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Erzählung zum Thema Ende

von  RainerMScholz

B-Bop-Bone kam herein. Zehn Minuten später folgte Seveso. Es war acht Uhr abends.
„Dieser verfickte Arsch hat einfach gesagt, er braucht mich nicht mehr. Das war alles: Verpiss dich, Kanake.“
„Und wieso?“
„Weiß ich doch nicht.“
Bone war wieder ‚freigestellt’ worden, und er war schon angeschossen mit pulvrigem Dreckzeug.
„Du hast ihn aber nicht angefasst oder so?“
„Nein.“
„Wieso kannst du nie irgendwo einen billigen Job behalten. Jeder Idiot kann das.“, warf Seveso ein.
„Ja? So `was wie du machst, richtig?! Kloschüsseln sortieren für unterbezahlt, oder wie.“
„Hey, quatsch mich bloß nicht so an. Für mich zahlt nicht der Staat.“
„Oh natürlich, ich bitte vielmals um Entschuldigung, Mister Arbeiterklasse. Für dich zahlen ja die verhutzelten Omas, die dir dann den Morgenrock aufknöpfen, wenn du ihre Kachelbidets installierst.“
Seveso lief rot an, doch bevor er aufstehen konnte, hielt T. ihn am Arm und winkte Veit für eine weitere Runde. Bone funkelte über den Tisch.
„Macht euch `mal locker. Wir haben Spaß hier. Habt ihr heute die Zei­tung gelesen, Nachrichten, hm?“
„Was denn?“
„Leck mich. Ich geh´ pissen.“
Seveso stand auf, die bulligen Springerstiefel stampften an Clarissa vorüber zur Toilette. Mit unbewegter Miene sah sie zu T.Kid und Bone, strich ihren giftiggrünen Rock gerade und bediente die anderen Kunden weiter. B-Bop-Bone glotzte ihren katzenhaften Hüftbewegungen trunken hinterher.
„Die würd´ ich gern´ `mal.“
„Aber nicht mit dem Pegel. Hast du vom Ripper gelesen?“
„Was?“
„Stand in der Blut-und-Blöd-Zeitung. Der was-weiß-ich-wievielte Mord. Ein Gemetzel! Völlig sinnlos! Ohne Motiv oder sonst `was.“
„Ja und?“
„Ist doch cool, Bone.“
„Was soll daran cool sein. Irgend so ein Spinner, der Leute killt. Na und!?“
„Aber genau das ist es doch: Weil es scheinbar grundlos geschieht. Der ultimative Mord. Einfach so! Aus einer Laune heraus, einem Impuls fol­gend, der gar nicht erst formuliert werden muss. Ein Gedanke, eine Idee, und dann sofort die Tat. Keine Reflexion, kein innerer Disput, kein Gewissen.“
Thermonuklear zog mehrere ausgeschnittene und zusammengefaltete Zeitungsartikel aus der Gesäßtasche.
„Pass auf, hier steht’s: Ein unbescholtener Nachtwächter kurz vor der Rente, eine Studentin und ein junges Pärchen im Stadtwald in einer Klein­gärtnerkolonie nahe des Goetheturms oder so. Der Zusammenhang ist, dass es keinen gibt, das Fehlen jeglichen Motivs. Der Nachtwächter, aufge­schlitzt an seinem eigenen Waschbecken, die Kommilitonin mit einer schar­fen Klinge, wahrscheinlich das obligatorische Rasiermesser, und die Teenies im Wald beim Vögeln, durchsichelt wie mit der Sense.“ „Das ist doch Kacke. Die schreiben doch nur Blödsinn, die wissen`s doch nicht besser, und die Bullen rücken nicht mit der Wahrheit `raus, bis sie den Typ geschnappt haben. Was soll’s also. Kennt man doch: ‚Papst von Außerirdischen kontaktiert’ oder ‚Hausfrau stranguliert Ehemann mit Penispeitsche’, der Mist eben. Schlagzeilen, T.. Und jetzt läuft eben Jack frei `rum und bringt wahllos Leute um. Sie könnten der nächste sein. Ist doch eher Freddy`s Nightmare, Teil 13 oder Halloween, Michael Myers. Und am Ende war`s irgend so ein unscheinbarer Bankfutzi mit Schlips und Krawatte.“
