... hatten ab hier Lassinger und Quapil ein mögliches, sogar wahrscheinliches Motiv, es begann eine neue Qualität in der Ermittlungsarbeit und abgesehen davon, dass die Ghettoisierung der Döblinger Hauptstraße kein Dauerzustand sein sollte, lag ihnen die Bevölkerung und vorallem der Innenminister im Genick, denn der fürchtete um seinen Job als oberstes Organ der beiden und drohte der Abteilung mit "allseitigem Untergang".
Der pensionierte Polizeipräsident Feichtinger rief den Lassinger an, beschwichtigte ihn, sagte: "Eines kann ich euch stecken, nämlich, dass 70% der Mordfälle überhaupt, durch Fehler der Mörder geklärt wurden, 30% durch reines Glück und Zufall. Als dann, Baba!"
Das war nicht sehr beruhigend.
Lassinger sah auf den stark vergrößterten Abschnitt "Döblinger Hauptstraße" auf der Pinnwand, den ihm Frau Soring, die Renate, seine Sekretärin, herauskopierte und schrie noch ins Nebenzimmer: "Geh, Renate, bring mir bitte noch einen Kaffee, bist du so lieb?" Renate tat, wie gebeten und schloss beim hinausgehen die Türe hinter sich.
In Wien sind gerade Hausnummern auf der rechten Seite, ungerade auf der linken Seite, dies seit 1861/1863, das googelte Lassinger. Die Mordserie war auf der geraden Seite, vielleicht ist "gerade" als "Dur" und "ungerade" als "Moll" zu sehen?
Er ging näher hin, die "geraden" Nummern gehen nicht in einer Reihe, nirgendwo in Wien, überall werden ein paar Häusergruppen von Seitenstraßen durchbrochen. Auf Nummer 2 passierte kein Mord, das ist ein Hotel.
"Mensch, wie bist du, nach der Bewachung in die Häuser gekommen?"
Er ließ sich vom Magistrat alte Pläne kommen, viele Häuser sind vom Krieg verschont geblieben und aus der Gründerzeit. Er sah sich Keller an, griff zum Telefon und wählte den Magistrat an. Es meldete sich eine Frau Grill. Die verband ihn weiter zum "Herrn Intschinör" wie sie sagte. Der hob mit schroffer Stimme ab: "Fintsch".
Herr Fintsch sagte, dass bei den alten Häusern die Keller verbunden waren und unter den Kellern war oft noch ein Keller, ein mittelalterliches Relikt, aber das könne er vernachlässigen, weil die meisten zugemauert sind. Habe die Ehre, Auf Wiederschau'n!"
Am Nachmittag fuhr Lassinger mit seinem Kollegen Quapil in die Döblinger Hauptstraße. Die beiden parkten vor Haus 4 in zweiter Spur, freie Parkplätze gibt es dort so gut wie nie, gingen auf die Seite der ungeraden Hausnummern, wo nichts geschehen war, und dachten nach. Lange standen sie dort, dann sagte Quapil: "Vielleicht wär's g'scheid, wenn der Polizeihubschrauber Fotos machen würde." Da nickte Lassinger.