Zwischen Kritik und Propaganda.

Rezension zum Thema Krieg/Krieger

von  DerHerrSchädel

Clint Eastwoods Kriegsdrama „American Sniper“ ist zugegebenermaßen kein ganz neuer Film, dennoch lohnt es sich, darüber einen Kommentar zu schreiben. Der Film ist eine Hommage an den von vielen Amerikanern als Kriegshelden verehrten Scharfschützen Chris Kyle, der 2013 von einem Kriegsveteranten erschossen wurde. Er basiert weitgehend auf Kyles gleichnamiger Autobiographie.

Der Film beschreibt, wie sich Kyle nach den Terroranschlägen vom 11. September entschloss Soldat zu werden. Als Scharfschütze war er an vier Einsätzen im Irak beteiligt, Mit über 150 beglaubigten Tötungen gilt er heute als erfolgreichster Scharfschütze in der Geschichte der US-Army.

Eastwood betrachtet „American Sniper“ als Anti-Kriegsfilm, der zeige, wie der Krieg Soldaten seelisch zugrunde richte. Tatsächlich hat der Film seine stärksten Momente, wenn er zeigt, wie schwer es Kyle gefallen ist, nach seinen Kriegseinsätzen wieder ins zivile Leben zurückzufinden. Aber als Antikriegsfilm versagt Eastwoods Film auf zwei Ebenen vollständig. Da ist einerseits die politische Ebene, die fast völlig ausgeblendet wird. Weder werden die Motive des Irak-Krieges hinterfragt, noch werden sie überhaupt erwähnt. Ebensowenig die zahlreichen Verbrechen der US-Army und die katastrophalen Fehler beim Wiederaufbau, die zur späteren Entstehung des Islamischen Staates maßgeblich beitrugen. Stattdessen werden die Iraker als hinterhältig, barbarisch und grausam dargestellt, die Tötung von Frauen und Kindern durch das US-Militär auf subtile Weise gerechtfertigt.

Und hier versagt American Sniper auf einer zweiten Ebene, und zwar der Darstellung des Protagonisten: Chris Kyle ist eine überlebensgroß dargestellte Heldenfigur, mit einem eindimensionalen politischen Weltbild, das von Nationalismus und Militarismus geprägt ist und einem simplen Freund-Feind-Schema folgt. Kyles Gegner sind lediglich Anoyme „Wilde“, die er massenhaft über den Haufen ballert.

Wo Eastwood als Regisseur inhaltlich Stellung beziehen müsste, übernimmt er einfach Kyles reichlich simple Sichtweise. Reflexion über oder gar Kritik an seiner Figur wagt er nicht. Der kritische Aspekt des Films beschärnkt sich dann auch auf die fehlende Unterstützung, die amerikanischen Kriegsveteranen von Seiten des Staates unterhalten. Das ist ein wichtiges Thema, aber bei einem Film über den Irak-Krieg wäre so unendlich viel mehr zu thematisieren gewesen. Stattdessen hat Eastwood ein martialisches Heldenepos geschaffen, das den Krieg als solches zwar nicht glorifiziert, durch dessen entpolitisierte und einseitige Darstellung jedoch viel Raum für fragwürdige ideologische Auslegungen lässt. Wenn Eastwood mit „American Sniper“ einen Antikriegsfilm machen wollte, ist damit er auf ganzer Ebene gescheitert!

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (03.03.17)
Ganz gleich was Eastwood sagt, dass mit dem "Antikriegsfilm" nehme ich ihm bei deiner politischen Einstellung nicht ab. Ich habe den Film nicht gesehen, aber "die fehlende Unterstützung, die amerikanischen Kriegsveteranen von Seiten des Staates erhalten" ist ja auch das Thema in vielen amerikanischen Serien. Es ist oft nicht mehr als die rührselige Zurschaustellung, von scheinbarem Mitgefühl, die a) das politische überdecken soll, aber auch b) das fatale Versagen des US-ameikanischen Gesundheitssystem kaschieren soll. Denn wer nach einem Einsatz z.B. im Irak so schwere psychische Störungen mit sich trägt, dass er absehbar nicht mehr diensttauglich ist, wird aus der Armee entlassen, womit seine Krankenversicherung erlischt. Dann ist er auf die Charity der feinen Gesellschaft angewiesen, jene Leute, die eine allgemeine Krankenversicherung verhindern und sich gleichzeitig für ihre Wohltätigkeit so gerne feiern lassen. Aber unter Onkel Donald wird natürlich alles besser, denn er will ja wieder Kriege gewinnen.

 DerHerrSchädel meinte dazu am 03.03.17:
Eastwood ist Republikaner, hat den Irak-Krieg nach eigenem Bekunden aber abgelehnt. Was er wirklich dazu denkt, weiß ich nicht. Aber grundsätzlich gebe ich dir Recht. Im Übrigen fällt Eastwoods Kritik auch reichlich verhalten aus, da sein held die Traumata vergleichsweise einfach wegsteckt.

Typisch republikanisch ist, dass der Film nicht, wie von dir bemerkt, zu staatlichen Maßnahmen aufruft, stattdessen wird der Protagonist selber tätig und Veteranen. Mitgefühl und Charity statt funktionierendem Wohlfahrtsstaat, das übliche eben.

 Dieter_Rotmund (03.03.17)
Gerne gelesen, auch wenn ich es nicht so mag, dass Filme ausschließlich gesellschaftspolitisch beschrieben werden.

 DerHerrSchädel antwortete darauf am 03.03.17:
Ich verstehe dein Argument, aber bei diesem Film bleibt im Grunde nicht viel Anderes übrig. Der ganze Film ist Statement, der Protagonist ein Monument, da ist kein Raum für Anderes, schon gar nicht für Tiefe.

 Dieter_Rotmund (02.01.21)
Tatsächlich ist der Film heutzutage weitgehenst vergessen, ich kenne ihn auch nicht. Eastwood hat tolle Filme gemacht, aber auch mal Ausrutscher gehabt...
Terminator (41)
(02.01.21)
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 Teichhüpfer schrieb daraufhin am 02.01.21:
Wer hat Elvis getoppt, denk darüber Mal nach..

 Dieter_Rotmund (08.10.21)
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