Personalpronomen

Gedanke zum Thema Achtung/Missachtung

von  dubdidu

Es gibt Menschen, die möchten nicht geduzt werden, und solche, die möchten nicht gesiezt werden. Ich bin beidem gegenüber offen. Hauptsache, mir wird der minimale Respekt entgegengebracht, ein Individuum zu sein, d.h. über die Reflexion meiner Gedanken und Gefühle, selbst zu verfügen. Vielleicht wäre zu erwähnen, dass die Reflexionsfähigkeit des Kindes beginnt, wenn es lernt, ich und nein zu sagen.


Unerbetenes Wiren ist daher eine besonders perfide Anmaßung. Inhaltlich vereinfachend, formal autoritär. Und zwar auf eine kindliche und zugleich kindergärtnerische Weise.


Die überhebliche Weigerung das individuelle Gefühls- und Gedankenleben anderer Menschen anzuerkennen und ihnen leichthin die womöglich eigenen Gefühle, Gedanken, Wünsche und Motive, zumindest aber die eigene Sicht auf dieselben unterzuschieben, verhindert jeden respektvollen Austausch unter Erwachsenen und gefriert jede Dynamik. Auf diese Weise wird versucht, Macht auf der Beziehungsebene auszuüben. Vom Wir erstickt, wird Reflexion von vornherein als Möglichkeit ausgeschlossen.


Deshalb gilt: wer icht mutet anderen etwas zu, wer wirt, maßt sich an.


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Kommentare zu diesem Text


 niemand (21.07.25, 14:26)
Ich möchte auf jeden Fall nicht von Menschen geduzt werden, denen ich dieses Du nicht angeboten habe. Das Sie bildet eine Grenze. Damit signalisiere ich dem Gegenüber, diese nicht eigenmächtig zu übertrschreiten. Ich bin in meiner Umgebung von sogenannten "Alle-Duzern" umzingelt und ich mach das nicht mit, weil es mein Wunsch ist, auf welchen ich ein Recht habe. Ich habe da so meine Theorie und möchte gerne ein Beispiel äußern: Es ist sehr leicht "Du Arsch" zu sagen, es ist aber schon schwieriger das Du durch ein Sie ersetzen.
Das nur nebenbei. Ich sehe da auch keinerlei Respekt, auch keinen minimalen,
wenn man sich weigert mich zu siezen, mir also schon diesen Wunsch nicht erfüllen will.Wie soll jemand, der schon diese nicht sooo große Sache übergeht, mich in meinem Meinungen/Ansichten etc. respektieren? Dieses "Wir" ist übrigens auch so ein, sagen wir mal "Mengen-Duzen". Dieses Wir schafft eine Nähe die eigentlich nicht vorhanden ist. Ich hatte vor zwanzig Jahren, als ich in die Schreibforen eingetreten war, Probleme mit dem bedingsungslosen "Du",
habe mich dann aber gefügt, weil mir das Schreiben doch wichtig war und es anders dann wohl nicht gehen wollte. Privat lasse ich mir das aber nicht überstülpen. Auf ein unerlaubtes Du reagiere ich nicht und jemanden der nicht gesiezt werden möchte vermeide ich ein zweites Mal anzuprechen. So bekommt er seinen Willen und ich muss nichts praktizieren was mir nicht liegt.
LG niemand  :)

 dubdidu meinte dazu am 21.07.25 um 15:48:
Ja, niemand, ich finde, das ist ein verständlicher Wunsch. Es steht niemandem zu, die Nähe-Distanz-Grenzen anderer festlegen zu wollen, bzw. zu ignorieren, dass andere ein anderes Verständnis davon haben. Die Anerkennung dessen (also des Gegenüber bzw. Ich) ist aus meiner Sicht die Grundlage dafür, sich aufeinander beziehen zu können und über die Gestaltung der Beziehung zu verhandeln. Deswegen finde ich das Wiren nicht nur anmaßend, sondernd auch perfide. Es erfordert viel Fleiß, Reaktionsschnelle und den Mut, unbequem zu sein. Ähnlich wie das Zurückweisen von Suggestivfragen.

Abgesehen davon haben Menschen eben unterschiedliche Vorlieben was die Anrede angeht und unterschiedliche Kulturen haben unterschiedliche Gewohnheiten. Im Koreanischen gibt es z.B. sehr viele unterschiedliche Abstufungen in der Anrede, in den skandinavischen Sprachen wird nicht mehr gesiezt. Trotzdem ist die Distanz dort nicht flöten gegangen, wie auch umgekehrt das Siezen einem sehr herzlichen Verhältnis nicht entgegensteht. Entscheidend ist, wie gesagt, die Haltung der anderen Person zu respektieren.

Ich erinnere mich übrigens, dass es mir in meiner Jugend sehr unangenehm war, wenn Erwachsene, die mir mindestens suspekt waren, mich aufforderten, sie zu duzen.

Ps: das erinnert mich übrigens daran, dass auch Schafe untereinander differenzieren und mit manchen ihrer Herdengenossen mehr Zeit verbinden als mit anderen.

Antwort geändert am 21.07.2025 um 16:08 Uhr

 tueichler (21.07.25, 14:53)
Zum Wiren. Na klar gibt es den Fall, dass man sich in einer Gruppe zusammenfindet - durch gleiches Schicksal, die selben Ziele oder Gedanken. Der Kern hier ist das Zusammenfinden. Dann ist ein Wir völlig in Ordnung.
Aber was mir - und so lese ich Deinen Text - auch gehörig auf die Hülle meiner Testikel geht, ist der Umstand, dass mittlerweile jeder Hannebambel mit jeder noch so blöden Idee mit einem Wir versucht, mich einzuschließen, auch wenn ich persönlich diese Idee kategorisch ablehne. Anmaßung ist wohl unter Politikern eine gängige Methode, um Individualmeinungen von vornherein auszuschließen.

"Wir müssen, und damit meine ich auch Sie meine Damen und Herren, uns der Tatsache bewusst sein dass {<Politikerdarstellung>;<erwartete Negativauswirkung>;<kollektive  und stellvertretende Einverständniserklärung mit den daraus sich erklärenden Konsequenzen>}"

 niemand antwortete darauf am 21.07.25 um 15:08:
Hannebambel
.....      :D

Antwort geändert am 21.07.2025 um 15:09 Uhr

 dubdidu schrieb daraufhin am 21.07.25 um 15:55:
Ja, genau tueichler, so meine ich es. Selbstverständlich können sich Gruppen ein Wir-Gefühl entwickeln und pflegen, als Interessen- oder Nähegemeinschaft. Ich selbst neige zu der recht strengen Auffassung, dass ein Wir mindestens in ein Ich und ein Du (bzw. mehrere) teilbar sein muss. Ironischerweise, wird ein Wir-Gefühl einer sozialen Gruppe doch gerade dadurch gestärkt, dass Einzelne darin nicht auf- oder untergehen, sondern miteinander verhandeln und neue Ergebnisse hervorbringen. Für einen Zusammenhalt bedarf es vieler einzelner Hände. Das gilt nicht nur in der Politik, sondern für alle sozialen Gruppen.
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