Die Geschichte der Kernfamilie 2

Dokumentation

von  Fridolin

Alle Kinder sind geboren, und so ging es nun weiter:

1924

Mariechen kam aus der Schule. Vier Jahre besuchte sie die Karl Ernst Lateinschule seit 1920. Im August kam sie zu Frau Ferrlein, um das Kleidernähen zu lernen.

Greta, die 1925 aus der Schule entlassen wurde, besuchte einige Zeit die Handarbeitsschule. Doch sie zog bald in die Fremde. Vorübergehend war sie in Karlsruhe in Stellung. Später erlernte sie in Hardheim bei Fam. Bopp im Badischen Hof das Kochen. Bei Frau Bürgermeister Schwarzmann in Amorbach führte sie 2 Jahre den Haushalt

1926 empfing Karl die erste heilige Kommunion. In diesem Jahr trat er in die Karl Ernst Lateinschule über. Dort blieb er bis 1930.

Allmählich wuchsen auch die Kleinsten heran. August tat sich schwer mit dem Sprechen. Vater meinte manchmal, man solle ein Wörterbuch anlegen. Für Kartoffel sagte er „nonos“für Großmutter „Oze“, für Josef ebenfalls „nonos“. Kam Holz in die Küche, eilte er, es aufzuschichten mit den Worten: „Bux, Bu, Hoz setze!“

Edi dagegen hatte große Vorliebe für das Malen und zwar zeichnete er meist: „Dachfensterli“ d.h. Dachfenster. Stundenlang beschäftigte er sich auf diese Weise und stets wünschte er sich Malbücher. Rosa zog er allen anderen Geschwistern vor.

Diese kam 1927 aus der Schule. Sie half Mutter im Haushalt. Einige Zeit war sie zwecks weiterer Ausbildung und auf eigenen Wunsch bei Familie Schütz und später bei Dr. Idelberger in Frankfurt in Stellung. 1930 war sie plötzlich gezwungen, sich am Blinddarm operieren zu lassen. Nur langsam erholte sie sich. Sie kam nach sechs Wochen nach Hause und besuchte später die Handarbeitsschule bei Schwester Philomena Berg. Sie entschloß sich, in den Orden der „Töchter vom heiligsten Erlöser“ Aufnahme zu suchen. Pfingsten 1932 trat sie in Würzburg ins Mutterhaus ein.

Da sie ihren Geschwistern nicht ähnlich sieht, deshalb wurde sie von Fremden nie zu uns gerechnet. Das tat ihr weh und oftmals weinte sie bitterlich.

Elisabeth hatte Kinder sehr gern. 1925 und 1926 betreute sie bei Onkel Karl den 6jährigen Otto, Erwin und Klein-Rosemarie. Dafür durfte sie öfter mit Onkel verreisen. Das war eine Seltenheit und wir beneideten sie darum. 13jährig begleitete sie Onkel auf einer Rheinreise bis ins Ruhrgebiet. Sie wohnte einer Kundgebung am Niederwalddenkmal bei. Weil damals das Rheinland noch besetzt war, musste sie sich einen Pass anfertigen lassen, wodurch sie in unseren Augen gewaltig an Achtung zunahm. Aus der Schule entlassen, erlernte sie gründlich das Handarbeiten bei Schwester Philomena.

1927 von März bis Dezember half sie Base Paula Martin im Haushalt, da diese kränkelte. Gleichzeitig besuchte sie in Karlsruhe die Kochschule. An Weihnachten kehrte sie zurück und brachte mir ein Puppenpaar mit. Über dieses Geschenk freute ich mich königlich, da ich um diese Zeit zu Bett liegen musste.

Als 2 und 5jähriges Kind machte mir langwierige Nierenentzündung zu schaffen. Am 8.12. musste ich mich wiederum legen und durfte an Fastnacht zum ersten mal aufstehen. Was mich in dieser Zeit tröstete und unterhielt, das waren meine Puppen. Ich besaß deren sieben, größere und kleinere und bemutterte sie sorglichst.

Am 15.4.1928 durfte ich trotz kürzerer Vorbereitung zur ersten heiligen Kommunion gehen. Noch 37 Kinder schritten mit mir zum Tische des Herrn. Meine Gefährtin war Hedwig S. Hochwürdiger Herr Dekan Kernwein bereitet uns vor. Am weißen Sonntag lachte hellste Sonne und Montag morgens regnete es. Wie gern erinnere ich mich dieses Tages.

Unsre lieben Festgäste waren: Hochwürdiger Herr Dekan Kernwein, Großmutter, Tante Elise Müssig, Onkel Josef Berberich und Frau, Onkel Karl Schork und Frau, Tante Anna Huber, Frau Karolina Trunk, Familie Beck, Blättner, Kuhn, meine Amorbacher Vettern und Basen, sowie einige Nachbarskinder. Es war dies eine stattliche Zahl, jedoch verteilte sie sich auf die verschiedenen Tageszeiten.

