Posen.
Fritz gab am Xylophon mit virtuosen Händen das „Zirkus Rens“ zum Besten, was mit kräftigem Applaus honoriert wurde.
Nach 2 Stunden hatten sich die Juroren zur Beratung zurückgezogen.
In dieser Zeit saßen wir wie auf Kohlen am Tisch neben der Bühne, was für eine Antwort wir bekommen würden. Als Gage hatten wir uns an den Tischlerlohn von Fritz orientiert, der war natürlich um einiges niedriger als der von einem Berufsmusiker.
Dann kam die erlösende Auskunft:
"Wir bekommen das Engagement, mit 3 Monaten Probezeit!"
Wir jubelten und waren euphorisch als wären wir schon die größten Kings!
Dann begann erst der Ernst des Lebens. Als Kleidung wurde uns: Schwarzer Anzug, weißes Hemd mit Fliege vorgeschrieben.
Ich hatte zufällig zwei schwarze Anzüge zur Verfügung, da Erich keinen Cent Geld besaß, überließ
ich ihm eines der Kleidungsstücke. Der Bursch mit 20 Jahren war noch dünner als ich. Die Hose musste Erich mit einem Band zusammenbinden, damit sie nicht vom Leibe rutschte. Ein Gurt war Luxus. Das wäre noch eine Gaudi gewesen! „Gitarist macht striptis auf der Bühne!“
Zum Glück besaß Fritz noch den schwarzen Anzug von der Hochzeit.
Den ganzen Mai hatten wir Zeit unser Programm zu verbessern und zu vergrößern. Das klappte nicht so Recht. Ein organisiertes Proben kam nicht zu Stande, da alle noch bis Ende des Monats in ihrem alten Beruf arbeiteten und an den Wochenenden in verschiedenen Formationen spielten.
Der erste Juni war viel zu rasch da und wir saßen die erste Nacht als Berufsmusiker auf der Bühne. Mit weißem Hemd, Fliege und schwarzen Anzug. Mir kommt es vor als ob es Gestern gewesen wäre.
Um 12 ur Mitternacht waren wir mit unserem Programm fertig, so
wiederholten wir alles von Vorne. Die Arbeitszeit war von 20 ur bis 4 Ur morgens, mit 30 Minuten Mitternachtspause, wo Frankfurter Würstel serviert wurden.
Die erste Woche organisierte ich schon einen Leihflügel, der kam in unser Zimmer. Jeden Tag wurde nun fleißig geprobt und neue Schlager einstudiert.
Zu Dritt bewohnten wir ein geräumiges Zimmer.
Was ich hier noch einflechten muss:
Ich hatte damals noch einen Blindenführhund, den musste ich auch während der Nachtstunden im Zimmer alleine lassen. Der hatte jedoch die
schreckliche Gewohnheit, er schlief tief und fest und breit auf Erichs Kopfkissen. Bevor Erich ins Zimmer kam schlich "Hella" so hieß der Hund, vom Bett und legte sich unschuldig auf sein Plätzchen als ob nichts gewesen wäre. Das nahm unerträgliche Ausmaße an, so dass ich nach 3 Monaten das Tier zu meiner Mama nach Hause in den Laufnitzgraben geben musste.
Von da an war Schlagzeuger Fritz mein Führhund.
Dadurch dass ich die Musik von der Pike auf gelernt hatte, waren wir innerhalb von drei Monaten ein so erfolgreiches Trio, dass von Probezeit keine Rede mehr war. Unser erstes Engagement im Heinrichshof dauerte 11 Monate.
In unserem Zimmer war für mich keine gesicherte Bewegungsfreiheit gegeben, es stand und lag alles in wirrem Durcheinander am Boden, dass ich mich nur mit größter Vorsicht fortbewegen konnte. Den Weg zum Klavier musste ich mir regelrecht freikämpfen!
Als Musiker hatten wir sehr großen Anklang bei den weiblichen Fans. So kam es auch mal vor, dass die Betten alle doppelt belegt waren.
Erich hatte sich ein liebes Mädel zu sich genommen. Als es dann etwas stürmisch zuging, riefen Fritz und ich: "Fester! Fester! Nicht aufhören!"
Dann kam aus Erichs Mund sehr enttäuscht: "Ihr seits aber blöde Affen!"
Dann war auch die Liebesnacht zu ende.
Solche Episoden kamen in verschiedenen Variationen des Öfteren vor.
