Ein Brief
Text
von Mondscheinsonate
Liebster,
lass uns kurz zurückkehren in das fiktive Landgasthaus, wir dürfen das, sind schließlich im Märchen, wo Dich keiner vermutet und Du einfach sein kannst wie Du bist, nämlich nur Du, so wie Du zu mir bist, also hinter dem Privaten privat sein, es ist die privateste Seite überhaupt.
Von der Küche riecht es nach Frühstück herauf, der Duft nach frischem Kaffee und noch warmen Semmeln, man hört geschäftige Stimmen, ein Auto startet auf dem Parkplatz unter dem Fenster. Draußen ist es mittlerweile kalt geworden, die Fenster sind beschlagen mit Eisblumen, aber uns ist warm unter der rot-weiß-rot karierten Daunendecke. Ich sehe Dich an und bin glücklich, so glücklich wie nie zuvor. Du streichst mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht....
Gedanken wärmen, Deine Stimme auch. Du sprudelst wie eh und je, fröhlich, zehn Themen in einem Satz, ich kann Dir gar nicht schreiben wie schön das ist. Ich stelle mir Dich vor, an der Hotelbar sitzend, in einem schönen dunklen Anzug ohne Krawatte, Feierabend, ein Glas Dalmore 22 on the Rocks in der linken Hand, den guten Tropfen beinahe ausgetrunken, in der rechten Hand das Telefon am Ohr, siehst ins Glas, schwenkst es, die Eiswürfel klingen leicht, sagst "Ich hab Dich lieb" und lächelst, stellst das Glas auf den Untersetzer ab und machst eine Handbewegung, der Barkeeper möge noch einen bringen. Er nickt nur.
Lass mir meine Hollywoodgedanken, vermutlich hast Du ein überteuertes Bier im Polo-Shirt getrunken. Ich lache. Auch nicht schlecht.
Ich halte Deine schöne Hand fest und küsse Dich, während ich hier Filme drehe, aber selbst dieser Gedanke ist ein Film im Film.
Und ja, ich hielt in Gedanken Deine Hand fest, während Du erzähltest, Deine Stimme klappte die Zeit und Entfernungen zu, in mir wurde es ganz warm. Ich fühlte ein unglaubliches Begehren. Ich bekam Lust, jeden Zentimeter von Dir zu entdecken, still und liebevoll und überhaupt Dir ins Gesicht sehen und ....
Ja, wir müssen wohl noch darben, die Vorweihnachtszeit ist stressig für Dich, ich bin auch nicht ganz entstresst, habe tatsächlich alles hingeschmissen und konzentriere mich auf meine Ausbildung. Ich bin bei Kilometer 39 von 42. Recht erschöpft, muss ich zugeben, mehr als erschöpft, aber jetzt beiße ich noch die Zähne zusammen.
Am 10.12. habe ich eine extrem wichtige Klausur, Öffentliches Recht, was wetten, es kommt sicher die Gewerbeordnung, Bauordnung und das Raumplanungsrecht, wobei zweites und drittes Querschnittsmaterien sind und einen Zuständigkeitskonflikt verbergen. Ich mag das aber, ich habe die Tochter vom Leitl als Professorin, die ist streng.
Und diese verflixte Arbeit über die Anti-SLAPP-RL muss ich schreiben. Du siehst also, auch ich bin im Einsatz ("Cobra, übernehmen Sie!")
Aber 2025 finden wir gleich einen "Du hattest ja gerade Geburtstag" - Termin. Ich habe ein schönes Geschenk für Dich, etwas, das nur ich Dir geben kann und nein, es ist nichts Sexuelles, lach.
Sei nicht enttäuscht, grins. Aber, ich will mal nicht so sein!
Den letzten 4er musst Du gebührend feiern, danach kommen die "Alter Wein"-Sprüche, was wetten? Ich freue mich auch schon "riesig" darauf.
Aber, nochmals, sei nicht enttäuscht, ich bin ein normal alternder Mensch, keine Barbie, wenngleich Du ein Ken bleibst. Ich bin ich, hier, da, in Stammersdorf und sehne mich nach Dir, seufze wie ein kleines Mädchen im Liebeskummer.
Du bist ein Traum, mein Traum, mein intensiver Tagtraum und nein, ich kann auch nicht gut schlafen, mich macht das Vermissen nervös. Ich mag wach sein und an Dich denken.
Gerade träumte ich weiter, Du und ich in meiner Lieblingsstadt in Europa, in Prag, ein Treffen in dem wunderschönen Muzeum - Du gehst die linke Prunkstiege mit schnellen Schritten in einem dunklen Mantel hinauf, wie schön Du bist! Menschen rundherum verblassen, als wir uns begegnen, ich umarme und küsse Dich, das ist Glück, das große. Ja, sowas kann man tatsächlich mit Dir träumen, schön.
Ich hab Dich lieb, sagtest Du und ich hab Dich soooo lieb, sagte ich. So ist es.
Pass immer gut auf Dich auf.
Bussi
C.