Das Löweneckerchen

Lyrischer Prosatext zum Thema Freude

von  LotharAtzert

7. Juni 014
Eine junge Lerche sitzt etwa drei Meter von mir entfernt, direkt über dem Buddha aus weissem Porzellan. (... vorletztes Jahr für 10 Euro bei Woolworth gekauft)
"Scheiß' ihm nicht auf den Kopf" denke ich in ihre Richtung und bewege den Körper vorsichtig auf der Holzbank, so daß sie mich wahrnehmen kann, ohne erschrecken zu müssen. Darauf hüpft sie auf ihrem Ast eine Handbreite nach links, scheißt, bleibt noch eine Weile und fliegt dann in einen anderen Teil ihrer Welt. Solche Ungekünsteltheiten erfreuen mich: von Furchtsamen nicht gefürchtet, doch geachtet zu werden.


Jedes Erlebnis vermag dem etwas zu spiegeln, der es erlebt. Vorausgesetzt, man mißt  Geschehendem Bedeutung bei und versucht es zu ergründen, wie man Träume als Botschaften des Unbewußten ergründet. Bei einem Moskitoangriff kam mir das Bild: - ich war als Kind maßlos im Saugen an der Mutterbrust und muß nun ihren Schmerz und meines Undanks Folgen auf diese Weise bewußt erfahren. Jetzt juckt und spannt die Haut und erfüllt mich dennoch mit Freude ob dieses Wunderbaren am Kreislauf der Natur, die unser aller Mutter ist: alle Erschütterung pflanzt sich in rhythmischen Wellen fort und die Maßlosigkeit des Inhalierens an Leben taucht auf im Erscheinen hungriger Insektenschwärme.


Die Lerche kehrte o Wunder noch einmal zurück. Dabei kam sie auf Armlänge heran, setzte sich schräg über meinem Kopf auf den Haselnußzweig nieder, so daß ich mit einem mal nicht mehr wagte, den Körper zu bewegen, ja vergaß fast das Atmen.
Das kleine, flauschige Wesen mit noch goldgelbem Schnabel fixierte mich erst mit dem rechten, darauf mit dem linken Auge und ich dachte, wie immer, an Dich, die du im Empfinden so nah und körperlich doch Lichtjahre fern bist, o Geliebte.
- Mein Herz erkennt Dich immer und in jeder Gestalt. ...


Das mit dem Porzellanbuddha mit Blickrichtung auf jenen Kreis aus alten Bruchsteinen und lockerer Erde scheint sich herum zu sprechen, zumindest unter Katzen.
Erst kam nur eine zum Kacken, kurz darauf waren es zwei.
Den Erhabenen wird der Anblick von Ärschen gleichmütig lassen und ... ich denke inzwischen ganz profan über die Produktion von Düngemittel nach.
Dabei wollte ich heute jedes Atom des rubinroten Tempranillos würdigen. Aber nach dem zehnten Schluck und der elften Schmeißfliege an Katzenkacke denke ich nur noch an Dich, wie Du in den Himmel aufsteigst, jauchzend Ton an Ton fügst, bar jeder Erdenschwere.

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Kommentare zu diesem Text

BabetteDalüge (67)
(09.06.15)
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 LotharAtzert meinte dazu am 09.06.15:
Jaja - die Gerätschaften der modernen Welt sind in ihrer Funktionalität alle den Insekten abgeschaut, die keine Individualität, dafür aber Staatenbildung kennen.

Aber hast Du Dich nicht über den Titel gewundert? Ich hab den bei den Gebrüder Grimm gefunden, wonach das Löweneckerchen der poetische Ausdruck für die Lerche ist.
Danke auch für die Empfehlung.
BabetteDalüge (67) antwortete darauf am 09.06.15:
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 LotharAtzert schrieb daraufhin am 09.06.15:
Ich faß' das mal als Kompliment auf ...
Gringo (60)
(09.06.15)
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 LotharAtzert äußerte darauf am 09.06.15:
Das war so entspannt, daß ich noch im Jahr 014 hier- und jetztete.

Danke, das freut mich außerordentlich.
Gruß
Lothar
(bei -eckerchen denk' ich jetzt immer an Leckerchen ...)
Festil (59)
(09.03.16)
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 LotharAtzert ergänzte dazu am 10.03.16:
Nein, ich habe zu danken für's wohlwollend aufgenommene Lesen.
Gruß
Lothar
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