„Aber die Faszination des Tötens ohne Motiv. Ist doch eigentlich egal, was hier steht. Die Opfer sind tot. Jemand wollte `mal sehen, wie das so ist: Einen Menschen ermorden. Welches Gefühl dahintersteckt. Ohne Grund oder Anlass. Du gehst hin, sagst ‚Tach, wie geht’s denn so’ und drückst ab, einfach so. Und guckst zu, wie der Typ in seinem Blut röchelt und dich dabei fassungslos mit seinen brechenden Augen anstarrt, verreckt ohne Sinn und Ver­stand. Steckst die Kanone ein, drehst dich um und gehst weg.“
“Clint Eastwood. Make my day. Oder: ‘Hasta la vista, baby’. Alles schon gesehen.“
„Ja, in der Glotze vielleicht, Arschloch. Aber das ist Realität. Das wahre Leben.“
„Das glaubst du! Das ist der Schizo, der in deinem Kopf sitzt und sich absurde Geschichten ausdenkt. Selbst wenn da draußen einer `rumrennt und Leute abmurkst - einen Grund gibt’s immer, harte Kindheit oder etwas. Der wirklich Kranke bist doch du hier. Die ganze Massenmörderscheiße geht mir schon so auf den Hodensack. Ich bin nicht so abgefahren wie du. Ich bin froh, wenn mich alle und alles in Ruhe lassen. Da muss ich mir nicht noch `was ausdenken, damit sie mich drankriegen. Shit happens, you know; alles nichts geht.“
Seveso kam von der Toilette zurück.
„Was ist jetzt los. Machst du schon wieder Ärger oder was?“
„Frag´ `mal deinen Mörderfreund hier. Der erzählt dir dann schon.“
T.Kid wiederholte die Ripper-Sache, B-Bop-Bone ging zur Theke und bestellte ein Bier und drei Tequilla, weiß.
„Das ist doch Halloween.“
„Ihr versteht nicht, was ich sagen will. Darum geht’s mir doch gar nicht
„Hier, `was zu trinken,“, B-Bop kam mit den Tequila, „vergessen wir`s einfach.“.
„Mir ist das ernst, verdammt.“
„Mir auch.“
Seveso nimmt die Zitronenscheibe zwischen Daumen und Zeigefinger, reibt das Fruchtfleisch über den verkrümmten rechten Handrücken, streut Salz darüber, trinkt den Tequila und leckt an dem Zitronensalzschweiß­gemisch, saugt die Wangen in die Mundhöhle, ballt seine Faust und schlägt auf den Tisch.
„Mja. Gut. Ich hol´ noch drei.“.
Er winkte Clarissa, die zwischen den Tischen bediente.
„Mach´ noch drei, Clarissa, Schatz.“
„Drei was?“
Sie trägt den grünen Latex-Minirock, schwarze durchlöcherte Nylons und ein grellrosa Bustier. Ihr geschwärztes Haar ragt wirr vom Kopf, sie spaltet die dünnen Lippen zu einem sarkastischen Lächeln.
„Tequila.“
Eine Aura von Professionalität und Koketterie, rotschimmernd im Gegenlicht. Sie entfernt sich, um den Schnaps zu holen. Alle drei sehen ihr nach.
„Schlampe! Die krieg´ ich auch noch.“
„Na klar, Seveso. Du kriegst sie noch alle.“, lachte Bone.
Er bekam den bösen Blick, und Thermonuklear-Kid klinkt sich aus, um seine Idee weiterzuspinnen. Das Netz.

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