Literarisches Rätsel 12

Ansprache zum Thema Buch/ Lesen

von  EkkehartMittelberg

Es handelt sich um einen psychologischen Roman, der das Leben seines Verfassers spiegelt.

Mehrere Ursachen, u.a. religiöser Fanatismus, Armut und Unterdrückung, treiben den Protagonisten immer wieder zur Resignation. Er flüchtet wiederholt in die Welt der Romane und des Theaters. Der Roman bleibt Fragment und endet erfolglos für den Helden. Sein Autor wird jedoch Professor für Ästhetik.

Der Roman dokumentiert mit den Minderwertigkeitsgefühlen des Helden eine schwere Depression.

Man kann ihn auch als Bildungsroman lesen, der vor Wilhelm Meister erschienen ist.

Das Werk soll Goethe zur Umarbeitung des Wilhelm Meister veranlasst haben, Heine lobte es als bedeutendes Zeitzeugnis und Arno Schmidt bezeichnete es als „die grandioseste, nicht nur der deutschen, sondern aller Selbstbiografien.“



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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (28.11.23, 12:58)
Ich tippe mal auf "Anton Reiser". LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 28.11.23 um 13:38:
Merci, Armin,

diesmal war das Rätsel etwas schwieriger als sonst und es hat länger gedauert, bis sich jemand mit einer Äußerung  getraut hat. Du hast aber gleich als Erster die Lösung gefunden.
Ich habe zu diesem Buch nur positive Stellungnahmen gelesen und halte es sehr wichtig. Nun bin ich auf Aussagen derer gespannt, die es kennen.

Liebe Grüße
Ekki

 AchterZwerg (28.11.23, 17:00)
Lieber Ekki,
ich dachte zunächst an F. Theodor Vischer - aber bei dem hat nicht alles zum Rätsel gepasst.
Ginge es indes um Rio Reiser, hätte ich sofort gewusst, um wen es sich handelt ... ;)

Errötende Grüße
Piccola

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 28.11.23 um 17:46:
Liebe Piccola, du weißt so viel über Literatur, dass du die Letzte bist, die einen Grund hätte zu erröten. Man kann nicht alles kennen.
Anton Reiser von Karl Philipp Moritz wird viel von Menschen gelesen, die an Depressionen erkrankt sind. Wikipedia ordnet den Roman so in die Literaturgeschichte ein:
"Karl Philipp Moritz inszeniert ein Spannungsfeld zwischen der beengenden Herkunft des  Protagonisten und seinem Bestreben, um Erfolg und Anerkennung zu kämpfen. So will der Autor in der Tradition des  Entwicklungsromans die Entwicklung eines Jugendlichen beschreiben – zwischen Ehrgeiz, sozialer Not und moralischem Verfall auf der einen Seite und sozialen Klischees und individuellen Hoffnungen auf der anderen. Probleme und Misserfolge werden hier nicht als Ergebnis der Herkunft dargestellt, sondern vielmehr als Folge der Fehlentscheidungen Anton Reisers und der Borniertheit und des Eigennutzes seiner Erzieher und Lehrherren. In diesem Sinne fungiert dieser Entwicklungsroman über einen begabten jungen Menschen erstens als Zerrbild überkommener pädagogischer Konzepte, zweitens aber auch als Beispiel überzogener Empfindsamkeit eines Zöglings, die sich vor allem in dessen Neigung zur  Hypochondrie und der Überempfindlichkeit gegenüber seiner Umwelt zeigt. Das Theater wird für Reiser zur Bühne der Selbstdarstellung, aber auch zum Schauplatz einer Empfindsamkeit, die von Moritz in der Tradition von  Johann Wolfgang von Goethes  Die Leiden des jungen Werthers beschrieben wird. Die psychologischen Anteile des Romans werden genretypisch nach dem Vorbild pietistischer Selbsterforschung gestaltet, die in einer Verdammnis der eigenen Person endet und einen Vorläufer in  Edward Youngs The Complaint, or Night Thoughts von 1742 bis 1744 (dt. 1751 u. 1844) hat. Auch  Jean-Jacques Rousseaus Les Confessions von 1765 bis 1770 sind Vorbild in ihrer spezifischen Ausprägung der Empfindsamkeit, der Selbstbetrachtung und -erforschung, aber auch in der angeblich autobiographischen Inszenierung der Thematik.."

 harzgebirgler (28.11.23, 17:28)
schmidts zitat dass du uns dargereicht
macht es echt für jeden kinderleicht
herauszufinden wem dein beitrag gilt
schön in ein rätsel von dir eingehüllt. :D

lg
henning

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 28.11.23 um 18:23:
Gracias, Henning, die ZEIT- Bibliothek der 100 Bücher (10. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt a.M, 1980) hat mir "Anton Reiser" wieder in die Seele gesenkt.
Hier wird beschrieben, wie das Etikett Aufklärung täuscht: "Liest man den "Anton Reiser", dann werden plötzlich die Widersprüche, die Klassengegensätze, das ganze Ausmaß der Verelendung und Verrohung im Leben der Schwachen und Wehrlosen, der Kinder, auf verletzende Weise sichtbar. Angesichts der Zustände in einem preußischen Waisenhaus, die Moritz erlebt hat, wo die Zöglinge wie Tiere behandelt werden, kann Aufklärung damals - konkret jedenfalls - nicht mehr bedeutet haben als ein feinsinniges, intellektuell-fortschrittliches Geplauder in den bürgerlichen Salons." (S.121)

 harzgebirgler äußerte darauf am 29.11.23 um 11:48:
Ja, Ekki, das ist echt haarsträubend! - In vielen Waisenhäusern weltweit geht es heute aber mit Sicherheit auch noch nicht wesentlich besser zu, wenn man hinter die Kulissen schauen würde und dürfte. Habe mal Bilder aus Rumänien nach Ceaușescu gesehen...

 Saira (29.11.23, 10:45)
Lieber Ekki,

deine literarischen Rätsel sind immer wieder interessant und lehrreich. Ich haben Anton Reiser bisher nicht gelesen, bin jetzt aber neugierig geworden.

Herzliche Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 29.11.23 um 11:58:
Grazie, Sigi, du würdest die Lektüre nicht bereuen.

Liebe Grüße
Ekki
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