Tante Emilia und der Schriftsteller

Kurzprosa zum Thema Eigene Welt

von  uwesch

Dieser Text ist Teil der Serie  Abenteuer Lesen und Schreiben

Jeden Tag spazierte Georg durch die dunklen Gassen der Kleinstadt. Er suchte nach Inspiration.

Heute begegnete er seiner Tante Emilia, die er nicht rechtzeitig sah  um schnell abzubiegen. So kam er an einem Gespräch mit ihr auf der Straße nicht vorbei. Sie schilderte ihm in aller Ausführlichkeit von ihrer letzten Reise, wo sie wohnte, wann sie aufstand, wann ins Bett ging und von einem Busausflug, auf dem sie nichts wirklich gesehen hatte. Er versuchte ihr zu entkommen, doch ihre Rede ging fort und fort - wie das Wasser eines nicht ermüdenden rauschenden Baches, das es noch weit hatte bis zur Vereinigung mit dem See.

An Tante Emilia konnte man lernen, dass bei allzu schnellem Reden der Inhalt überflüssig war. Als Georg - endlich befreit - durchs Stadttor wieder ins Freie schritt, griff das Licht nach ihm und dann die Wärme. Zuhause in seiner kleinen Kate angekommen setzte er sich hinter seinen Schreibtisch, auf dem eine Sanduhr stand. Er drehte sie um, wie immer wenn er mit dem Schreiben begann. Alle Körner mussten durch die Engstelle, um dann jedes Mal unten denselben Haufen zu bilden wie vorher oben. Den entstandenen Zeitverlust nannte er Besinnung.

Wenn ihm der nächste Satz zum Text, an dem er gerade arbeitete, nicht sofort einfiel, wiederholte er den Vorgang.



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Kommentare zu diesem Text


 lugarex (04.08.23, 07:22)
Wehe, wenn sich die auch durch Centrale Atom Uhr gesteuerte Sanduhr stehen bleibt! Was passiert mit der erwarteten Besinnung?

elgö luga

 uwesch meinte dazu am 04.08.23 um 09:45:
Die lebt endlich autonom 
Dank Dir für Deine Empfehlung und LG Uwe

 harzgebirgler (04.08.23, 10:40)
"Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden" ist ein Kleist-Essay, lesenswert nicht nur für so tanten sondern jede/n! :D lg vom harzer

https://de.wikipedia.org/wiki/Über_die_allmähliche_Verfertigung_der_Gedanken_beim_Reden

 uwesch antwortete darauf am 04.08.23 um 11:59:
Hm. Dank Dir Empfehlung und Lieblingstext. LG Uwe

 Dieter_Rotmund (04.08.23, 11:42)
Ja, und?

 uwesch schrieb daraufhin am 04.08.23 um 11:57:
... und was? wozu? und ... Was soll so ein Kommentar?  :angry:

 Dieter_Rotmund (04.08.23, 12:01)
Hat die Begegnung nun irgendwie inspiriert oder Gegenteil?
Ich mag offene Enden, aber das ist mir zu vage.

 uwesch äußerte darauf am 04.08.23 um 12:10:
"Wenn ihm der nächste Satz zum Text, an dem er gerade arbeitete, nicht sofort einfiel, wiederholte er den Vorgang."
Ist doch nur eine kleine "Methode", den zwischenzeitlichen Schreibstau zu füllen.

 AchterZwerg (05.08.23, 05:31)
Es soll aber auch Leute geben, die sich kurz fassen und trotzdem nur Banalitäten von sich geben. Leider. ;)

 uwesch ergänzte dazu am 05.08.23 um 06:40:
Ja, die gibt es auch    LG Uwe
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