So nun viel Spaß mit meinen Memoiren...
ich wünsche dir einen schönen abends.
Franky
Beier Franz sammelte einige blinde Musiker um sich, um eine Blindenkapelle zu gründen.
Dr. August Wagner Saxophon und Klarinette. Fühlte sich eher dem Jazz hingezogen.
Rudolf Adlmannseder Gitarre. Nur leidlich.
Dr. Rudolf Foigt Klavier und Akkordeon. Als einziger sehend und Noten lesend.
Schlagzeuger war keiner aufzutreiben, so erbot sich August schober sich hinter die Trommeln zu klemmen. Er hatte eine gute Auffassungsgabe, so dass er bald ein ordentliches Kapellenmitglied wurde.
Für ein Weihnachtskonzert im Kriegsblindenverband griff Beier auf mich zurück. Ich solle mit Akkordeon den Sound etwas verbessern.
Das musikalische Programm spannte sich über Tagesschlager und Wienerwalzer bis zur Fledermaus-Ouvertüre.
Wir probten einmal in der Woche Nachmittag in einem Extrazimmer im Stadtteil Gösting.
Indessen wurde ich 16 Jahre alt, was Franz Beier zur Überzeugung brachte: „Nun könnten wir auch auf kleineren Bällen auftreten.“
Nach einer kurzen Bedenkphase hatten wir den Entscheid gefällt: „Mit Vollgas ins Nachtleben von Graz!“
Der erster Auftritt fand bei Wiesinger in unserem Probelokal statt.
Herr Wiesinger, ein sehr gemütlicher, freundlicher Mann, hat sich bei Franz Beier diese Option ausbedungen. Für uns Anfänger war der Hausball ein willkommener Einstieg in die Faschingszeit von Graz.
Die Blindenkapelle wurde sehr rasch ein Begriff!
Zwischen Bühne und Bett.
Von Liebe, Fritz und Wellensittich.
Vor unserem Start ins Profilager spielte ich in meinem Heimatort Frohnleiten in einer Amateurband. In der Karnevalzeit hatten wir Auftritte an Samstagen, manchmal auch schon freitags. Bei diesen Auftritten im Hotel Straßburg fiel mir im Publikum ein quirliger Mann auf,
der erzählte mir, er habe ein Vibraphon gebaut und fragte, ob ich ihm beim Stimmen helfen würde. „Ja das mache ich gerne“.
Am Sonntag drauf sitzen wir in der Küche bei Fritz, Frau Inge und Kind Elisabeth.
Töchterchen Elisabeth wurde das Klimpern und Sägen mit der Eisensäge etwas zu viel. Sie schrie wild drauf los und wir konnten keinen rechten Ton mehr hören. Die Metallplatten des Vibrafons mussten für Höhe oder Tiefe beschnitten oder gefeilt werden. Mit meinem Akkordeon gab ich die Töne vor. Bis zum Mittagessen, das Ehefrau Inge inzwischen gekocht hatte, waren wir halbwegs fertig.
Die Küche diente als Wohnzimmer, Werkstätte und Raum für alle sonstigen Begegnungen. War auch der einzige Raum der Beheizt werden konnte. Das Haus gehörte dem gestrengen Vater von Fritz, der in Graz am Konservatorium als Prokurist angestellt war.
Bei den Samstäglichen Karnevalbällen fiel mir eine besonders fröhliche Runde auf, die neben der Bühne ihren Stammplatz hatte. Fritz setzte sich erst nur zögernd nach mehrmaliger Aufforderung an den Tisch. Doch diese feuchtfröhliche Runde
hatte Fritz aus der Reserve gelockt. Die hübsche, temperamentvolle Frau nahm voll und ganz Besitz von Fritzens Herz und Hirn.
Eines Tages nach der Arbeit, nahm Fritz wie von Geisterhand geführt den Weg in die Wohnung dieser Familie. Maria saß alleine am Tisch und hatte ein Foto von Fritz vor sich am Tisch und war in sehnsüchtigen Träumen versunken.
Fritz kam in den Raum, als hätte sie ihn gerufen. Die Frau stand auch bis unters Dach voll in Liebesflammen.
Hier fanden sich zwei Menschen, die für die Liebe alle Grenzen und Tabus durchbrachen.
Vibraphon und Familie waren total aus seinem Hirn verschwunden.
