So oder so

Kommentar zum Thema Kunst/ Künstler/ Kitsch

von  Klemm

Manche schreiben jeden Tag von 09:00 bis 17:00 Uhr, andere schreiben in plötzlichen Schüben.


Manche verachten die Metapher als Stilmittel, andere können sich einen literarischen Text ohne Metaphern nicht einmal vorstellen.


Manche schreiben metrisch korrekt, andere in freien Versen.


Manche haben alles fertig im Kopf, bevor sie es niederschreiben, andere merken erst bei der Niederschrift, was sie vorher im Kopf hatten.


Manche schreiben in langen Schachtelsätzen, andere kurz und prägnant.


Manche benutzen die Ich-Perspektive, wenn sie über andere schreiben, andere benutzen die allwissende Perspektive, wenn sie über sich selbst schreiben.


Manchen liegt die Übertreibung, anderen die Lakonie.


Und:


Manche sagen anderen, wie es ginge und formulieren Patentrezepte, andere lassen jeden das schreiben, was er will und scheuen Patentrezepte.


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Kommentare zu diesem Text


 Aron Manfeld (19.12.24, 15:16)
Lass sie machen, lieber Klemm - wären alle so perfekt wie Du, gäbe es doch keine Unterhaltung mehr.

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 15:40:
Ich habe das Schreiben aufgegeben, Aron, und jetzt hoffe ich, dass es zu mir zurückkommt, damit ich aufhören kann, euch zu langweilen.

Antwort geändert am 19.12.2024 um 15:56 Uhr

 Aron Manfeld antwortete darauf am 19.12.24 um 15:55:
Sagen wir so: Du langweilst, doch unterhältst dabei.

 Klemm schrieb daraufhin am 19.12.24 um 15:56:
Ich langweile leider mich selbst, ohne mich zu unterhalten.

 Aron Manfeld äußerte darauf am 19.12.24 um 16:10:
Du schlägst die Zeit tot mit Philosophieren.

 Klemm ergänzte dazu am 19.12.24 um 16:16:
Eher mit der Diskursanalyse dieses Mikrokosmos. Aber früher habe ich mal geschrieben, das war mir lieber.

Antwort geändert am 19.12.2024 um 16:20 Uhr

 Aron Manfeld meinte dazu am 19.12.24 um 16:30:
Einfach mal wieder arbeiten gehen, Kontakt zur Wirklichkeit knüpfen, Mensch sein.

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 16:33:
Habe wirklich mehr als genug Kontakt zur Wirklichkeit, Aron. Das ist es ja.

 AchterZwerg meinte dazu am 19.12.24 um 17:14:
Ein durch&durch ansprechender Diskurs.

Oder doch "nur" ein Selbstgespräch? :D

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 17:25:
Ach Achter, wie erfrischend zur Abwechslung auch mal Aron sein zu dürfen! :)

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 17:59:
Aron, übrigens habe ich gerade bei Rossmann Iris Berben auf einem Werbeplakat für Loreal gesehen.

 Saira meinte dazu am 19.12.24 um 19:18:
Wie "geil" ist das denn hier?

 LotharAtzert (19.12.24, 15:23)
Na daß ich Dich so inspiriert habe mit den läppischen Worten "wo der eine ja sagt, sagt der andere nein" hätt ich mir auch nicht gedacht. Kannste mal sehen.
Respekt.

Manchmal genügt es, an einem Haus einfach nur vorbeizugehen, um einen, der sich gerade im 1. Stock erhängen will, davon abzubringen und beide erfahren nie etwas voneinander.

Kommentar geändert am 19.12.2024 um 15:25 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 19.12.24 um 15:34:
Manchmal genügt es, an einem Haus einfach nur vorbeizugehen, um einen, der sich gerade im 1. Stock erhängen will, davon abzubringen und beide erfahren nie etwas voneinander.

Es gibt, wie so häufig im Leben, auch hier unterschiedlich große Wahrscheinlichkeiten. Im Falle der Suizidneigung eines Menschen dürfte die Alarmierung des Rettungsdienstes mit größerer Wahrscheinlichkeit die Verhinderung des Suizids herbeiführen als das bloße Vorbeigehen an seinem Haus.

Damit steht es wohl ähnlich wie bei der Lebensmittelversorgung: Günstiger ist es, im Laden etwas einzukaufen, als darauf zu warten, daß irgendein Mensch aus irgendeinem Grunde ein Lebensmittelpaket mit genau dem gewünschten Inhalt vor die Tür stellt.

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 15:51:
Ja, Lothar, es hat eine Erinnerung daran wachgerufen, wie ich es selbst früher gesehen habe. Abgesehen von dir hat mich aber auch noch ein Kommentar von Isensee zu diesen Merksätzen inspiriert. Bewegung und Gegenbewegung.


