Sie gähnt. Vorwurfsvoll. Wenn Mathilde neben mir sitzt, dann gibt es nur zwei Zustände: Hunger oder Müdigkeit.
Sie gähnt also, das bedeutet, sie ist müde und will mit mir ins Bett gehen.
Angreifen geht im Wohnzimmer nur schwer, sie mag das nicht, ist eine Fluchtkatze. Im Bett, jedoch, ist sie zu allem bereit, entfaltet ihre Schmusekünste, lässt sich wie eine Puppe umarmen und küssen. Das ist die erste Katze, die nur mir gehört. Emil gehört der ganzen Familie, aber Mathilde, die Zicke, kommt nur zu mir.
Das dauerte allerdings, Jahre. Anscheinend wurde sie sehr schlecht behandelt. Stammt aus einem Messi-Katzenhaushalt mit 18 schwarzen Katzen. Sie wurde gemobbt und saß immer alleine. Jetzt sitzt sie immer bei mir.
Julius ist gerade da, heute ist Mathilde zu müde. Sie sieht ihn gelangweilt an. Ansehen muss sein. Mehr ist nicht drin. Julius zieht schneller ab als sonst. Vielleicht gefällt ihm das sonstige Getue von Mathilde doch?
Mathilde, sagt man, ist jetzt 11. Sie ist dünn und nimmt nie zu. Sie springt manchmal vom Kratzbaum auf Emils Rücken. Der spürt sie nicht einmal. Aber, sieht er, dass sie von seinem Rücken gesprungen ist, legt er sich auf den Boden und attackiert sie. Er weiß, dass sie schwächer ist. Sie attackiert ihn dann frontal. Schlägt er mit der Pranke zurück, plärrt sie theatralisch. Emil gibt dann die Ohren zurück und wartet auf die nächste Attacke. Die kommt prompt, dann steht er auf und rennt ihr nach. Sie plärrt wie verrückt.
Zehn Minuten später putzt sie ihm seine Ohren und seinen Kopf. Dann geht das Spektakel von vorne los.
Das soll einer verstehen.
Gestern trat ich Emil unabsichtlich auf den Schwanz. Er plärrte. Mathilde kam aus dem Nichts herbeigelaufen. Emil ist ihr heilig. Es war Liebe auf den ersten Blick. Wenngleich, der träge Kater würdigt sie kaum eines Blickes, außer sie drängt sich ihm auf.
Als sie noch nicht kastriert war, ging sexuell die Post ab. Nach der Kastration war sie Luft für ihn. Das hat Mathilde nicht kapiert. Emil ist's egal.
Wenn Emil ins Bett kommt, was selten ist, geht Mathilde. Der Herrscher sieht sie nur einmal kurz an und sie geht. Dann legt er sich breit auf seine Seite und seufzt zufrieden. Und wenn er fertig gegessen hat, macht er einen Katzenbuckel. Das ist das Signal, dass der Kaiser fertig ist, somit haben alle aufzuhören zu essen. Mathilde läuft dann davon.
Mathilde ist devot. Ja. Aber ich bin vor dieser Katze devoter. Sie hat mich fest im Griff. Die Zicke fasziniert mich. Mathilde schnurrt wie ein Motor in meinem Arm und ich seufze dann.
Mathildes Foto auf der Tierheimseite vor acht Jahren und es war Liebe auf den ersten Blick. Mathilde heute, es ist noch immer eine große Liebe.
Ich schlafe bei 30 Grad mit Wolldecke, weil Mathilde gerne auf der Decke liegt. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
