Ein bisserl runterkommen...

Text

von  Saudade

Ja, das ist schlau, nach stundenlangem Lernen und schnell noch, vor dem Schlafengehen, eine Geschichte erzählen - mit dem Steuerrecht im Kopf möchte ich nicht so gerne einschlafen -, vorallem braucht die werte Leserin, auch ein paar werte Leser, eine romantische Geschichte, nicht nur größenwahnsinnige, gottesgleiche, vorallem schwer uninteressante Ansichten, die langweilig sind und alle vertreiben.

Also, beginne ich am Ende der Geschichte, schlussendlich beginnt es dort, denn da fiel mir der Beginn wieder ein ...


Da ich schließlich nicht nur die Rechtswissenschaften studiere, sondern auch Wirtschaftsrecht im Masterlehrgang, schrieb ich mich in eine Vorlesung ein, sah auf den Namen des Professors und dachte nach, ja, dachte, das muss ein Zufall sein, soll es geben, das kann nicht der sein, der ich glaubte, er sei es vielleicht, aber in der Vorlesung stellte sich heraus, dass es der war, an den ich dachte und ehrlich gesagt, das war mir nicht angenehm. Nein, nein, es war wirklich eine reizende Geschichte, aber eigentlich wollte ich keinen Professor, der einmal mein Freund war, dies mit 15.

Ich saß also in der Mitte eines komplett gefüllten Seminarraums an einem Tisch, ziemlich in der Mitte, sah auf den Professor, der eine Halbglatze hatte und einen Anzug trug. Das Gesicht allerdings war noch jung geblieben. 

Ich muss dazu sagen, damals war er 18, jetzt ist er eben 52. Die Erscheinung amüsierte mich, zog mich überhaupt nicht an, aber die Art, wie er sich selbst darstellte, die fand ich lustig, es war nämlich "voll" er, gar nicht verändert. 

Entzückend, wie er sich den Jungen behalten hatte. 

Auf jeden Fall, ich hörte Woche um Woche zu, verzichtete auf "Mitarbeitspunkte" für die Klausur, weil ich mich nicht melden wollte, bloß nicht bewegen, ja, das dachte ich und auch er sah über mich hinweg, nach einer Weile atmete ich aus. 

Tja, und dann kam die Klausur, die wirklich anspruchsvoll war. Er saß vorne und arbeite an seinem Computer, ich senkte den Kopf und runzelte die Stirn, war konzentriert. Auf einmal stand er auf, ging durch die Reihen, wie ein Oberlehrer (sowas wird gehasst!), blieb bei mir stehen, ich sah auf, es machte mich nervös, sah ihm ins Gesicht, auf einmal lächelte er, ging weiter und fing leise "Strangers in the Night" von Frank Sinatra zu pfeifen an, kurz nur. Ich drehte den Kopf nochmals in seine Richtung und wir beide lächelten. 

Wer jetzt glaubt, die Erinnerung hat mich verbessert, der irrt, es ging sich ein Genügend aus, knapp, das war allerdings nicht geschenkt, sondern hart erkämpft.

Aber, was hatte es mit "Strangers in the Night" auf sich? Nun...

Bei dem Lied küssten wir uns das erste Mal. Er war im Smoking, ich im Ballkleid, dies im Hotel Hilton, der Klavierspieler spielte es in dem Moment, wir tanzten eng aneinander, wie zwei Erwachsene, ich, gerade noch Tanzschülerin, aber er führte mich wie ein Gott und ich war plötzlich Prinzessin. 

Ja, wir flüchteten vom Pfadfinderball in die Bar, der im Zwischengeschoss war und wie er baggerte, lange gab ich nicht nach. Anfangs mit einem Gedicht von Heinrich Heine, dann mit Dauerpräsenz an meiner Seite und schlussendlich mit Sekt und Nüssen, aber der Tanz war magisch. Der Klavierspieler spielte längst nicht mehr, die Gäste waren weg, wir tanzten noch immer, mein Kopf auf seiner Brust, die Melodie im Ohr.

Ja, das war schön. Die Jugend hat schon Momente, die durch das ganze Leben hindurch glänzen. 


Nein, wir sprachen nicht im Seminar miteinander, auch nicht danach, aber das Anlächeln bedeutete: "Wir denken gerade dasselbe und das ist schön."

Mit einem warmen Gefühl im Bauch wünsche ich eine Gute Nacht.


Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Aron Manfeld und hehnerdreck.

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