Trauerndes Sonett für Seelenlose

Sonett zum Thema Abgrund

von  Walther

Trauerndes Sonett für Seelenlose

Es rief ein Mensch nach seiner Seele, die ihn floh,
Als er den Kaffee brühte und sein Tischlein deckte
Und an der Wand ganz unerkannt jemand verreckte:
Die Fliege tat, was Fliegen tun, und sowieso

Sind Fliegen endlich. Äpfel aß er immer roh,
Gewürfelt im Bananenmüsli, das ihm schmeckte,
Als er die Zeitung lesend sich die Finger schleckte:
Er kaufte sie gern kistenweise und en gros.

Die Seele flog dahin, so flüchtig wie die Fliege,
Als die die Küchenkamikazekreise zog
Und er sich dachte „Wenn ich dich zu fassen kriege!“,

Was er nicht kriegte, weil ihm ja etwas entflog:
Er spürte den Verlust und seine falschen Siege,
Als ihm sein armes Seelchen sich ganz sanft entzog.

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Kommentare zu diesem Text

Dieter Wal (58)
(20.01.20)
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 Walther meinte dazu am 20.01.20:
Hi Dieter,
danke fürs lesen und besprechen.
das sonett ist perfide. und natürlich ist es in seiner barocken struktur und sujet ein memento mori vertreter reinsten wassers, aber in einer art zugleich epigonal und epochal (letzteres nicht im sinne von supergeil, sondern im sinne zeitalter, hier: heutig), daß es sehr böse dasselbe dekliniert.
ich erhebe durchaus den anspruch an die leser und mich, daß beide sich der bezüge bewußt sind, in die form und sprache uns stellen - und daß sie diese bezüge ins heute spiegeln und brechen. hier geschieht beides zugleich. und das ganz bewußt und voller zynisch-sarkastischer absicht.
lg W.

Antwort geändert am 20.01.2020 um 12:47 Uhr
Dieter Wal (58) antwortete darauf am 20.01.20:
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 Walther schrieb daraufhin am 20.01.20:
in der tat, lb. Dieter. bösibösi, der sonetter. lg W.
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