Oktoberkinderlachen

Kurzgeschichte zum Thema Kinder/ Kindheit

von  RainerMScholz

Ein Schreien und Weinen, Kreischen und Jauchzen, unbändiges Lachen und aufmunterndes Röcheln und Krähen im tauglitzernden Smaragdgrün, hellen Honiggelb, wenn die Kindergartengruppe freigelassen wird in dieses kleine Wäldchen, das bar jeglicher Fesseln und Konventionen und Regelwerk liegt. Ich höre sie nur von hinter der Hecke; ihre kleinen Körper springen auf dem samtenen Moos, hüpfen über zerbrochene Äste, fliegen scheinbar die Bäume hinan, und kein Harm ergreift ihre Leiber, ihr Fleisch, ihre Seelen.

Betroffen glücklich stehe ich lächelnd da in meinem Versteck und denke, wie es gewesen war, zu der Zeit, weit zurück, zu weit, als dass ich mich klar zu erinnern vermag, als alles, alles noch klar und rein und einfach erschien; die durchstreiften Wiesen mit den Glockenblumen, die unbekannten Gehölze und dunkelriechenden Modertunnel, das Singen und Tanzen und Streiten und Lachen mit Freunden, das Unbändige eines Kampfes und das Aufatmen der Versöhnung, die unbekannten Hohlwege und verschlungenen Pfade, der gedankenlose Einklang mit der Welt und dem Leben, das freudige Erwachen eines Morgens und die Müdigkeit eines durchschwommenen brandroten Sonnenuntergangs an den Hundstagen im August.

Das Jauchzen und Schreien, das Weinen und Lachen lässt mich nachdenklich auf meine Füße niederschauen, hier, hinter der Hecke, und der Gegenwart gedenken, des Jetzt, des Nun. Alles Leben steckt im Chlorophyll der Blätter und es wird Herbst. Weiße Wolken ziehen im Ultramarinen. Die Kinder werden leiser, verstummen. Da kommt der großgewachsene Kindergärtner, und im nächsten Moment hat er sie alle mit stoischem Blick eingesammelt, fortgeführt, und die Welt verstummt.



© Rainer M. Scholz



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