Modernes Unterrichten

Text

von  Mondscheinsonate

In der Klasse meiner Schwester, ich möchte anmerken, dass es in meiner Familie drei Berufsgruppen gibt, die auf Linien aufgeteilt sind, auf der Seite großväterlichseits gibt es ausschließlich Lehrer, das war früher ein ehrwürdiger Beruf, so wieder die Teilung in Volksschullehrerinnen und Gymnasiallehrerinnen (hauptsächlich Philosophie und Geschichte, Opa sagte: "Die Deppenkombi", er hasste diese Kombi, die waren ihm zu oberlehrerhaft) und auf der anderen Seite, großmütterlicherseits nur Juristen und Ärzte, so schlug der Großvater aus seiner Linie, wurde Arzt und die Großmutter ebenso, wurde Krankenschwester, was aber auch ein medizinischer Bereich ist, dennoch, wurde sie zum Feindbild der vier Schwestern des Großvaters und er der Liebling der Schwester und des Bruders der Großmutter; die Tochter wiederum, meine Mutter, wurde gar nichts und heiratete einen Maschinensetzer, das war ein faux pas der Sonderklasse, aber die Kinder machten es wieder gut, so wurde meine Schwester Volksschullehrerin und ich wurde Juristin, so wie es aussieht, will die Kleine Tierärztin werden, aber das wollen alle kleinen Mädchen, sehen wir mal, es sieht aber so aus als ob sie sich mehr für das Gesellschaftsrecht interessiert, sie wusste schon mit acht Jahren was ein Prokurist ist und wie man eine Gesellschaft gründet, sie wollte es wissen, auf jeden Fall, in der Klasse meiner Schwester, gibt es kein einzig österreichisches Kind mehr, sie hat sogar jetzt eine Mutter den ganzen Tag drinnen sitzen, die meinte: "Nix Deitsch!"

Ich fragte entsetzt: "Was macht die Mutter da?"

Nun, das Kind ist schwer Zuckerkrank und bekam eine Insulinpumpe, wurde neu eingestellt und die Mutter passt auf das Kind auf, das ging beim Stadtschulrat durch, zum Entsetzen der Direktorin. Die Mutter ist stundenlang ruhig, aber sagt dem Kind dauernd in Mathematik ein, zum Ärgernis meiner Schwester, weil sie überhaupt nicht einschätzen kann, was das Kind wirklich kann. Letztens las das Kind brav zwei Sätze richtig (Mimi ist im Haus. Mama und Mimi sind im Garten.), da sagte meine Schwester: "Brav, bring deiner Mutter Deutsch bei." Da lachte die Mutter, als das Kind es übersetzte. Ich sagte: "Das kannst ja nicht sagen!" Meine Schwester sagte: "Oh, doch!"

Sie sagte weiter, was sie freut, von den 25 Schülern, hat die Hälfte ein sehr gutes Gefühl für die deutsche Sprache, die andere Hälfte interessiert nichts. Immerhin, besser als gar nichts, sagte sie. Sie hat sich bereits ein Bild gemacht, das kommt aus dem Elternhaus. Die interessieren sich nicht für ihre Kinder. Sie hat ein moppeliges Kind, das sich bückte und sich die Hose aufriss. Sie rief die Mutter an, meinte, wenn er abgeholt wird, braucht er Ersatzkleidung, es sei kalt draußen. Inzwischen zog er seine Turnhose an und saß so da. Der Vater holte das Kind ohne Ersatzhose ab. 

Dies zieht sich durch die halbe Klasse. Ein Schüler bezichtigte (mit sechs Jahren) den Schulwart, er hätte ihn mit dem Besen geschlagen, auch meine Schwester soll nur ihn anschreien. Er ist ein notorischer Lügner, das fiel schon ungut auf, der Schulwart hat jetzt ein Strafverfahren am Hals, dies kurz vor der Rente. 

Ein anderer wiederum rennt durch die Klasse und nennt alle "Digger!", ebenfalls mit sechs.

Ich sagte: "Ja, was soll aus solchen Kindern werden, wenn sich keiner kümmert?" Es sind nicht die Kinder die Bösen, es sind die Erwachsenen, denen die Kinder egal sind. Oder, die, die Lehrer als das Böse sehen (wie mein Großvater) und ständig auf Angriff gehen. Die Lehrerin als Feind. Das ist jeden Tag. Mittlerweile kann man online auf einer Plattform mit Lehrern kommunizieren, meine Schwester bekommt um 0:01 Nachrichten: "Slatko is nix da, krank." Dann fragt meine Schwester: "Geht es dir wieder besser?" Das Kind antwortete: "Nix krank, Serbien." Die Ehrlichkeit ist fast schon lustig. 

Ich sagte, der Lehrermangel ist schwierig, eigentlich bräuchten wir zwei Lehrer in der Klasse, kleinere Gruppen und mehr Förderung. Alles wird zu Tode gespart, das wirkt sich aus. Im letzten Rad, wie die Volksschullehrer die Klassen 1-4 nennen, waren sechs 12-jährige, die Hälfte weigerte sich, sich für irgendetwas zu interessieren, kam mit Ach und Krach durch (In Österreich kann das Alter in der Volksschule weit überschritten werden, das war die glorreiche Reform). 

Dieser Text ist kein "Ausländer sind so böse"-Text und reiht sich nicht in das "Lager"- erbauen Gequatsche der wenigen Ungustiösen, sondern soll aus der Praxis zeigen, wie ARM diese Kinder sind, wie ARM die Lehrer auch sind und dass das System langsam scheitert, dies, weil die Hälfte der Eltern sich nicht für ihre Kinder interessieren, weil sich der Staat nicht für diese Kinder interessiert, weil sich im Grunde NIEMAND um diese Kinder schert, außer Lehrer, denen sind aber die Hände gebunden, wenn sie am Elternsprechttag hören: "Ich nix Deitsch." 



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