Ìm Seegarten

Dokumentation

von  Fridolin


Unser liebster Platz, Sommer wie Winter. Im ersteren haben wir nur als Kinder (ca. 8 Jahre alt) Zeit zum Spiel, als Heranwachsende keine Zeit mehr dazu, aber in der Frostzeit. In der Frostzeit ist der See für uns erwachsen werdende unser liebster Tummelplatz. Vor einiger Zeit fand ich in der Getreidekiste auf dem Hausboden ein Paar alte Schlittschuhe, in etwa meiner Größe. Abgeschliffen und entrostet brauchbar! Stiefel trug ich sowieso, und ein Schlüssel fand sich auch. Nun konnte es losgehen. Aller Anfang ist schwer und so rutschte ich in der ersten Zeit mehr auf dem Allerwertesten als auf den Kufen. Aber immer fand sich eine mitleidige oder auch schadenfreudige Seele, die mich ins Schlepptau nahm und meinen Gleichgewichtssinn damit schulte. Und welches Hochgefühl, als der erste Bogen glückte!!

Und siehe da! Von nun an war ich glücklich auf Schlittschuhen. Nur – dieses Glück war kurzlebig. Es dauerte nur, solange die Eisdecke über dem See lag. Und war gar Dauerfrost, dann organisierte der Turnverein ein Eisfest mit Blasmusik und Punschständen, heißen Würstchen, Kaffee und Kuchen. Nur schade, dass wir für die leiblichen Genüsse kein Geld hatten – jedenfalls ich nicht. Taschengeld, das war für uns ein Fremdwort. Umso größer die Freude, wenn uns der Zufall oder eine spendierfreudiger Verwandter einen „Fünfziger“ bescherte, der dann sorgsam gehortet wurde, bis die Versuchung, denselben für eine Näscherei auszugeben, allzu groß wurde und beim Hennermann eingekauft wurde.

Seegarten im Sommer! Das bedeutete Wasserrädchen und Schiffchen fahren lassen im Wasserablass nicht nur für meine Generation, sondern für alle folgenden bis heute. Ein Vergnügen, das nicht nur in einem bestimmten Alter seinen Reiz ausübte.
Wie viele Wasserrädchen bastelten wir? Jedes Jahr eine neue Serie. Wenn wir zuhause entwischen konnten, spielten wir damit am Abfluss des großen Sees zu den kleinen Seen. Dieser lief durch eine offene Steinrinne und übte eine magische Anziehungskraft auf uns aus. Der große See, der als Spielplatz uns verboten war, konnte nicht mit diesem schnell fließenden Wasser konkurrieren. Doch wenn in der Nähe des Zuflusses die kleinen Kaulquappen hüpften – so viele, dass der Weg nicht mehr zu betreten war – vergaßen wir alles andere über diesem nur kurzzeitig zu beobachtendem Schauspiel. Enten und Schwäne waren vergleichsweise uninteressant und die „Gelbe-Rüben-Fische“ konnte man allenfalls füttern und beobachten!


Vorgestern besuchte mich Theresa, die 6-jährige Tochter eines Neffen. Auf die Frage, was in Amorbach am schönsten ist, kam sofort die Antwort: „der Seegarten“. Was gibt's dazu noch zu sagen?



Anmerkung von Fridolin:

Auch dies ein Text meiner Mutter

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram