Gott im Monotheismus

Erörterung zum Thema Gott

von  Kleist

Monotheismus – Glaube an nur eine Gottheit
Polytheismus – Glaube an viele Gottheiten


  Monotheismus oder zumindest monotheistische Strömungen gibt es in vielen Religionen. Vor allem drei Religionen werden als klassisch monotheistisch bezeichnet. Es sind die abrahamitischen (d.h. auf den biblischen Stammvater Abraham zurückgehenden) Religionen Judentum, Christentum und Islam.

  Der Gott des Judentums ist aus mindestens zwei Göttern früherer polytheistischer Religionen hervorgegangen, was auch heute noch an manchen Stellen der Hebräischen Bibel sichtbar ist. Es sind in den Büchern Mose mindestens zwei Erzählstränge mit verschiedenen Gottesnamen (der „Jahwe“-Strang und der „El“-Strang) verwoben, und an anderen Stellen (z.B. Psalm 82) tritt der „eine Gott“ noch als einer unter mehreren auf. Gegen diese hat er sich dann im Laufe der Geschichte durchgesetzt und ist schließlich als einziger übriggeblieben.

  Dieser Monotheismus ging dann vom Judentum auf die beiden Weltreligionen, die aus ihm hervorgegangen sind (und auf manche andere religiöse Strömungen) über: Auf das Christentum und den Islam, die beide ihrerseits andere ältere polytheistische Religionen verdrängt haben.

Was ist nun philosophisch gesehen das besondere und neue am Monotheismus?

  Nun: in früheren Welterklärungsmodellen gibt es meistens eine Vielzahl verschiedener Gottheiten und anderer metaphysischer Wesen, die teilweise in Konkurrenz oder im offenen Kampf gegeneinander standen. Das spiegelt natürlich wieder (und bestimmte), wie die Welt gesehen wurde: als ein schwer zu durchschauendes Gewirr von widerstreitenden Prinzipien, Dynamiken und Interessen.

  Ein wenig ändert sich das Ganze, wenn unter den Gottheiten ein Gott (meistens war er männlich, wie die Götterväter Zeus bei den Griechen bzw. Jupiter bei den Römern oder Odin bei den Germanen) als höchster und den anderen übergeordneter Gott gesehen wird. Spuren davon sind auch noch im Christentum (vor allem im katholischen) zu sehen, wo Gott Vater über einem „Pantheon“ aus Heiligen und Engeln thront.

  Und dann wäre da noch der Teufel, der zwar „irgendwie“ Gott unterworfen ist, aber „irgendwie“ (d.h. je nach theologischer Auslegung) auch sein Gegenspieler bleibt. Und das sowohl im Christentum, als auch im Judentum und im Islam, die beide ansonsten klarer monotheistisch sind, weil sie zum Beispiel keine Dreifaltigkeitslehre und keine ausgeprägte Heiligenverehrung kennen.

  Wie auch immer: der Monotheismus, und das soll meine Kernthese sein, bietet die Möglichkeit, die Welt auf ein Grundprinzip zurückzuführen. Mehr noch: auf ein vernünftiges Grundprinzip.

  Wenn es nur eine Entität gibt, auf die sich alles zurückführen lässt, die alles durchdringt und beherrscht – und wenn diese es auch noch gut mit uns meint – dann schafft das eine ganz andere Grundlage dafür, die Welt zu verstehen und sich in ihr zurechtzufinden, als wenn wir vor einem Chaos an verschiedenen Mächten stehen, die sich gegenseitig durchdringen und bekämpfen.

  Man hat im Monotheismus meiner Meinung und Erfahrung nach eine gute Grundlage, sich vertrauensvoll auf die Realität einzulassen und zu versuchen, aus ihr schlau zu werden.

  Hinweisen möchte ich noch auf monotheistische Ansätze im Hinduismus, wo das Brahman als der eine Urgrund der Welt verstanden wird, und im Taoismus, der vielleicht unter den Weltreligionen am perfektesten monotheistisch ist. Das namensgebende Tao als die „Mutter des Alls“ ist sogar über Gut und Böse erhaben.

Außerdem möchte ich noch auf die m.E. sehr berechtigte Frage hinweisen, ob es nicht am konsequentesten (und vielleicht auch am nutzbringendsten) wäre, im Anschluss an die Reduktion eines ganzen Götterhimmels auf nur eine Gottheit nun am Ende noch einen Schritt weiter zu gehen, auch diese Gottheit zu verwerfen und dann beim Atheismus anzukommen.


Anmerkung von Kleist:

Geschrieben als Diskussionsgrundlage für einen philosophischen Diskussionskreis im November 2017.

Vermutlich der letzte Text (abgesehen von Tagebucheinträgen), den ich noch aus einer christlichen Perspektive geschrieben habe.

