Was der Bauer nicht kennt

Kommentar zum Thema Kunst/ Künstler/ Kitsch

von  Klemm

"Die Tatsache, dass diese Dinge in Mr. Eliots Geist auftauchten, ist sicher von geringster Wichtigkeit für irgendwen, sogar für ihn selbst. Mit Poesie haben sie zweifellos nichts zu tun"


Tja. So äußerte sich ein anonymer Rezensent am 21. Juni 1917 in der wöchtentlichen Literaturbeilage der London Times über T.S. Eliots erstes veröffentlichtes Langgedicht: Das Liebeslied von J. Alfred Pufrock.


1948 wurde T.S. Eliot der Literaturnobelpreis für seinen "herausragenden, bahnbrechenden Beitrag zur modernen Poesie" verliehen.


Insofern, liebe Leute (nein, Leute ist keine respektlose Ansprache): Das Kreisen um die Behauptung, es gebe einen allgemein verbindlichen Kunstverstand, ist ein Kreisen ums eigene Ego; mit anderen Worten: eine Selbstbehauptung des eigenen Kunstverstands, die höchstens Deutungshoheit hervorbringt, also Macht. In einer sozialen Gruppe, die dergestalt kreiselt, wird so etwas wie gegenseitige Befruchtung nie stattfinden können. Das Einzige, was dort stattfinden kann, ist soziale Kontrolle, also Anpassung - egal ob man nun Metaphern oder Rechtschreibfehler zum Feind stilisiert - schafft man sich so die Ödnis, über die man klagt.







Anmerkung von Klemm:

Klemms letzte Worte

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Kommentare zu diesem Text


 hehnerdreck (24.04.25, 20:33)
Ist das Auslassen der Zwischentöne beabsichtigt? Ich lese es wie hopp oder topp, ganz oder gar nicht, von der Aussage her.

 Klemm meinte dazu am 26.04.25 um 09:37:
Wenn du dich auf den letzten Abschnitt beziehst: ja.

Keine kategorische Aussage würde ich jedoch darüber treffen, ob etwas Kunst ist oder nicht, genauso wenig würde ich meinen persönlichen Kunstverstand kategorisch als objektiv verbindlich darstellen. 

Das heißt nicht, dass ich keine Urteile bezügl. des künstlerischen Werts (Inhalt und Form) von Texten fälle, ich vermeide bloß die Thematisierung, da es (siehe oben) nicht konstruktiv ist und ich überhaupt kein Bedürfnis verspüre mein Kunstverständnis anderen Kunstverständnissen gegenüber als gültiger zu behaupten oder gar als allein gültig. Da ginge es ja nicht mehr um den Text, sondern um mich, bzw. nicht einmal um mich, mein Wesen, sondern um eben: meine soziale Position oder wenn du so willst: Klasse.

Tatsächlich treffe ich einige kategorische Aussagen, wie auch: 

-Jeder Mensch hat denselben Wert, er bemisst sich weder an Herkunft noch Leistung und kann durch keine noch so abscheuliche Tat gemindert werden.

-Es liegt nicht im menschlichen Ermessen, über Leben und Tod eines anderen Menschen zu entschieden, dieses Urteil obliegt Gott (ob es ihn gibt oder nicht), von diesem kategorischen Urteil leite ich meine zwischentonlose Gegnerschaft zur Todesstrafe ab.

usw.usf.

Ergo: nicht dass eine Aussage kategorisch ist, sondern was kategorisch ausgesagt wird, ist für mich entscheidend. Davon mache ich meine Haltung abhängig, denn meine Haltung ist einer der wenigen Aspekte meines Lebens, die ich vollkommen frei wählen kann und auch die gesamte Verantwortung dafür übernehme.
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