Sylt

Text zum Thema Historisches

von  Gabyi

Keitum, Tinnum, Hörnum, Kampen, List, Westerland, Rantum, Morsum, Wenningstedt

Schon als ganz kleines Kind war ich oft zu Besuch auf Sylt bei meiner Tante und bei meinem Onkel gewesen. In der Deckerstraße von Westerland. Die Straße war damals noch ein sandiger, staubiger Weg und am Wegesrand standen Heckenrosenbüsche. Ich pflückte mir die rot-orangenen Hagebutten ab und aß sie voller Hochgenuss. An giftige Beeren dachte ich dabei nie. Ich hatte wahrscheinlich auch Vitamin C-Mangel. Die weißen Kerne spuckte ich in hohem Bogen wieder aus, die waren nur Juckpulver, das man in den Rückenausschnitt anderer Kinder werfen konnte. Dazu war ich aber leider noch viel zu klein. Als ich das allererste Mal in Westerland war, traf ich ein Mädchen aus der Nachberschaft meiner Tante, die mit einer Krücke lief. “Du darfst mich zweimal hinschubsen.!” sagte sie zu mir und ich tat es, wie befohlen. Dann bekam ich Ärger mit ihrer Mutter. Ich war viereinhalb Jahre alt. Dann hatte ich noch die Zementkrätze, weil mein Onkel einen Malereibetrieb unterhielt mit einer Sandkiste voll mit grauem Zement. Ich ging durch eine Glasscheibe, die auf dem Hof stand und wurde ferner fast von einem Auto überfahren, als ich zum Einkaufen geschickt worden war. Da bekam ich auch Ärger mit meiner Tante. Einmal lief ich mit einem Nachbarjungen weg und musste wieder eingesammelt werden. Weglaufen in Westerland eben, weil meine Mutter mich für längere Zeit mit viereinhalb Jahren ausquartiert hatte. Weil ihre eigene Mutter im Sterben lag und danach auch starb. Als sie mich dann irgendwann abholte und wiedersah, sagte ich: “Geh' weg, du fremde Frau!”. Sie war ganz in Schwarz gekleidet.
Ansonsten war Sylt in jener Zeit noch keine Schicki-Micki Urlaubsinsel. Meine Cousinen und Cousins wanderten nach Kanada aus, weil Westerland ihnen keine ausreichende Lebensperspektive bot. Die Insulaner verhielten sich damals eher bedeckt und es war noch keine Promi-Insel, die sich wohl noch erholen musste von den zahlreichen Seuchen, die auf ihr grassierten und etliche ihrer Einwohner dahingerafft hatten. 

Pest, Cholera, Pocken, Ruhr, Masern, Scharlach und Diphterie.



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Kommentare zu diesem Text


 niemand (04.11.25, 19:10)
@ Gabyi
Deine Texte sind schon sehr speziell und ich lese sie wirklich gerne.
Sie fallen in ihrer Art irgendwie aus der üblichen Reihe.
Das sollte ein Kompliment sein      ;)
LG niemand

 Gabyi meinte dazu am 04.11.25 um 20:29:
Danke, niemand, fürs Lob. Hat mich wirklich sehr gefreut. Und danke auch für die Empfehlung :).

LG, Gabyi
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