Sprechstunde

Glosse zum Thema Schizophrenie

von  uwesch

Endlich hatte sie beschlossen den bekannten Arzt und Psychotherapeuten Dr. Tiefschürf aufzusuchen. Als Privatpatientin bekam sie kurzfristig einen Termin und wurde nach Betreten der Praxis sofort ins Sprechzimmer geführt.

„Hallo Frau Vogel“, was führt Sie zu mir? Aber setzen sie sich doch erst mal.“ 

„Ach Herr Doktor, ich habe ein Problem. Ich bin seit einiger Zeit in einem Creative-Writing-Kurs für Senioren an der Uni Freiburg und habe das Gefühl, dass mich keiner beachtet, meine Texte keiner mag.“

„So, so, woran liegt das denn Ihrer Meinung nach?“

„Ich finde die Texte der anderen Teilnehmer, vor allem die der Frauen in der Gruppe, scheußlich, wage aber nicht das zu sagen, sondern lobe sie auch noch. Doch bei einer älteren Dame - Cecilia-Charlotte heißt sie -, die mir anfangs sehr imponierte, habe ich letzte Woche voll auf die Kacke gehauen … entschuldigen Sie bitte meine Ausdrucksweise.“

„Hm, … ja. Bitte fahren sie fort.“

„Diese Frau stellt sich ständig in den Mittelpunkt und redet alle nieder, aber sie schreibt zugegebenermaßen sehr kreative Texte.“

„Und? Hat Ihre Attacke Sie zufriedener gemacht?“

„Einerseits schon, aber nicht so richtig. Ich mag einfach ihr dominantes Verhalten nicht. So bin ich dann dazu übergegangen Schmähkommentare abzugeben, obwohl die anderen TeilnehmerInnen fast alle ihre Texte in den Himmel heben. Vor allem die Männer sind begeistert, was mich besonders ärgert.“

Der Herr Doktor schaut kurz an die Decke und dann tief in ihre Augen.

„Aha, ich verstehe. Da liegt bei Ihnen eine gespaltene Persönlichkeitsstruktur vor, vielleicht auch eine mögliche Form von Schizophrenie.“

Sie guckt ihn erschrocken an.

„Wieso das denn? Können Sie mir das näher erklären?“

„Ich will es versuchen:

Bei schizophrenen Menschen können eine Vielzahl von Störungen auftreten, die fast alle Bereiche der Psyche betreffen, wie z.B. die Wahrnehmung und das Denken, den Willen, das Gefühlsleben und den Antrieb. Auch tritt manchmal ein Wahn auf, verfolgt oder kontrolliert zu werden, was zu Antriebslosigkeit und sozialem Rückzug führen kann. Aber letzteres ist bei Ihnen sicher nicht der Fall, nehme ich an.“

„Oh, das ist ja schrecklich! Was können Sie dazu tun um mir zu helfen?“

„Als erstes würde ich empfehlen, dass Sie bis auf Weiteres keine Kommentare zu den Texten der Dame mehr abgeben. Dann halte ich es für das Beste, wenn Sie für eine Zeit lang wöchentlich zu therapeutischen Sitzungen in meine Praxis kommen. Ich kann Ihnen Montagmorgentermine 10.00 bis 11.30 Uhr anbieten, da diese gerade frei geworden sind, weil ich einen Klienten als geheilt entlassen konnte.

Ich verschreibe Ihnen heute zunächst ein Psychopharmakon, damit Sie mit den Symptomen besser klarkommen.“

„Danke Herr Doktor. Ich werde mich dann nächste Woche in Ihrer Praxis einfinden.“

Sie erhebt sich erfreut und drückt ihm mit Tränen in den Augen die hingestreckte Hand.

„Auf Wiedersehen, Frau Vogel, und Kopf hoch. Es wird schon werden.“

„Auf Wiedersehen Herr Doktor.“

Dr. Tiefschürf grinst in sich hinein und freut sich, dass seine Praxis nächste Woche mit einer zahlungskräftigen Klientin wieder voll ausgelastet ist.



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Kommentare zu diesem Text


 Drita (28.05.23, 07:05)
Mit Medikamente kann sie besser schreiben :)

Liebe Grüsse
Drita

 uwesch meinte dazu am 28.05.23 um 07:12:
Problem ist nur, dass diese abhängig machen.
Dank Dir für Kommi und Empfehlung. LG Uwe

 harzgebirgler (28.05.23, 09:32)
frau vogel hat ne meise wenn die findet
dass dieser kerl ihr keinen bär'n aufbindet! :D lg vom harzer

 uwesch antwortete darauf am 28.05.23 um 10:58:
Danke Dir  :ermm:   LG Uwe
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