IV
 Inhalt 

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Erzählung

von  Quoth

Überall im Gericht roch es nach Aktenstaub, nach Bodenöl und alter, vertrockneter Kernseife, Spucknäpfe standen an die Fußleisten gerückt, riesige Luftbefeuchter hingen an den geblähten Heizkörpern, die immer kalt waren, die Lampen waren grün wie die Linoleumbeläge auf den Tischen, Grün schont die Augen, sagte Emil und blätterte in der dicken Akte, in die sich sein Leben verwandelte, denn er wurde entnazifiziert, das war ein schweres Wort wie identifiziert und infiziert, und weil er allergisch auf Papier war, fuhr er mit dem rosigen kleinen Finger, dessen Nagel spitz zulaufend geschnitten war, in großer Höhe, als dürfe das Blatt auf keinen Fall berührt werden, über die Stelle hin, die ihn verdross, und er spitzte den Mund, als ob er pfeifen wollte, und Vilma stand hinter ihm, die Hände auf seinen Schultern, und sagte, es wird nicht so heiß gegessen, wie gekocht, und wenn ich vom Schwarzmarkt kam, wo wir Tabak in Speck und Butter umgetauscht hatten, dann schrie sie, o mein Gott, wo hast du das her, der Junge wird ein Dieb, wird ein Dieb, o mein Gott! und ich erklärte es ihr, doch sie wollte es nicht hören, aber wenn ich mit dem Speck wegging, riss sie ihn mir aus der Hand, wandte die Augen ab und versenkte ihn in der Suppe, die sie auf Hamsterkartoffelschalen kochte, und die Speckschwarte wurde aufgehoben, man konnte sie vielleicht noch mal ausleihen, denn es gab viele, die hatten noch weniger als wir, z.B. Horwetters, die wohnten in der alten Remise und nagten am Hungertuch, worunter ich mir ein fettfleckiges Tischtuch vorstellte, das sie auslutschten, der Mann war blind und fasste immer alles an, am liebsten die Zigeunerinnen, die lachten und schrien und gruselten sich vor den leeren Augen, aber sie ließen ihn gewähren, weil er ihnen leidtat, und die Erde erzitterte, es blitzte in den blauen Himmel, und Frau van Genees schaute aus dem Fenster des Karzers, ob unter den Sträflingen ein neuer war, der ihr Verlobter sein konnte, und wenn sie wegging, quietschte die Karzertür, sie war mit dicken Riegeln und Beschlägen versehen, und wir marschierten an der mit Stacheldrahtspiralen belegten Gefängnismauer auf und ab, die Wehrpässe dutzendweis um den Hals, ich haute auf den Blecheimer und fühlte mich stark, die Frauen standen unter den Lebensbäumen und knöpften sich die Blusen zu, und wir hörten Rolli schreien und hörten den Fahrradschlauch klatschen, das war sein Vater, er war wieder betrunken und nahm dann den Schlauch so, dass das Ventil Rollis Hintern zerfetzte.




Anmerkung von Quoth:

wird fortgesetzt

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