Am Nachmittag besuchten wir Erstkommunikanten den Gottesacker. Nach dem gemeinsamen Abendessen mußte ich sofort zu Bett. Montags unternahmen wir einen großen Spaziergang über den Sommerberg. Im gleichen Jahre wurde ich auch gefirmt von Hochwürdigstem Herrn Bischof Mattias Ehrenfried. Mit einem Gedichtchen durfte ich ihn begrüßen und rechnete dies als große Ehre.

Im Oktober 1928 nahm Greta Abschied und wagte die Amerikareise. Eleonora Späth aus Cincinati besorgte die erforderlichen Papiere. Unternehmungslustig trat sie mit zwei Amorbachern, Heiner Höflein und Oskar Fritz an. Vater und Mutter begleiteten sie nach Frankfurt.

1926 kam Mariechen, nachdem sie die Prüfung im Kleidernähen bestanden hatte, in den Dienst der Fürstin Feodora v. Leiningen. Meine Tanten Gretchen Haas und Anna Huber bekleideten lange Jahre diese Vertrauensstellung zur vollsten Zufriedenheit ihrer Herrin. So auch Mariechen. Bei ihrer letzten langen Krankheit duldete sie nur diese als Pflegerin. Bis zu deren Tod Allerheiligen 1932 erfüllte sie diese Aufgabe. 3 Tage zuvor brannte der Mittelbau des ehemaligen Klosters nieder und die Abteikirche war gefährdet.

Ihrem Auftrag gemäß führte sie noch die Armenbescherung an Weihnachten 1932 durch. Ostern 1933verließ sie den Dienst. Und betreute von da an Prinzess Clara v. Bayern.

August 1930.
Karl kam vom Gymnasium Miltenberg ins Büro der Ortskrankenkasse. Aus ... Bewerbern wählte man ihn. Er arbeitet eben dort und bereitet sich auf die Prüfung in diesem Fache vor.

Am 25. Nov. 1930 wurde die Haushaltungsschule der Armen Schulschwestern von U. L. Frau in Amorbach eingeweiht. In halbjährigen Kursen sollten die Schülerinnen im Haushalt ertüchtigt werden. Elisabeth besuchte den 1. Kurs. Nach Beendigung desselben entschloß sie sich, in den Orden der Armen Schulschwestern von U. L. Frau einzutreten. Am 6.3.1931 fand sie als Aspirantin im Institut Miltenberg Aufnahme. Ein Jahr bereitete sie sich dort auf die Aufnahmeprüfung in München vor. Ostern 1932 kam sie in die 3. Klasse Präparandin im Mutterhaus.

Am 12.4.1931 durfte August zum Tisch des Herrn schreiten. Sein Gefährte war Ludwig Stühler. Wir feierten diesen Tag allein. Nur Tante Elise Müssig und Onkel Berberich waren bei uns zu Gast.

6.3.1931 Tante Maria konnte ihren 60. Geburtstag feiern. Es war ein liebes Familienfest. Allseits beglückwünscht beging sie den Jubeltag. Möge Gott vergelten, was sie uns die langen Jahre Gutes tat, denn wir können es nie. Gesund und glücklich möge er sie uns noch recht lange erhalten.

Im April 1931 durfte ich ins Institut Miltenberg als Zögling eintreten. Längst schon wünschte ich eine höhere Schule besuchen zu dürfen, doch die Umstände gestatteten es nie. Das Füchtbauersche Institut hatte sich aufgelöst. Mittwochs besuchte Mutter Elisabeth. Als sie zurückkam, sprach sie mit Vater und sie erteilten mir die Erlaubnis. Am nächsten Tag fuhr ich allein nach Miltenberg und bestand die Aufnahmeprüfung in die 3. Klasse Lyzeum. Englisch mußte ich jedoch nachlernen.


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Abb. 15: Vater am 50. Geburtstag


12.12.1931. Vater feierte seinen 50. Geburtstag. Von nah und fern trafen Glückwünsche ein, doch sicherlich waren unsre die innigsten. Der katholische Männerverein dankte Vater mit einem Geschenk, einem großen Bilde „Jesus lehrt vom Schifflein des Petrus“ Wir feierten den Tag im Familienkreise. August und Edie kleideten ihre Wünsche in Gedichtform. Unserem lieben Vater zur Jubelfeier ein dankbares „Hoch!“

Im Mai 1932 besuchte uns Greta. Juni, Juli, August und September blieb sie in Deutschland. Im August mußte sie sich in Amorbach einer Blinddarmoperation unterziehen. Herr Dr. Meyer behandelte sie. Die Wunde verheilte bald. Ende September kehrte sie nach Rochester zurück.