Bei einen Besuch in meinen Zimmer, in Frohnleiten das ich seit September 54 bewohnte, ließ
Fritz die Bemerkung fallen: „Wir könnten ja als Berufsmusiker gehen.“ Der
Erste Vorschlag als Duo zu klimpern, war für mich nicht akzeptabel, meine Vorstellungen
gingen etwas in die anspruchsvollere Richtung.
Fritz bewegte sich in dieser Zeit wie ein Traumwandler durch die Gegend. Und immer wieder zog es ihn zu Maria, bis er schließlich sogar mit
Zustimmung ihres Mannes bei ihnen wohnte. „Der hieß zufällig auch Fritz.“
Nun wurde jede freie Minute ausgenützt. Beim Kochen bückte sich Maria in ein tieferes Fach um… Fritz sah es und strich ihr über das ausgestreckte Hinterteil Und Maria rief erwartungsvoll: „Steck ihn rein! Schieb ihn rein!“
So eine Gelegenheit ließ Fritz nicht ungenützt vorübergehen.
Es gab ein Bild für Götter! Maria Halt suchend an Essig und Ölflaschen Fritz am Genießen von spontanen saftigen Liebesfrüchten.
Beim Mittagessen trafen sich alle, Ehemann Fritz und Sohn Christoph Und Freund des Hauses Fritz Und Superköchin Maria zum köstlichen Mahle.
Kurze Beschreibung meines Zimmers in Frohnleiten Brückenkopf 1. War bei der Bevölkerung bald als Freudenhaus verschrien.
Ein Eckzimmer mit 2 abgeschrägten Wänden. Auf der einen Seite eine Kommode. Unter der anderen Schrägwand mein breites altmodisches Bett, aber sehr bequem. Nur beim Aufstehen vorsichtiges Bücken, sonst knallt der Kopf an die Schrägwand. Links hinter der Tür stand ein kleiner Ofen, der im Winter Wärme geben sollte. Knapp daneben der Kleiderschrank, den stieg die Heiße Luft arg in den Kopf, so dass ich eine Paravent zwischen Kasten und Ofen stellen musste. Anschließend ein Tisch und zwei Stühle. Dann aber mein Flügel und darauf der Käfig von Wellensittich Hansi. Den schenkte mir Vermieterin Franziska Mixner zum Geburtstag, damit ich nicht so einsam bin. Das war ein Geschenk, das hätte ich manchmal zum Teufel wünschen können. Er strampelte den Sand aus dem Käfig und sang um 4:00 morgens mit der Amsel um die Wette. Und ich war das genervte Publikum.
Eines Tages hatte ich die Glanzidee und deckte den Käfig einfach ab. Plötzlich war Ruhe im Zimmer. Durfte jedoch nicht vergessen, das Tuch schon am Abend darüber zu legen. Links vom Klavierstuhl hatte Führhund Hella ihr Plätzchen. Die konnte ohne Mucks mein Tägliches mehrstündiges Klavierspiel aushalten. Auf der Kommode rechts an der Wand stand mein großer Radio und neben ein Tonbandgerät. In Leder gebunden und mit der Hundeleine über die Schulter gehängt, fand es auch für Aufnahmen außer Haus verwendung.
In unserer Pfarrkirche nahmen wir ein phantastisches Hochamt auf. Mit super Chor und Solisten. Da wurde das Tonband bestaunt, wie etwas von einem anderen Stern!
An Wochenenden lagen ich, Freund Claus und zwei Mädels Kreuz und quer auf meiner breiten Lagerstätte. Wir knutschten was das Zeug hielt.
Ich unerfahren wie die Jungfrau von Orleans, musste meine Erfahrungen erst Wort wörtlich, ertasten und erfühlen. Meinem Mädchen überkam bei diesen intensiven Berührungen ein rauschender Orgasmus. Ich konnte anfangs diese Gefühlsregung nicht recht deuten. Später wurde diese Liebesmusik zu meinen Favoriten. Doch bis dahin war noch ein weiter Weg.
Das nächste High light mit der Blindenkapelle war ein Ball in der Dallier, nahe dem Opernhaus mitten in Graz.
Die spärlichen Instrumente wurden per Straßenbahn zum Ziel befördert. Meine Mama half mir das schwere Akkordeon von der Tram Station zum Ballsaal im zweiten Stock zu tragen.
Eine große Bühne, um unsere Künste ausbreiten zu können.
Nach zwei Stunden Konzertmusik gingen wir über das Publikum zum Tanzen zu bewegen. Es wurde fleißig zu Wienerwalzer, Tango und Voxtrot das Tanzbein geschwungen. Als wir den Rasper anstimmten, hopste das Publikum begeistert, alle 400 Beine, den Rasperschritt.
Meine Mama war ins Kaffee ins Erdgeschoß gegangen, um einen Kaffee zu trinken. Als die etwa Zweihundert Menschen im Ballsaal im Rhythmus stampften fing es im Kaffee unten zu schneien an. Der Verputz des alten ehrwürdigen Gebäudes löste sich und bedeckte Tisch und Boden mit einer weißen Schicht.
Mama trank rasch ihren Kaffee aus und verließ fluchtartig den Raum. Ganz verstört erzählte sie uns dann, wie es durch den stampfenden Rhythmus den Verputz von der Decke löste.
In der Sonntagszeitung war dann ein Artikel über dem Ball zu lesen, wo auch eine Blindenkapelle zum Tanz aufspielte.
Der Ball war eine Veranstaltung der Partei VTU, der jetzigen FBÖ, Das brachte Beier als unseren Kapellmeister, eine scharfe Rüge von der Verbandsleitung ein. Parteiobmann war sehr verstimmt, das passte nicht in die sozialistische Ideologie
Das muss ich dir noch erzählen!
Wir spielten bereits einige Wochen im Heinrichshof als Berufsmusiker und hatten noch keinen Namen für unser Trio. Da kam uns der Zufall zur Hilfe. Fritz und ich besuchten ein Kino, hier wurde ein Film von Ölbohrungen in Mexiko gezeigt. Die Männer riefen sich: „Petroleros, Amigos“ zu. Das „Amigos“ blieb in den Köpfen hängen. Es wurde zu „Drei Amigos.“ Dieser Name begleitete uns die nächsten 15 Jahre.
In Radios und Musikboxen spielte man Bill Haley's „Rock around the Clock“.
Erich half im September bei einem Alleinunterhalter aus. Er kam zurück und sagte: „Ich hab da was Tolles! Die Leute fahren darauf ab, ganz verrückt!“ Am Abend sang er die ersten Töne: „One to three a Clock for a Glock Rock “
Das Publikum reagierte wie elektrisiert. Die Musik ließ sämtliche Tabus und Hemmungen vergessen. Alles tanzte und schrie und klatschte im Rhythmus.
Am Samstagabend erreichte die Begeisterung ihren Höhepunkt. Bei den ersten Takten riss es alle von den Stühlen, jung und alt. Die Stimmung steigerte sich und schließlich standen alle auf den Tischen, auch Chef und sämtliche Honoren
der Darokrunde. Mit den blechernen Serviertellern schlugen sie den Takt zur Musik zu Rock'n'roll.
Keine andere Musik in meinen 32 Berufsjahren hat die Menschen derartig begeistern können wie der Rock'n'roll.
Ein gewisser Freddy Quinn sang das Lied: „Brennend heißer Wüstensand.“
Dieser Song war wie für unser Trio zugeschnitten. Er entwickelte sich zum beliebten Ohrwurm für unsere Stammgäste.
Damals ging man noch zu Fuß in die Tanzlokale, Autos waren Mangelware. Der Alkoholpegel spielte überhaupt keine Rolle. Man konnte saufen bis zum Umfallen.
Das nahm manchmal verrückte Ausmaße an. Nach offizieller Sperrstunde um 4 wurde die Lokaltüre abgeschlossen. Der Stammtisch war voll Besetzt und Champagner und Kognak flossen in Strömen. Das lief dann so weit,
ein „Mulatschack“ kam ins Spiel. Jeder trank sein Glas auf ex und warf es an die Wand. Wenn dann die Scherben den blank polierten Boden bedeckten, fuhr man mit den Schuhen Schlittschuh auf dem Scherbenschrott. Mit Anlauf durch den Dreck gerieselt.
Der Chef war Meister in dieser Disziplin.
Frau Chefin musste nächsten Morgen den Schaden beseitigen. Mit Fluchen und Beschimpfungen Richtung Ehemann wurde geschliffen, gebohnert und gewachst.
Chef lag 2 Tage krank im Bett, Kopfschmerztabletten und Tee brachte ihn dann halbwegs wieder auf Vordermann. Am dritten Tag zu uns gerichtet: „Nur keine laute Musik…“
Zur Beruhigung klimperte ich einen Evergreen nach dem anderen. Bis ein Gast mit einem besonderen Wunsch diese Ruhe platzen ließ.
