Anna Luise und ihre Geschwister

Dokumentation

von  Fridolin

Da haben wir jetzt also meinen Urgroßvater mit seinem vom Pech verfolgten Bruder in der Abteigasse, er selbst dagegen in der Miltenbergerstraße in häuslicher Gemeinschaft mit dem früh verwitweten Vater. Die Geschwister seiner Frau werden für ein wenig zusätzliches Leben im Haus gesorgt haben, besonders der „Karles Vetter“ (wie kommt man zu so einem Namen, wenn man eigentlich Franz Link heißt?) Und die vier Kinder natürlich, altersmäßig so weit auseinander, dass Maria eine schon fast mütterliche Beziehung zu der kleinen Anna Luise entwickeln kann.

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Familie Ignaz Berberich mit Sohn Josef Franz


Vater Ignaz ist als Gemeindebevollmächtigter und Stadtrat, und mit einer Verdienstmedaille aus dem Krieg inzwischen eine Respektsperson geworden. Er lässt sich selbst und seine Frau vom Kunstmaler Späth porträtieren. Auch seine Geschäfte müssen sich gut entwickelt haben, denn er kann seinen Kindern einiges hinterlassen. Zunächst einmal lässt er, (1892 wird als Datum angegeben, Anna war dann gerade mal 8), für seinen Sohn bzw. ihren Bruder Josef Franz ein Haus mit Werkstatt neben ihrem späteren Heim bauen.


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                           Der Sohn Josef Franz Berberich



Um dessen Person wird es jedoch in der Folge merkwürdig still. Obwohl er ein Verwandter ersten Grades und dazu ein unmittelbarer Nachbar war, wird er in der Chronik meiner Mutter kaum noch erwähnt.
Ausschlaggebend dafür war wahrscheinlich, dass
er 1898 „gegen den Willen der Eltern“ heiratete. Josefs Frau hieß Helena Romp, und war evangelisch, so dass mein (katholisches) Kirchenbuch hier versagt. Zu finden ist dort allerdings eine 1878 geborene Antonia Romp, die 1907 den Hofkutscher Riffler heiratete und die Tochter eines Kutschers namens Theodor Romp war. Da dieser Name selten ist, nehme ich an, dass es sich um eine Schwester handelt. In der Geschichte „Großvater Berberich“ ist im übrigen auch die Rede von einer „Rifflers-Bas“, die gegenüber gewohnt habe.

Dass diese Ehe zweier Amorbacher in München geschlossen wurde, lässt auf heftigere familiäre Debatten schließen. Im Jahr darauf wird Josephs erste Tochter geboren und evangelisch getauft; was vermutlich ebenso wenig im Sinn des Großvaters war. Die Sage will, dass Ignaz in dieser familiär wohl ziemlich turbulenten Zeit bei einem Maskenball einen Schlag auf den Kopf erhält, von einem Unbekannten, einer „Maske“. An den Folgen dieses Schlags soll er sechs Jahre lang gelitten haben, bevor er angeblich daran schließlich im Oktober 1905 verstarb. Seine Frau folgte ihm einen Tag später.

Man dürfte sehr konkrete Vermutungen gehabt haben, wer dieser Unbekannte war. Und offenbar hat es keine Aussprache zu dem Thema gegeben, denn sonst hätte man nicht weiter von einem Unbekannten sprechen müssen. Man kann also wohl annehmen, dass dieser Vater/Sohn-Konflikt später auch das Verhältnis der Geschwister über den Tod hinaus belastet hat.

Ein Jahr vor Ignaz‘ Tod bekommt Joseph Franz einen Sohn, den er katholisch taufen lässt. Ausdruck einer geänderten religiösen Überzeugung war dies wohl nicht, denn die Tochter, die 3 Jahre danach dazu kommt, wird wieder evangelisch.

Annas Schwester Elisabeth hatte das Haus inzwischen verlassen; im Mai 1900 hatte sie den Bahnschaffner Müssig in Karlsruhe geheiratet und sich in Karlsruhe niedergelassen, also ganz schön weit weg. Mehr oder weniger geschah dies auf dem Höhepunkt der familiären Krise, das erste Kind ihres Bruders lag noch in der Wiege, fing vielleicht gerade an mit den ersten Schritten.

Eine Stütze für Anna war vermutlich damals schon die große Schwester Maria, die spätere „Tante“, die ihr ja zeitlebens eng verbunden blieb. Vielleicht wurde dieser Bund in dieser Situation geschmiedet. Anna dürfte die Schulzeit gerade beendet haben, bei einer Schneiderin Jakob das Nähen zu lernen angefangen haben. Und dann verliert sie von einem Tag auf den anderen beide Eltern, steht plötzlich mit der Schwester Maria alleine. Der große Bruder mit seinen zwei, dann drei Kindern lebt 3 Häuser weiter, und Anna erbt dann das Haus direkt neben ihm, wo sie dann auch den Rest ihres Lebens verbringt. Vermutlich hielt sie Abstand, weil sie ihn für nicht ganz unschuldig am Tod ihrer Eltern ansah, was wiederum aufgrund der räumlichen Nähe ziemlich belastend gewesen sein dürfte.

Wirtschaftliche Not werden sie alle nicht gelitten haben: Joseph hatte das große Haus mit Werkstatt, Anna hat die Miltenbergerstr. Nr. 23 geerbt, auch Elisabeth hat in Karlsruhe ein Haus – Luisenstr.70 -, und von Maria heißt es, sie sei, bis zur großen Inflation, vermögend gewesen. Sie wird wohl das Elternhaus, die Miltenbergerstr. Nr. 27 geerbt und vielleicht verkauft haben.
Was aus Josef Franz' Sohn Albert geworden sein mag? Seine Schwestern haben durch Heirat die Stadt verlassen, aber zu ihm heißt es ohne weitere Angaben nur "Schreiner in Amorbach".



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                     Anna bei ihrer Erstkommunion

Drei Jahre nach dem Tod ihrer Eltern heiratet Anna Luise meinen Großvater, den Schuhmachermeister Josef Anton Schork, um dessen Vorfahren es in den folgenden Kapiteln gehen wird.





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