perspektive

Kurzgedicht

von  Redux

ich stand in einem schweinestall

vor mir die schubkarre mit mist

sechzehn jahre alt mit gummistiefeln an

und einer mistgabel in der rechten hand

und draußen ein regentag im november

ich blickte über 43 jahre hinweg

dachte früher war nicht alles gut

und ich blickte über 43 jahre hinweg

hier in mein festgefahrenes heute

dachte ich würde dennoch tauschen

ich würde doch nichts anders machen

als mich sehnsüchtig beglotzen

jeder in seinem stall gefangen

in einem regennassen novembertag

festgefahren in unserer zeit



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Kommentare zu diesem Text


 Mondscheinsonate (19.09.23, 06:29)
Interessant finde ich hier, dass du die Vergangenheit vorangestellt hast, aber auch die Reflexion über die Vergangenheit in der Vergangenheit schreibst, was sich seltsam anmutet auf den ersten Blick, aber zu dem Schluss kommen lässt, dass beides, also auch die Reflexion Vergangenheit ist. Jedoch würde ich den Doppelpunkt nach November weggeben, denn ein 16 jähriger kann schlichtweg nicht über 43 Jahre reflektieren. 
Sonst gerne gelesen.

 Redux meinte dazu am 19.09.23 um 13:28:
Das freut mich sehr.
Wichtig war mir, dass die Grenzen zwischen den beiden, die es ja nur als die eine Person gibt, verwischen und sein Leben oder sein Los ja nicht verschieden zu bewerten ist.
Bzw.das Los ist gleichzeitig glücklich und traurig.
Doppelpunkt: stimmt.

 AchterZwerg (19.09.23, 15:49)
Und ewig grüßt das Murmeltier ...

Festgefahren in der Wiederholung, im ewigen Jetzt.

Liebe Grüße
der8.

(Übrigens ein sehr kunstvoll konstruierter Perspektivenwechsel <3 )

 Redux antwortete darauf am 20.09.23 um 06:03:
Das war mir genau wichtig: der Perspektivenwechsel....

 ginTon (19.09.23, 22:14)
also von einem Kurzgedicht ist es ganz weit entfernt. eine schöne Miniaturprosa ist es schon eher. dies nur als Randbemerkung, eine Empfehlung bekommt es dennoch, ich mag Schweine ;)

 Redux schrieb daraufhin am 20.09.23 um 06:04:
Ich mag sie auch. Und sie sind klug...

 ginTon äußerte darauf am 20.09.23 um 18:29:
das stimmt, und sie haben mehr gemein mit uns als wir denken. immerhin besteht eine gewisse genetische Nähe, Transplantationen sind mit einigen Organen auch möglich, klug sind sie natürlich auch ;) ...

 Redux ergänzte dazu am 20.09.23 um 18:41:
...und ich bin sozusagen mit ihnen groß geworden...und neu geborene Ferkel riechen richtig gut....

 EkkehartMittelberg (19.09.23, 22:33)
Sauber gemacht, dein Gedicht vom Schweinestall, Herbert.

LG
Ekki

 Redux meinte dazu am 20.09.23 um 06:05:
Vielen lieben Dank, Ecki...Grüße aus dem an Schweinen reichen Münsterland....

 Saira (20.09.23, 10:52)
Moin Herbert,
 
du bringst interessante Perspektivwechsel, die mich zunächst ein wenig verwirrten.

Dein Resümee, wie ich es deute: die Zeiten ändern sich, aber irgendeinen Mist fahren wir wohl zu jeder Zeit mit uns herum, mal mehr mal weniger.

Liebe Grüße
Sigrun

 Redux meinte dazu am 20.09.23 um 16:09:
So ähnlich könnte es man formulieren, ja.
Oder: das Leben ist so wie es ist, mit 16 oder 59, gleichermaßen schön und gleichermaßen mistig.
Liebe Grüße
Herbert

 Aron Manfeld (20.09.23, 19:39)
Kriegen wir nun von unserem Herbert ein Dauerabo auf selbstmitleidige Prosafragmente, die kurz schon nach dem Lesen ins eigene verschwimmen?

 Redux meinte dazu am 20.09.23 um 19:46:
Ich bin nicht euer Herbert, deiner schon gar nicht.
Ich bemitleide mich nicht, schon gar nicht in diesem Gedicht.
Es war schön mit 16 im Schweinestall und es ist schön mit 59.
Es könnte schöner sein und es könnte schlechter sein.
Reicht das?

 Aron Manfeld meinte dazu am 20.09.23 um 19:49:
Verzeihst Du mir?🌝

 Redux meinte dazu am 20.09.23 um 19:50:
Na klar
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