Auf Nummer sicher
Text
von MagunSimurgh
Dieser Text ist Teil der Serie Aus der Hand verlesen
Anmerkung von MagunSimurgh:
(überarbeiteter Text von 2009, falls jemand wirklich schon so lange mitlesen sollte)
Kommentare zu diesem Text
Hallo Magun,
das erscheint mir wirklich eine überfällige Erfindung zu sein: Sicherheitsstreichherzen, die sich kontrolliert entzünden. Eine erfrischende Idee, für die mache “gebrannten Kinder“ sicher dankbar wären. Was für “Hölzer“ gilt, sollte sich doch auch auf Herzen übertragen lassen. Du machst es uns in deinem Gedicht anschaulich vor. Alles wunderbar, bis auf den Phosphor, der fällt so extrem aus der Herz-Bild-Ebene heraus. Wie sollte ein Herz an Phosphor gelangen? Es lässt sich also doch nicht alles so einfach vom Streichholz aufs Streichherz übertragen. Soll es bedeuten, das Herz sollte “in seiner natürlichen Umgebung“ nie mehr entflammen? Nicht, wenn es an einem “Menschen schrammt“ oder ihm noch ein bisschen näher, noch näher kommt? Das fände ich zu traurig, zu sicher, zu kalt.
In Gedanken schreibe ich das Ende ein bisschen für mich um:
… die nur aufflackern,
wenn die (Nah-)Chemie stimmt
Das ließe der Hoffnung ein wenig Spielraum und dem Herzen die Möglichkeit “sicher“ aufzuflackern .
Dir verleihe ich den Titel: "Erfinder des Jahres", denn auf sowas muss man erst einmal kommen .
Liebe Grüße
mona
das erscheint mir wirklich eine überfällige Erfindung zu sein: Sicherheitsstreichherzen, die sich kontrolliert entzünden. Eine erfrischende Idee, für die mache “gebrannten Kinder“ sicher dankbar wären. Was für “Hölzer“ gilt, sollte sich doch auch auf Herzen übertragen lassen. Du machst es uns in deinem Gedicht anschaulich vor. Alles wunderbar, bis auf den Phosphor, der fällt so extrem aus der Herz-Bild-Ebene heraus. Wie sollte ein Herz an Phosphor gelangen? Es lässt sich also doch nicht alles so einfach vom Streichholz aufs Streichherz übertragen. Soll es bedeuten, das Herz sollte “in seiner natürlichen Umgebung“ nie mehr entflammen? Nicht, wenn es an einem “Menschen schrammt“ oder ihm noch ein bisschen näher, noch näher kommt? Das fände ich zu traurig, zu sicher, zu kalt.
In Gedanken schreibe ich das Ende ein bisschen für mich um:
… die nur aufflackern,
wenn die (Nah-)Chemie stimmt
Das ließe der Hoffnung ein wenig Spielraum und dem Herzen die Möglichkeit “sicher“ aufzuflackern .
Dir verleihe ich den Titel: "Erfinder des Jahres", denn auf sowas muss man erst einmal kommen .
Liebe Grüße
mona
Kommentar geändert am 24.03.2022 um 16:56 Uhr
Das Phosphor empfinde ich als extrem gehaltvoll und wunderschön in diesem Kontext. Extrem wandelbar.
Lieber Magun, ich weiß nicht weshalb, aber der Text trifft mich. Momentan sehe ich darin eine Schmährede auf die Emophilia, was das bedeutet muss ich Dir ja nicht erklären.
Abendliche Grüße
Misa
Lieber Magun, ich weiß nicht weshalb, aber der Text trifft mich. Momentan sehe ich darin eine Schmährede auf die Emophilia, was das bedeutet muss ich Dir ja nicht erklären.
Abendliche Grüße
Misa
Hallo Misanthrop,
Das würde mich sehr interessieren, wie du das im Kontext siehst. Mags du das ein bisschen näher ausfrühren? Wie du mitlesen konntest, tu ich mir mit dem "Phosphor" nicht so leicht. Da würde mir dein Zugang vielleicht weiterhelfen .
Liebe Grüße
mona
Das Phosphor empfinde ich als extrem gehaltvoll und wunderschön in diesem Kontext. Extrem wandelbar.
