Der Alltagsheld

Sonett zum Thema Alltag

von  Walther

Der Alltagsheld

Ein Seufzer bricht noch aus den schwachen Lungen.
Die Augen brechen nach dem letzten Zug.
Ein Mahnen folgt dem steten Vogelflug,
Ein Leben hat sich gänzlich ausgewrungen.

Es bleiben Worte und Erinnerungen.
Der, der da ging, war weise. Er war klug
Und kannte von der Reise schon genug:
Er hatte sie mit Mut und völlig ungezwungen

Begonnen, seinen klaren Weg gefunden,
Und diesen ging er unbeirrt voran.
Er hat sich niemals einen Kranz gewunden

Und wusste dennoch immer, was er kann.
Am Ende hat das Leben ihn zerschunden;
Nun liegt er hier, entspannt, als toter Mann.


Anmerkung von Walther:

Der unbekannte ganz normale Alltagsheld hat kein Denkmal, das hat ihm der unbekannte Soldat voraus. Der tägliche Kampf ums (Über-)Leben ist wenig Notiz wert - jetzt sind beidem 14 Zeilen gewidmet.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (07.02.18)
Lieber Walther,
eine schöne Idee! Das Thema "Alltagsheld" schrie danach, dass sich endlich einer dessen annahm.
LG
Ekki

 Walther meinte dazu am 07.02.18:
Hi Ekki,

danke für die empfehlung.

man macht sich als lebender seine gedanken, wenn man die ansprachen und predigten auf beerdigungen hört sowie die nachrufe liest. wo bleibt max mustermann, wo wird er als vorbild herausgestellt? jetzt hat auch otto normalverbraucher max mustermann seinen nachruf. nun, lieber Ekki, fehlt der für seine frau, die maxi. die muß jetzt wegen der genderneutralität ganz schnell nachgeliefert werden.

ich glaube, ich sollte mal ne runde nachdenken gehen. vielleicht fliegt nach herrn muse jetzt mal frau muse, diese lose, vorbei und scheißt mir ein paar sinnige verse ins hirn.

lg W.

Antwort geändert am 07.02.2018 um 12:37 Uhr
Dieter Wal (58) antwortete darauf am 08.02.18:
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 Walther schrieb daraufhin am 08.02.18:
Hi Dieter,
danke für dein statement. du übernimmst eine wichtige aufgabe. ich habe letztens meine patentante mit einigen geschichten und einem sonett verabschiedet. das war schwer - und es war gut, weil es die verstorbene noch einmal in ihrer menschlichkeit aufleben ließ..
natürlich ist eine trauerfeier ein übergang - meist aus einer schweren zeit in einer zuerst noch schwerere. ich neige dazu, die ironie unseres tuns und handelns immer zu spüren. mein text gestaltet und gestattet mehrere sichtweisen, die sich im laufe des texts auffalten und danach wieder schließen:
Nun liegt er hier, entspannt, als toter Mann.
lg W.

Antwort geändert am 08.02.2018 um 12:52 Uhr
Dieter Wal (58) äußerte darauf am 08.02.18:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Walther ergänzte dazu am 08.02.18:
danke vielmals. das gelingt nicht immer so flüssig ...

 GastIltis (07.02.18)
Hallo Walther, ein Text. Normal! Ein Mensch, real, vernünftig, endlich! Und etwas zu lesen! Wie beruhigend aufregend! Und das heute! Schön. Viele Grüße von Gil.

 Walther meinte dazu am 07.02.18:
Hi Gil, keine angst, kommt nie wieder vor. danke fürs empfehlen. lg W.

 Didi.Costaire (08.02.18)
Faszinierend ist, wie hier die Verse nach hinten heraus an Qualität gewinnen. Während die Zeilen schlicht und teils mit Wortwiederholungen beginnen und in der Mitte formal und inhaltlich recht ein- bis zweisilbig bleiben, zeigt sich insbesondere in den Reimwörtern Originalität und Individualität, die freilich einhergeht mit metrisch absolut sauberen Versen samt umarmenden Reimen als äußeres Zeichen einer strengen Ordnung, die nur durch den versverlängernden Mut zur (vermeintlichen) völligen Ungezwungenheit in V8 unterbrochen wird.
So etwa stelle ich mir dann auch diesen Alltagshelden vor. Jemand, der es am Anfang nicht leicht hatte und sich mit viel Disziplin durchkämpfen musste, um zu sich selbst zu finden, was er allerdings letztendlich nicht wirklich zulassen mochte. Nun aber darf er endlich entspannen.
Beste Grüße, Dirk

 Walther meinte dazu am 08.02.18:
Hi Dirk,
danke fürs entdecken. genau das war der sinn der sprachlichen veränderung über den text hinweg. alles ist wichtig. auch der ton der vokale.
das "völlig" in s2v4 könnte man herausnehmen. der preis wäre hoch, weil der vers dadurch einen ironischen spin bekommt, der sonst nicht herausarbeitbar wäre. daher habe ich es mir erlaubt, einen zusätzlichen takt (6 statt 5) zu akzepieren.
ich habe, bei aller reflexiven distanz, viel für den alltagshelden übrig. und ich meine durchaus, daß wir dankbar sein sollten, wie viele ihr leben anpacken, meistern und mehr tun, als sie müßten - ohne daß es irgendjemanden wirklich interessiert.
lg W,

Antwort geändert am 08.02.2018 um 13:00 Uhr
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