Günstiger ist es, im Laden etwas einzukaufen, als darauf zu warten, daß irgendein Mensch aus irgendeinem Grunde ein Lebensmittelpaket mit genau dem gewünschten Inhalt vor die Tür stellt.

Graeculus, die Frage ist: welche Alternative würdest du zu einer Geschichte machten?

 Graeculus meinte dazu am 19.12.24 um 15:56:
Als Geschichte ist etwas anderes empfehlenswert als im Lebensalltag. Wahrscheinlich genau deshalb, weil das Alltägliche nicht so prickelnd ist.
Allerdings ... wenn jemand aus einem Einkauf bei Edeka eine Geschicht zu machen vermag, Hochachtung! Das ist sicher schwieriger.

(Isensees Kommentare sind, ich denke an einen gerade aktuellen, eine Schande.)

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 16:15:
Als Geschichte ist etwas anderes empfehlenswert als im Lebensalltag.
Nicht einmal das ist zwangsläufig.

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 17:42:
(Isensees Kommentare sind, ich denke an einen gerade aktuellen, eine Schande.)

Graeculus, hier liegt doch die eigentliche Herausforderung! Manche Urteile fällen sich leicht, z.B., wenn Moppel mit ihren hanebüchenen Statistikauslegungen um die Ecke kommt. Wer ein bisschen Ahnung von Statistik hat, braucht sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen. Aber natürlich ist es eine Schande, dass Menschen eine so verschobenen Blick auf die Wirklichkeit haben. Bei Textkritik ist es anders, ich halte Isensees Lesarten durchaus für legitim, sie entsprechen seinem Habitus, d.h. nicht, dass ich ihnen zustimme.

Manchen Urteile Marcel Reich-Ranickis stimmen erschreckend exakt mit meinen überein (z.B. Brecht), von anderen seiner Urteile halte ich gar nichts.

Deshalb lehne ich am Leser orientiertes Schreiben ab, sofern es sich nicht um Werbetexte handelt.

 Graeculus meinte dazu am 19.12.24 um 21:22:
Deshalb lehne ich am Leser orientiertes Schreiben ab, sofern es sich nicht um Werbetexte handelt.

Das habe ich jetzt verstanden. Verstanden habe ich nicht, warum - mit welcher Absicht - Du Texte veröffentlichst (was ja nicht dasselbe ist wie sie zu schreiben).

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 21:26:
Gute Frage. Um zu simulieren, dass ich schreibe.

 Graeculus meinte dazu am 19.12.24 um 21:46:
simulieren? stimulieren?
"simulieren" verstünde ich überhaupt nicht.

 Klemm meinte dazu am 20.12.24 um 00:41:
Echt nicht? So wie in Talkshows Gespräche simuliert werden oder hier bei KV von manchen Diskussionen und sogar Argumentationen simuliert werden. Formell schreibe ich, aber die Sprache nur ist nur Werkzeug. Das befriedigt mich nicht.

Antwort geändert am 20.12.2024 um 19:15 Uhr

 Graeculus (19.12.24, 15:28)
Es versteht sich, daß unterschiedliche Menschen unterschiedlich schreiben. Damit ist jedoch noch nicht das ganze Phänomen erfaßt, denn Du läßt den Aspekt der Wirkung aus.
Manche Texte haben eine starke Wirkung auf viele andere Menschen, regen diese sogar zu etwas Eigenem an, während andere Texte von den allermeisten nicht einmal zuende gelesen werden.

Vielleicht nicht das Schreiben selbst, aber auf jeden Fall das Veröffentlichen des Geschriebenen ist ein sozialer Vorgang.
Und dabei kann ich mir - anders als bei einem privaten Tagebuch etwa - nicht vorstellen, daß dem Autor diese Resonanz (lebhaft oder völlig ausbleibend) gleichgültig ist.

Daher lautet in diesem Falle die Frage: Willst du mit deinem Text eine Wirkung erzielen? Dann solltest du nicht einfach so drauflos schreiben, sondern ...

Der Vorteil einer Berücksichtigung dieses Aspekts liegt auch darin, daß er die Voreingenommenheit des Autors, der ja oft seine eigenen Texte schlichtweg für gelungen hält, etwas zurechtrückt.

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 15:45:
daß er die Voreingenommenheit des Autors, der ja oft seine eigenen Texte schlichtweg für gelungen hält, etwas zurechtrückt.

Das ist eine Behauptung, die ich hier schon öfter gelesen habe, die sich aber ganz und gar nicht mit meinen Erfahrungen und Beobachtungen deckt. 