In unserer Straße, zwei Häuser weiter, entdeckten wir den Friseursalon Tassenbacher. Da hatte es liebe junge Mädels und die herzige Tochter Anneliese. Die alle standen in der Lehre und mussten auch das Handwerk vom „Männer rasieren“ erlernen. Wir kamen da als willkommene Modelle in ihre Gasse.
Fritz und ich gingen fast jeden Wochentag in diesen Laden. Wir veranstalteten dort das reinste Lachkabinett. Das tat aber dem Gesichtsmuskeln, wo die Lehrmädchen die Klinge führten, gar nicht gut. Wir trugen einschneidende Erfahrung davon.
Fritz ziert noch heute eine Narbe an der Wange. Wir hatten solchen Riesenspaß, dass uns das nicht die Bohne ausmachte.
Fritz und ich waren ein bisschen in Anneliese Tochter vom Chef verknallt. Doch keiner hatte den Mut es ihr zu sagen.
Anlässlich des Hausballes im Heinrichshof war Familie Tassenbacher erschienen. Ich schickte Anneliese eine Rose. Sie kam zur Bühne und gestand mir:
„Franzi ich liebe dich“ flüsterte sie leise.
Es lief mir heiß über den Rücken, doch mir blieb eine Antwort im Halse Stecken.
So erfuhr sie nie, dass ich sie auch liebte.
Drei Musiker von unserer Blindenkapelle waren verheiratet.
Franz Beier hatte großes Glück mit seiner sanftmütigen Ehefrau Grete. Die ging Beier wo es nötig war zur Hand. Trotz allem hatten wir Blindenführhunde. Solche Tiere waren auch allen möglichen Stimmungen ausgesetzt. Im Probelokal wo vier solcher Hunde aufeinander prallten, musste schlichtend eingegriffen werden. Jeder wollte seine Vorherrschaft verteidigen, was mit lautem Gebelle und Knurren unterstrichen wurde.
Beier Franz füllte abends wie gewohnt den Futternapf für seinen Hund und platzierte ihn in der Ecke der Küche. Ehefrau Grete wollte einen Brocken Fleisch in die Schüssel zurück legen, der durch das Heftige Schlappern des Hundes hinausgeworfen wurde. Der Hund hat das wahrscheinlich missverstanden und verpasste Grete eine tiefe Bisswunde. Franz und Grete waren wie geschockt“ Diese Wunde musste im Spital genäht werden. Gleichzeitig wurde ihr Ein Medikament gegen Tollwut gespritzt.
In den folgenden Tagen klagte sie wegen Kopfschmerzen und flimmern vor den Augen. Grete dachte erst, „Das wird schon wieder vergehen.“ Aber als es rapide schlechter wurde, suchte sie den Hausarzt auf und der schickte sie sofort ins Spital. Nach längeren Abklärungen wurde eine Nebenwirkung des Tollwutmedikaments festgestellt. Es hatte was mit der Durchblutung des Auges zu tun. In kürzester Zeit war das Augenlicht von Grete total verschwunden und konnte auch nicht wieder hergestellt werden.
Nun waren Franz und Grete Beier ein blindes Ehepaar, die mit weißen Stock und Blindenführhund durch die Stadt gondelten. Für die häuslichen Verrichtungen ging ihnen die treue Seele Rosa zur Hand, die schon einige Jahre ihnen half den Haushalt zu meistern.
Der nächste Auftritt mit der Blindenkapelle im Puntigammerbierkäller war ein größeres Projekt.
Ein Klavier war nicht vorhanden, so mussten wir mit zwei Akkordeon auskommen. Für Rudi Foigt war das kein Problem, da die meisten Noten die er am Klavier verwendete, sowieso Bearbeitungen für Akkordeon waren.
An diesem Abend wurden viele Reden geschwungen und jedes Mal vor der Ansage wurde das mit einem Tusch von uns angekündigt. In c dur.
Vor so einen gewünschten Tusch traf ich mit Foigt die Abmachung: Wir spielen in cis dur und Beier fiedelte mit seiner Geige intensiv in c dur. Ich rief nachher:
„Franz du spielst aber falsch!“
Das hättest du hären und sehen müssen, wie Franz verrückt wurde, als er dahinter kam, dass Foigt und ich ihn gelegt haben.
„Franzi! Das machst du mir ja nie wieder, da verstehe ich keinen Spass!“
Ich wollte Beier Franz damit nur etwas ärgern, das ging aber kläglich in die Hosen. .