fest

Prosagedicht

von  Redux

hier das glitzernde festzelt
wie ein zitterndes
organ
aus zigarettenqualm
deo
sekt und gelallten
schwüren
wie ein raumschiff
auf ewiger
schussfahrt
durch düstere regennacht

dort ich
betrunken
und schwankend
auf morastigem rasen
richtung mond
pinkelnd

es ist weil etwas getan werden muss
es ist die logische antwort auf das nichts
damit man leben
oder auch vergessen kann
jahrein
und jahraus
geht das raumschiff zelt
auf ungewisse fahrt
raus
aus dem schwarzen loch
sinnlosigkeit
richtung
unbekannt
und schunkeln

klar ich bin betrunken
denke ich
ziehe den reissverschluss hoch
aber wir haben nur diese eine insel
aus zeltstangen und
bierlachen
zigarettenasche
und brüderküssen
und wo sollten wir auch wohl hin
in dieser langen nacht
in der es schüttet
und schüttet
bis alles aufgeweicht ist
der rasen
und die schuhe
die zigarette
zuletzt man selbst

wo sollten wir wohl hin
als auf eine tanzfläche
als in hitze und lärm und rauch
weg aus dem schwarzen loch
der nacht

bevor man verzagt



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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (16.09.23, 06:22)
Das kann ich gut nachvollziehen.
Es gibt diese zutiefst einsamen Nächte in der Menge Festtrunkener.
Und die Scham. Und die Wiederholung.

. :(

 Redux meinte dazu am 16.09.23 um 18:01:
Genau. Und dann die Frage: was machen wir hier überhaupt? was soll das? Wie albern...

 Oops (16.09.23, 08:40)
...erstaunlich auch: diese Zeltfeste gibt es heute noch auf den Dörfern .

LG Oops

Kommentar geändert am 16.09.2023 um 08:41 Uhr

 Redux antwortete darauf am 16.09.23 um 18:02:
Die gibt es immer noch, wohl wahr.
Ich weiß wie albern das bisweilen ist, aber ich möchte sie auch nicht missen....

 eiskimo (16.09.23, 11:58)
Du holst einen grausam-real in diese Festzelt-Erfahrung hinein, ich höre geradezu die wummernde Musik, die einem da noch den Rest gibt ...
Sprachlich toll, im Leben könnte man drauf verzichten, zumindest in der Woche...
Hau rein!
Eiskimo

 Redux schrieb daraufhin am 16.09.23 um 18:03:
Ja, meistens kann man darauf sehr gut verzichten, aber ganz selten braucht man sie, weil sie dazugehören, zu allem

 EkkehartMittelberg (16.09.23, 14:08)
Hallo Herbert,
das Leben ist ein Tanz, den der am besten meistert, der auf morastigem Untergrund fest bleibt.

LG
Ekki

 Redux äußerte darauf am 16.09.23 um 18:04:
Ein weiser Spruch und sehr wahr.
Danke, Ekki
Agnete (66)
(16.09.23, 22:32)
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 Redux ergänzte dazu am 16.09.23 um 22:47:
Jein.
Es ist wie eine Halbwelt.
Aber vielleicht auch so etwas wie das Beiseitelegen des Alltags, der Einsamkeit...
Es wird immer Betäubung sein, immer Oberflächlichkeit, aber wenn man oder frau sich dessen bewusst ist und die Party annimmt, kann es wie Medizin sein.

 Saira (17.09.23, 08:59)
Moin Herbert,

so wichtig der Ausbruch aus der Einsamkeit ist, denke ich, dass man im Gewühl von vielen Menschen vielleicht noch mehr Einsamkeit spürt. Wenn dann noch Alkohol dazukommt, kann der Tag danach diese traurige Stimmung durch den Kater noch verschlimmern.

Ein nachdenklich stimmendes Gedicht, gut erzählt!

Liebe Grüße
Sigrun

 Redux meinte dazu am 17.09.23 um 16:11:
Hallo Sigrun,

ja es kann in einer Menschenmenge auch ganz einsam um einen werden. Das kann passieren und ist besonders traurig...
Teolein (70)
(17.09.23, 16:09)
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 Redux meinte dazu am 17.09.23 um 16:13:
Wenn wir uns auf einem solchen Fest einmal begegnen sollten, gebe ich das erste Bier aus und wir stoßen auf KV an.
Ja?
Besten Dank übrigens
Teolein (70) meinte dazu am 17.09.23 um 17:37:
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 Mondscheinsonate (23.09.23, 09:09)
Ich bin keine Freundin von Zeltfesten, fand das kollektive Umtata- Saufen immer ekelhaft. Aber, ich verstehe es, es brachte ein Dorf immer zusammen, um ausgelassen zu feiern und sich zu zeigen, brachte auch Spenden für, zumeist, die freiwillige Feuerwehr oder den Kirchturm. Was dann daraus wurde, Städter krallten sich das Konzept, um Pseudo-Landcharakter in die Stadt zu bringen, sich aufzuführen und Millionen, Oktoberfest sogar Milliarden mit Besoffenen und Prominenz zu lukrieren. Berühmt werden mit Pisse und Kotze, das lob ich mir.

 Redux meinte dazu am 23.09.23 um 09:29:
Ich kann dich verstehen. Die hässliche Seite dieser Feste ist tatsächlich hässlich.
Es klingt abgeschmackt,  aber es gibt meist nur ein dafür oder dagegen und selten ein dazwischen. 
Bei uns in Norddeutschland sind es die Schützenfeste, für viele der Höhepunkt des Jahres, weil alle, auch ehemalige Dörfler, sich wiedersehe, quatschen,  tanzen und den Alltag vergessen. Meist spielt Alkohol eine große Rolle,  aber nicht zwangsläufig. Das dazwischen trifft es wahrscheinlich. 
Liebe Grüße
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