Liebe Grüße
mona
Hallo Mona,
ich bin zwar nicht Misanthrop, aber ich hing auch am Phosphor und bin zu folgendem Schluss gekommen: Der Phosphor auf der Reibefläche einer Streichholzpackung sorgt ja letztendlich dafür, dass sich das Streichholz (nur da) entzündet.
Im Kontext dieses Textes interpretiere ich also, dass sich die Gefühle nur unter bestimmten Umständen entwickeln sollen (nur wenn man sie am Phosphor reibt), also nur dann, wenn z.B. die Person oder der Zeitpunkt der richtige ist. Es ist letztendlich die rationalisierte Herangehensweise "Kopf über Herz"; ich "erlaube" und ermögliche dem Herz nur dann, seine intensiven Gefühle zu entwickeln, wenn die Umstände passen und es darf (sich nicht jedes Mal selbst entzündet, sondern eben nur wenn man es "am Phosphor reibt").
Das sind so meine Gedanken dazu
ich bin zwar nicht Misanthrop, aber ich hing auch am Phosphor und bin zu folgendem Schluss gekommen: Der Phosphor auf der Reibefläche einer Streichholzpackung sorgt ja letztendlich dafür, dass sich das Streichholz (nur da) entzündet.
Im Kontext dieses Textes interpretiere ich also, dass sich die Gefühle nur unter bestimmten Umständen entwickeln sollen (nur wenn man sie am Phosphor reibt), also nur dann, wenn z.B. die Person oder der Zeitpunkt der richtige ist. Es ist letztendlich die rationalisierte Herangehensweise "Kopf über Herz"; ich "erlaube" und ermögliche dem Herz nur dann, seine intensiven Gefühle zu entwickeln, wenn die Umstände passen und es darf (sich nicht jedes Mal selbst entzündet, sondern eben nur wenn man es "am Phosphor reibt").
Das sind so meine Gedanken dazu
Dankeschön, Detektivin !
Ich seh schon, ich hab mich in meinem Erstpost oben nicht klar genug ausgedrückt.
Die inhaltlich-interpretorische Ebene ist mir schon klar: ohne Phosphor in der Reibfläche kann das Streichholz nicht entzündet werden. Das macht ja die Sicherheit aus. Auf die Streichherzen übertragen heißt das, nur eine ganz bestimmte Art von Reibefläche kann sie entzünden - also nur wenns wirklich zusammenpasst, funkt's ! Ob das dann der Kopf entscheidet, oder welche Instanz immer, sei erst einmal außen vor.
Mein Problem mit dem Phosphor besteht in der Übertragung von Streihölzern auf Streichherzen, denn in diesem Text ist ja, zwar in Anlehnung an Streichhölzchen, nur vom Sicherheitsstreichherzen die Rede, vom "an einen Menschen schrammen" und von "lauwarmem Blut" etwa. Da frage ich mich auf dieser Bildebene, wo kommt auf einmal der Phosphor her, werden Herzen darin gebadet oder Menschen ... oder wie?
Jetzt habe ich in Gedanken nach einem Verbindungsstück gesucht, das beide Bilder verschränkt, die Analogie zum Streichholz ahnen lässt und genauso gut aufs Herz passt. Da hat sich mir das mit der Chemie angeboten, etwas wie:
"… die nur aufflackern,
wenn die Chemie stimmt."
als Bild dafür, dass Menschen(herzen) ganz gut miteinander können / zusammenpassen, wie auch für das Zusammentreffen der "richtigen Chemikalien", um ein Sicherheitsstreichholz zu zünden.
Ich war mir aber nicht sicher, ob Magun den Phosphor nicht extra deshalb gewählt hat, um das Herz extrasicher zu verwahren, weil Phosphor im Umfeld von Herzen, meines Wissens, äußerst, äußerst selten ist. Ich hab wieder zu weit ausgeholt und zu umständlich erklärt, tut mir leid! Aber ich hoffe, dass nun endlich klar wird, wo mein "Problemchen" liegt !
Danke für eure Geduld
und liebe Grüße
mona
Ich seh schon, ich hab mich in meinem Erstpost oben nicht klar genug ausgedrückt.
