Eine Mücke sitzt auf der dritten Rippe von Annette und denkt über den nächsten Stich nach

Annette im Urlaub, die sich in ihrem Prozess der Erleuchtung weit fortgeschritten glaubt, liegt auf einer Decke im Gras neben dem Pool des Hotels. Nach einem kleinen Nickerchen öffnet sie langsam die Augen und entdeckt eine veritable Mücke im Bereich ihrer rechten dritten Rippe des Brustkorbs. Das Insekt ist gerade dabei, sich auf eine leckere Blutmahlzeit zu freuen. Die Frau schlägt nicht zu, denn sie weiß, dass sie selbst die Verantwortung für das Verstehen eines Glücks oder Unglücks, wie hier eines Mückenstichs, zu übernehmen hat. Ihr indischer Guru hatte ihr beigebracht, dass, wenn sie die Verantwortung übernimmt, alles anfängt, sich zu verändern. Seien es ihre Freude oder Angst, Himmel oder Hölle. Alles reine Kopfsache und somit Offenheit für alle Möglichkeiten.

Die gedanklich helle Mücke, vermutlich eine Wiedergeburt, folgt allerdings weiter ihrem Hungerinstinkt, beriecht genussvoll die Haut über der dritten Rippe und weiß instinktief, dass sie dort wegen der Dünnhäutigkeit am schnellsten die Blutquelle anstechen kann, zumal die Frau auch sehr flachbrüstig ist.

Dann der konsequent angesetzte, fast unmerkliche Stich. Annette ist wütend, schreit auf und schlägt die Mücke tot. Ein Blutfleck ziert die Haut über ihrer Rippe. Sie weiß jetzt, dass ihre Wiedergeburt darin bestehen wird, nach ihrem Tod ein kurzes Leben als Mücke verbringen zu müssen. Doch sie hält sich für so schlau, dass sie es sich genau überlegen wird, wann sie bei wem unter welchen Umständen wohin stechen wird. Und das will sie möglichst oft.