Kritikerschelte. Boettcher, Wenzel, Willibald. Minidrama.

Text

von  Willibald

(Dialog mittels WhatsApp-Kamera-Videoanruf)

B. Boettcher:
Ich bin Reverend,  Referent Buddy Boettcher,
Experte für östliche und westliche Literatur
und speziell deutsche Nachkriegsliteratur der Gegenwart,
soweit sie lesbar ist und nicht im Regal vor sich hinfault.

Wenzel:
Nun ja.

Buddy Boettcher
(im rhetorischen und körpersprachlichen Habitus von Klaus Kinski):
Ich bin der Zorn Gottes.
Die Erde, über die ich gehe, sieht mich und bebt.
Sie müssen eins wissen, Herr Wenzel.
Jetzt, wo ich  von Ihnen Rezensionen  lese,
lese ich den scheißigen Auswurf eines rotzigen Soziopathen
mit Kritikasterblasen der schillernden Art.

(Wischt sich den Mund ab.)

Wenzel:
Schön, also gut:
Den Wettbewerb im Rumbelfern  haben Sie gewonnen.
Ich nehme  mein Gebiss heraus und lege es unter der Lampe ab.

Willibald
(ruft aus dem Hintergrund):
"Rumbelfern" ist ein schwaches Verb.
Kein Ablaut drin.

Wenzel 
Aber es ist ein spondeusnahes Verb.
Das ist stark.

Buddy Boettcher
Ihr seid beide armselige Gefangene in eurem selbst gewählten Käfig,
in dem die Blödheit regiert; außer Metrik und geschleimte Reime und bescheuerter Dudenfaschismus, besteht euer Universum nur aus Sülze.
Manchmal denke ich, dass Philologen mit ihrer Aktentasche ihr Gehirn Gassi führen.

Willibald
(Beiseite)
Wie der Herr Boettcher das wohl mit dem "außer" gemeint hat?
Auch der Kasus bei "außer" ist erwähnenswert.



ww

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Kommentare zu diesem Text


 LottaManguetti (17.03.20)
Das Gebiss! Herrlich!
Der Rest ist aber auch nicht von schlechten Eltern. ;)

Jaja, Bukowski und so ... aber nee, einer der Willibalds zumindest. Und was für einer!


Lotta

 Willibald meinte dazu am 17.03.20:
Salute, Lotta!

Dieser Boettcher hat auch was Surreales. Dieses Zeugs wie die Gnosis, die Aleatorik, die Ars combinatoria, der Idealismus, die deutsche und die französische Romantik, die Psychoanalyse.
Sag ich jetzt mal.

Tja und dann gibt es die nichtendenwollende Diskussion, warum dieses Sprechen irgendwie am Ende ist, während Bukowski, scheint mir, gar nicht verstaubt.

Ein besonders schönes Beispiel bei dem verehrten Adorno. Der schreibt unter dem Pseudonym „Castor Zwieback” surrealistische „Lesestücke”. Mitte des fünfziger Jahre gibt es dann aber Schelte von ihm für sich:
„Die dialektischen Bilder des Surrealismus sind solche einer Dialektik der subjektiven Freiheit im Stande objektiver Unfreiheit.”

recht vergnügt
ww

Antwort geändert am 17.03.2020 um 17:47 Uhr

 AchterZwerg (17.03.20)
Wenzel besitzt ein sehr schönes Gebiss; aber wo befindet sich die obere Hälfte?
Trägt die Willibald? Erfolgt die Lesung zweistimmig und -bissig?

Wer derzeit liest, hat eh verloren und könnte genauso gut eine frische Rolle blütenweißes Klopapier platzieren: Es fände sich kein Abnehmer,

ahnt
der8.

P.s.: Rumbelfern ist übrigens ein schwaches, aber gleichzeitig ein ganz starkes Verb. :)

 Willibald antwortete darauf am 17.03.20:
Grüß Dich, Heidrun. Das ist die obere Hälfte.
Und nicht zu vergessen, "rumbelfern" ist nicht nur ein starkes schwaches Verb, es ist auch spondeusnah.

Vergnügt grüßend.
ww

 Dieter_Rotmund (17.03.20)
Ich habe WhatsApp auf dem Telefon, aber was ist bedeutet "Dialog mittels WhatsApp-Kamera"?

 Willibald schrieb daraufhin am 17.03.20:
WhatsApp-Videoanruf, siehe entsprechendes Symbol.
🦉

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 18.03.20:
Dann schreib' das doch auch so, "WhatsApp-Kamera" ist sehr missverständlich.

Beste Grüße,

DR

P.S.: Symbol? Wo?

 Willibald ergänzte dazu am 18.03.20:
Jou, is mehrdeutig, der Kamerabegriff. Gucke Punkt 2:



Antwort geändert am 19.03.2020 um 10:26 Uhr
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