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (28.11.20)
Zunächst verhält sich das ältere Judentum mit seinem Gott zu den anderen Göttern nicht monotheistisch, sondern monolatristisch verhält: Die Existenz anderer Götter wird nicht bestritten, doch die Regel gilt, daß das jüdische Volk sie nicht verehrt, sondern ausschließlich seinen Volksgott. Man kann dies in den älteren Teile der Thora noch gut erkennen.
Wenn es nur eine Entität gibt, auf die sich alles zurückführen lässt, die alles durchdringt und beherrscht – und wenn diese es auch noch gut mit uns meint – dann schafft das eine ganz andere Grundlage dafür, die Welt zu verstehen und sich in ihr zurechtzufinden, als wenn wir vor einem Chaos an verschiedenen Mächten stehen, die sich gegenseitig durchdringen und bekämpfen.
Da frage ich mich, in welcher Art von Welt wir leben. Meine Eindrücke sprechen eher für den Polytheismus, und nicht einmal die monotheistischen Religionen kommen ohne einen großen Gegner Gottes aus: den Teufel.

(Mir ist bewußt, daß Du - s. Anmerkung - dabei bist, die christliche Ansicht zu überprüfen.)

Kommentar geändert am 28.11.2020 um 15:45 Uhr

 Kleist meinte dazu am 29.11.20:
Ich bin ja mittlerweile auch wieder beim Polytheismus gelandet.

Nur kam mir eine Zeit lang diese schön einfache Welterklärung das Monotheismus ganz gelegen. Sie hat z.B. auch zu meiner psychischen Stabilität beigetragen.

Dass sie nicht die einzig mögliche ist, ist mir klar.

 LotharAtzert (28.11.20)
"… bietet die Möglichkeit, die Welt auf ein Grundprinzip zurückzuführen. Mehr noch: auf ein vernünftiges Grundprinzip. ""
kreisch!

Kommentar geändert am 28.11.2020 um 16:14 Uhr

 loslosch (28.11.20)
leicht verständlich geschrieben. dass der monotheismus dem polytheismus überlegen sei, stimmt nur im blick auf den antiken götterhimmel. schon xenophanes machte sich lustig über die von menschen erfundenen götter-verwandtschaftsfehden.

wie schaut der monotheismus im katholizismus aus? du kannst zu maria beten, dass sie ein gutes wort für dich beim jesus-sohn einlegt. wenn du den schlüssel verlegt hast, betest du zum heiligen antonius usf. du hast es am rande angesprochen (kult um heilige und engel).

kritik: der schluss verrät deine kodder-schnauze. warum sofort auf den atheismus hüpfen, ohne die agnostiker zu erwähnen?

 Kleist antwortete darauf am 30.11.20:
Die Erwähnung des Atheismus sollte eigentlich nur eine Randnotiz sein. Aber stimmt natürlich: den Agnostizismus (genau so wie zum Beispiel auch den Ignostizismus) hätte man erwähnen können.

 AchterZwerg (29.11.20)
Auch der Monotheismus kommt nicht mit nur einem Gott aus (Dreifaltigkeit / Messiasglaube / Existenz des Bösen etc.).
Mal abgesehen davon ruht ein "neuer" Glaube stets auf den Schultern des älteren, anders hätte man ihn den "Heiden" gar nicht schmackhaft machen können.
Mein Lieblingsbeispiel hierzu ist die Jungfrau Maria, die bis aufs Haar ihrer "überlebten" Vorgängerin, der Göttin Isis, gleicht. Der Islam kennt seine Fatima.- Für mich persönlich spielt es keine große Rolle, welche Inkarnation Schutz unter ihrem blauen Mantel verheißt oder gewährt.

Dem Glauben und seinen Verlautbarungen liegt eine große Poesie zugrunde. Zeigt mir ein schöneres Gedicht als das Hohe Lied.

Und warum immer gleich mit dem Atheismus "drohen", der ja auch nichts anderes ist. Ebenso so wie die großen gesellschaftlichen Utopien der Menschheit.

Wer sich jemals ein wenig mit Ethnologie beschäftigt hat, weiß, dass sich die Urgeschichten der Menscheit stark ähneln, insbesondere die Literatur über die Genesis.

Das gibt zu denken.

Liebe Grüße
der8.

 Kleist schrieb daraufhin am 03.12.20:
Ja, klar: Die Religionsgeschichte ist ein steter Prozess mit ständigen Übergängen und Wiederholungen.

Dabei ist so was wie Monotheismus immer mal wieder dran, wenn auch - da gebe ich Dir Recht - eigentlich niemals in Reinkultur.

Am nächsten ist da von denen die ich gelesen habe noch  A-Halladsch herangekommen.
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