1. Mai 1933

Mariechen trat in München bei ihrer königlichen Hoheit Prinzessin Clara v. Bayern ihre Stellung als Kammerjungfer an. Fürst Emich v. Leiningen hatte sie dorthin empfohlen.


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Silberhochzeit 1933




Ein Jubeltag! 25 Jahre sind´s, da sich die lieben Eltern fürs Leben verbanden. 25 Jahre harter Arbeit, Sorg und Müh. 25 Jahre treuen Wandels Seit an Seit. 25 Jahre geteilte Freud und Leid! Ist das nicht dankbaren Gedenkens wert? Wir Kinder wollten an diesem Tage unsere höchsten Ehrfurcht und des Dankes Ausdruck geben. Und wir tatens aus besten Kräften. Die Fernweilenden, Greta und Rosa, ließen es sich nicht nehmen, ihre Segenswünsche brieflich auszusprechen.

Mariechen und Elisabeth kamen von München und brachten einen fünfjährigen Gast Theo Huber mit. Am Vorabend überbrachte Hochwürdiger Herr Dekan Kernwein,  (und einige Mitglieder...) des Männervereins und mehrere Vertreter des Gesellenvereins ihre Glückwünsche. Ersterer schenkte eine Nußbaumstanduhr, letzterer einen Feinkostkorb. Der Turnverein gratulierte und spendete einige Flaschen Wein. Das Miltenberger Tageblatt erschien in Silberdruck.

Am Morgen des Festtages 8h wohnten wir dem Jubelamt in der Pfarrkirche bei und gingen zusammen zum Tisch des Herrn.

Glückwunsch um Glückwunsch lief ein. Am nächsten Tag zählten wir die Karten. Es waren rund 150, die Geschenke nicht gerechnet.

Am Abend fanden sich alle Amorbacher Tanten und Onkel, und einige befreundete Familien  ein, zum gemütlichen Beisammensein. Erinnerungen füllten die Stunden. Doch auch die Jugend kam zu ihrem Recht. Dankend gedachte Vater noch einmal der verflossenen Jahre. Nur allzu schnell verrannen die Stunden im Freundeskreis. Herr R. S. trug durch witzige Stückchen und humorvollen Gesang zur Unterhaltung bei. Mariechen brachte durch ihre Erzählungen in Münchner Mundart die Lacher auf ihre Seite. Spät in der Nacht trennte man sich.

Ende Mai 1933 wurde unserer Familie eine gar hohe Ehre zuteil. Hochwürdigster Herr Bischof Mattias Ehrenfried besuchte uns. Er hielt sich ½ Stunde auf und fragte nach allen Familienmitgliedern. Zum Schluss erteilte er allen seinen bischöflichen Segen und reichte die Hand zum Kusse.

Ostern 1935

Ich habe meine Schlußprüfung mit gutem Erfolg bestanden. Was sollte nun werden. Im Juni ging ich nach Frankfurt/Main um mich  (...als Fußpflegerin ausbilden...) zu lassen. Im Oktober bis Februar besucht ich anschließend im Auftrag dieser Firma das Lehrinstitut für Fußpflege in Berlin. Am 15. Februar trat ich meine erste Anstellung in der Filiale Hannover an und blieb dort bis zum 1. Sept. 1937. Bis 1. Juni 1938 war ich bei Frau K. in Herford. Wir beide waren befreundet durch unseren Aufenthalt im Lehrinstitut. Seit dem 1. Juni habe ich nun hier in Bielefeld eine eigene Fußpraxis.



15.8.1938: Heute erhielt ich die Nachricht, daß unsere liebe Großmutter Schork am 9. August morgens 330 verschieden ist. Elisabeth schrieb mir: „Still und friedlich. Sie hatte die letzten Tage und Wochen sehr schmerzvolle Stunden. Die Beerdigung war Donnerstag 4h. Sehr groß war die Zahl der Beteiligten. 50 Kränze, über 100 Karten und viele heilige Messen zeugten von ihrer Beliebtheit. Sie lag da wie ein Bild der Verklärung – so schön wie nie im Leben. Nun ist alles leer.“ Elly schlief bei ihr. Nun haben wir nur noch eine Großmutter im Himmel. Vater ging es sehr tief. Herr Dekan Kernwein ermunterte uns in seiner Grabrede recht fest auf unsere Großmutter im Himmel zu bauen. Leider war es mir nicht möglich, sie noch einmal zu sehen. Karl aus Fulda, Maria aus Nürnberg, Tante Anna aus München, Tante Drescher aus Apolda waren da. Sie ruhe in Frieden, unsere gute Großmutter.


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Urgroßmutter Schork mit zwei Enkeln




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