Die inhaltlich-interpretorische Ebene ist mir schon klar: ohne Phosphor in der Reibfläche kann das Streichholz nicht entzündet werden. Das macht ja die Sicherheit aus. Auf die Streichherzen übertragen heißt das, nur eine ganz bestimmte Art von Reibefläche kann sie entzünden - also nur wenns wirklich zusammenpasst, funkt's ! Ob das dann der Kopf entscheidet, oder welche Instanz immer, sei erst einmal außen vor.
Mein Problem mit dem Phosphor besteht in der Übertragung von Streihölzern auf Streichherzen, denn in diesem Text ist ja, zwar in Anlehnung an Streichhölzchen, nur vom Sicherheitsstreichherzen die Rede, vom "an einen Menschen schrammen" und von "lauwarmem Blut" etwa. Da frage ich mich auf dieser Bildebene, wo kommt auf einmal der Phosphor her, werden Herzen darin gebadet oder Menschen ... oder wie?
Jetzt habe ich in Gedanken nach einem Verbindungsstück gesucht, das beide Bilder verschränkt, die Analogie zum Streichholz ahnen lässt und genauso gut aufs Herz passt. Da hat sich mir das mit der Chemie angeboten, etwas wie:
"… die nur aufflackern,
wenn die Chemie stimmt."
als Bild dafür, dass Menschen(herzen) ganz gut miteinander können / zusammenpassen, wie auch für das Zusammentreffen der "richtigen Chemikalien", um ein Sicherheitsstreichholz zu zünden.
Ich war mir aber nicht sicher, ob Magun den Phosphor nicht extra deshalb gewählt hat, um das Herz extrasicher zu verwahren, weil Phosphor im Umfeld von Herzen, meines Wissens, äußerst, äußerst selten ist. Ich hab wieder zu weit ausgeholt und zu umständlich erklärt, tut mir leid! Aber ich hoffe, dass nun endlich klar wird, wo mein "Problemchen" liegt !
Danke für eure Geduld
und liebe Grüße
mona
Antwort geändert am 25.03.2022 um 13:08 Uhr
Das würde mich sehr interessieren, wie du das im Kontext siehst.
Danke! Du hast mir jetzt extrem weitergeholfen .
Dass Phospor so essentiel für das Leben, für die Erbinformatinon ist, war mir nicht bewusst. Somit ist die (Wissens-)Lücke gefüllt und die Brücke zwischen der anorganischen Reibfläche und dem lebendigen Herzen geschlagen, das Bindeglied, das mir zum (Text-)Verständnis gefehlt hat, gefunden. Danke nochmal!
Das habe ich aus deinem ersten Kommentar nicht entnommen, aber sekundär war und ist er für mich nicht!
Also mt dieser neuen Erkenntnis ausgestattet, muss/darf ich sagen: Phosphor ist großartig und genau richtig an dieser Stelle. Hätte ich das schon früher gewusst, hätte ich mir das ganze Gerede sparen können!
Liebe Grüße
mona
Dass Phospor so essentiel für das Leben, für die Erbinformatinon ist, war mir nicht bewusst. Somit ist die (Wissens-)Lücke gefüllt und die Brücke zwischen der anorganischen Reibfläche und dem lebendigen Herzen geschlagen, das Bindeglied, das mir zum (Text-)Verständnis gefehlt hat, gefunden. Danke nochmal!
Das habe ich aus deinem ersten Kommentar nicht entnommen, aber sekundär war und ist er für mich nicht!
Also mt dieser neuen Erkenntnis ausgestattet, muss/darf ich sagen: Phosphor ist großartig und genau richtig an dieser Stelle. Hätte ich das schon früher gewusst, hätte ich mir das ganze Gerede sparen können!
Liebe Grüße
mona
Ich möchte mich bei euch allen für diese wunderbare Diskussion bedanken. Sie zeigt, wie intensiv ihr euch mit dem Text auseinandergesetzt habt und das macht mich wirklich sehr zufrieden, denn was mehr könnte der Text erreichen als genau das. So ein wunderbares Gespräch.
Das mit dem Phosphor habt ihr ja im Wesentlichen geklärt, ich würde aber gerne noch etwas dazu ergänzen, nämlich dass der Phosphor nicht zwangsläufig in einer anderen Person liegen muss. Als ich die Ursprungsversion dieses Textes 2009 schrieb, hatte ich definitiv primär das im Sinn, was Misanthrop so schön treffend benannt hat, und was ihr ja auch herausgelesen habt. In der heutigen Version bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob der Phosphor von einer anderen Person kommen muss. Wenn man das unterstellt, heißt das ja, dass ein Mensch ohne sein Match nicht vollständig ist, nicht brennen kann - das wäre ja furchtbar, wenn wir nur in romantischen Beziehungen vollkommen sein könnten. Ich weiß, dass diese Vorstellung existiert (vgl. Platos Kugelmenschen), aber ich teile sie nicht. Für mich ist der Phosphor insofern eine Zutat, die man gezielt zugibt. Das Wichtige am Sicherheitsstreichherz ist nicht, dass das eine (bestimmte) andere Person braucht, um entzündet zu werden, sondern eine bestimmte Zutat, die gezielt zugeben werden muss und das ist ja eigentlich der Punkt: nicht ständig von selbst zu brennen, sondern das Anzünden zu einem bewussten Akt zu machen – darin steckt die Ermächtigung.
Darüberhinaus möchte ich sagen, dass - auch wenn ich das 2009 definitiv so gemeint habe - das gar nicht mal auf romantische Gefühle beschränkt sein muss. Man kann für sehr vieles brennen, im positiven Sinne wie im negativen Sinne und es gibt ja auch Menschen, die sich in anderer Hinsicht leicht von selbst entzünden (vor Begeisterung oder vor Wut meinetwegen), die kurz aufflackern und sprunghaft ständig für etwas anderes mal kurz brennen. Auch darin steckt ja nichts Gezieltes, nichts Beständiges. Also kurzum: Man kann ja nicht nur Liebe/Verliebtheit/... und so was fühlen, sondern durchaus auch mit anderen Emotionen zu schnell auf die Überholspur geraten.
Das mit dem Phosphor habt ihr ja im Wesentlichen geklärt, ich würde aber gerne noch etwas dazu ergänzen, nämlich dass der Phosphor nicht zwangsläufig in einer anderen Person liegen muss. Als ich die Ursprungsversion dieses Textes 2009 schrieb, hatte ich definitiv primär das im Sinn, was Misanthrop so schön treffend benannt hat, und was ihr ja auch herausgelesen habt. In der heutigen Version bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob der Phosphor von einer anderen Person kommen muss. Wenn man das unterstellt, heißt das ja, dass ein Mensch ohne sein Match nicht vollständig ist, nicht brennen kann - das wäre ja furchtbar, wenn wir nur in romantischen Beziehungen vollkommen sein könnten. Ich weiß, dass diese Vorstellung existiert (vgl. Platos Kugelmenschen), aber ich teile sie nicht. Für mich ist der Phosphor insofern eine Zutat, die man gezielt zugibt. Das Wichtige am Sicherheitsstreichherz ist nicht, dass das eine (bestimmte) andere Person braucht, um entzündet zu werden, sondern eine bestimmte Zutat, die gezielt zugeben werden muss und das ist ja eigentlich der Punkt: nicht ständig von selbst zu brennen, sondern das Anzünden zu einem bewussten Akt zu machen – darin steckt die Ermächtigung.
Darüberhinaus möchte ich sagen, dass - auch wenn ich das 2009 definitiv so gemeint habe - das gar nicht mal auf romantische Gefühle beschränkt sein muss. Man kann für sehr vieles brennen, im positiven Sinne wie im negativen Sinne und es gibt ja auch Menschen, die sich in anderer Hinsicht leicht von selbst entzünden (vor Begeisterung oder vor Wut meinetwegen), die kurz aufflackern und sprunghaft ständig für etwas anderes mal kurz brennen. Auch darin steckt ja nichts Gezieltes, nichts Beständiges. Also kurzum: Man kann ja nicht nur Liebe/Verliebtheit/... und so was fühlen, sondern durchaus auch mit anderen Emotionen zu schnell auf die Überholspur geraten.
Das entzünden nach dem schrammen, das haut rein, das passt so! Und auch der Geruch nach Phosphor (ich habe null die Diskussion verfolgt by the way).
Danke, freut mich, wenn der Text bei dir das auslöst