Daher lautet in diesem Falle die Frage: Willst du mit deinem Text eine Wirkung erzielen?

Ich erziele ich hier regelmäßig mit extrem schlecht geschriebenen in wenigen Minuten runtergetippten Texten viel Wirkung und habe überhaupt keine Freude daran.

Oder mit den Worten von Otis Redding


I can't do what ten people tell me to do
Das ich es versucht habe, hat meine Inspiration getötet.

 Graeculus meinte dazu am 19.12.24 um 15:53:
Diese Voreingenommenheit ist mir erst vorgestern in einer staunenswerten Weise begegnet. Ich will's nicht verallgemeinern, aber die Selbstbeurteilung halte ich nicht für ein Muster an Objektivität.

Deine Erfahrung, wenn sie so ist, tut mir leid. Der Maßstab, auf den ich anspiele, ist die gewünschte Wirkung. Falls diese nicht mit der tatsächlichen übereinstimmt, gibt es Grund zum Nachdenken. Und gegebenenfalls die Art des Schreibens zu ändern.

Und wie gesagt: Ich spreche von veröffentlichten Texten, bei denen ich mir halt nicht vorstellen kann, daß dem Autor die Wirkung gleichgültig ist. Anscheinend ist sie das auch in Deinem Falle nicht.
Immerhin erzielst Du eine Resonanz. Ist nicht deren völliges Ausbleiben der schlimmste Fall? Der Autor fragt mittels Veröffentlichung: Leute, was haltet ihr davon? Die Antwort: null.

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 16:05:
Selbst kann man nur beurteilen, ob man das, was einem vorgeschwebte, umgesetzt hat. Die meisten Künstler, die ich kenne, leiden unter großen Selbstzweifeln.

Derselbe Text vermag bei unterschiedlichen Menschen unterschiedliche Wirkungen zu erzielen, unterschiedliche Texte desselben Autors ebenso. Man kann es eben nicht allen gleichzeitig rechtmachen.


Ist nicht deren völliges Ausbleiben der schlimmste Fall?
Der schlimmste Fall ist, selbst unzufrieden zu sein.

 Graeculus meinte dazu am 19.12.24 um 16:05:
Otis Redding, das gilt es ja zu bedenken, war ein sehr erfolgreicher Musiker.

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 16:08:
Und offensichtlich hat er ein paar gute Ratschläge ignoriert..

Antwort geändert am 19.12.2024 um 16:08 Uhr

 AchterZwerg meinte dazu am 19.12.24 um 17:17:
. :P

 AchterZwerg (19.12.24, 17:27)
Wir Zwerge haben ja stets alles gleich im Kopf.
Wenn aber ein Kopf so klein ist wie beispielsweise der meine und nur eine Winzigkeit herausfällt, ist später so gut wie gar nichts mehr vorhanden.

Was, bitte schön, nutzt mir da noch der Wittgenstein und seine "monströse Kleinheit des Denkens?"

Eben. :ermm:

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 17:57:
Zwerg, das ist ja mal wieder ein kluger Beitrag! :) . Nur die Frage kann ich dir nicht beantworten, das hast du ja bereits vorausgesehen. Deswegen bin ich zu Kirkegaard zurückgekehrt. Entweder - oder ist vielleicht machbar.

 Saira meinte dazu am 19.12.24 um 18:23:
Hihi, dabei sagt die Größe eines Kopfes rein gar nichts über den Inhalt aus!

 Saira (19.12.24, 18:14)
Hallo Klemm,

ich bin froh, dass Kunst und Literatur keine festen Regeln kennen. Kreativität passt in keine Schablonen. Vielmehr ist es die persönliche Handschrift, die das Besondere an jedem Werk ausmacht.
 
Selbst Kitsch hat seinen Platz im Spektrum der Kunst – als Ausdruck von Emotionen und als Spiegel der Gesellschaft.
 
Es gibt keine Patentrezepte!
 
Diejenigen, die anderen aus verletzter Eitelkeit oder aus anderen niederen Beweggründen sagen wollen, wie man schreiben soll und dass man es sogar sein lassen sollte, gehören in die Kategorie der asozialen Neider und Hetzer. 

Ich unterscheide hier klar gegenüber der wertgeschätzten konstruktiven Kritik.

Kommentar geändert am 19.12.2024 um 18:16 Uhr

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 18:29:
Es ist ja gerade ein Merkmal der konstruktiven Kritik, dass sie dem Text kein Urteil überstülpt, dass an außertextliche Ansichten geknüpft ist, sondern die Prämisse des Textes anerkennt! Deswegen kann es auch keine Patentrezepte geben.

 Saira meinte dazu am 19.12.24 um 18:37:
Stimmt!
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