Leere Fülle

Gedankengedicht zum Thema Denken und Fühlen

von  Füllertintentanz

Inmitten der erreichten Fülle
ist ihre Leere kaum zu fassen.
Denn schwerer als der Taten Hülle
gewichtet heut mein Unterlassen.
Wurd einst der Liebe zum Verräter,
skandalgescheut trieb ich sie fort.
Beweinte jeden Abstandsmeter,
war des Vertrauens Missetäter,
belog dich dreist mit jedem Wort.

Gedanken spalten meinen Spiegel
bis heute sind sie unbesprochen,
entmündigt durch der Feigheit Siegel
sind sie ins Fernsehen gekrochen.
Nun hängen Sätze in der Kehle,
gleichwie Gesplitter unterm Fuß,
sind eminent wie Kardinäle,
geahnte Botschaft ich verhehle,
vertreib des Gesterns herben Gruß.

In mir verendet die Fassade,
erstickt an ihren eignen Mauern.
Doch aus dem Blut der Barrikade
erhebt sich grollend mein Bedauern.
Es schmeißt sich in des Denkens Nächte,
verkündigt sich in jedem Blick.
Gemeinsam mit der Schatten Mächte
befüllen sie des Fühlens Schächte
mit stinkend zähem Reueschlick.

Ich wollte lernen loszulassen,
um meinen eignen Halt zu finden.
Stattdessen lernte ich Grimassen,
die lächelnd mein Gemüt verbinden.
Verdreht, versilbt und oft gewendet
verübte ich nur Selbstbetrug,
Gesehnt, gescheut dem Nichts verpfändet
die Jahre freudenfern verschwendet
vollstreckt mich jeder Atemzug.

Es rieselt Zeit aus allen Ritzen
versandet körnt sie mein Gewissen.
Minuten die den Blick aufschlitzen,
eröffnen Sicht auf die Kulissen
die meine kleine Welt bewahren
und werfen weit mit Einsamkeit.
So lange wir an Wahrheit sparen,
erreichen wir kein Selbsterfahren.
Bewohnen Unvergessenheit.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 AndreasG (13.08.05)
Hallo Füller.
Ein seltenes Thema hast Du da... Reue, wer schreibt schon darüber?
Sehr nachfühlbar in Zeilen gehämmert, mitnehmend. Doch mir fehlt der Ausblick. Reflektieren ist ja wichtig, Selbsterfahren auch, aber was ist mit dem Lerneffekt? Meinst Du das mit dem Selbsterfahren?
Hmmm... - "Bewohnen Unvergessenheit" ist ein starkes Ende, ohne Zweifel. Vielleicht bin ich nur zu lernfixiert. *g*
Liebe Grüße, Andreas

 Füllertintentanz meinte dazu am 14.08.05:
Hallo Andreas,
es freut mich wirklich sehr, dass du dich so häufig durch meine langen Texte liest. Viele empfinden sicherlich schon die Anzahl der Zeilen als abschreckend. Die Frage mit dem Lerneffekt hat mich ein wenig stutzig gemacht, denn für mich springt die Kernaussage des Textes einfach aus jeder Zeile.
Schon bei der ersten Zeile stelle ich mir einen Menschen vor, der in seinem klasse eingerichteten Wohnzimmer sitzt. Er schaut auf all das Erreichte, den Garten, die Möbel usw... All dieses hat er erreicht, durch die Arbeit und Taten seiner letzten Jahre. Doch ihm wird bewusst, dass all das Geschaffene viel weniger ist, all all das, was er im Leben unterlassen hat. Viele Träume, unter anderem auch die Liebe seines Lebens hat er aufgegeben, weil es einfach nicht in sein so toll durchorganisiertes und erfolgreiches Leben passte. Er versucht sich abzulenken, weicht dem Spiegelbild aus, verkriecht sich ins Fernsehen, nur um nicht nachdenken zu müssen. Die größte Lüge seines Lebens ist noch immer unbesprochen. Er hat sie weder vor der unvergessenen Person, noch vor sich selbst eingestanden. Er wollte diese Gedanken abwerfen können, um endlich wieder glücklich sein zu können, doch er hat es nie geschafft. Ihm wird bewusst, wie viel Zeit er schon in seiner Einsamkeit verschwendet hat. Er lebt in der Unvergessenheit seiner Liebe.
Die Kernaussage ist doch hier, dass er seine Einsamkeit nie überwinden kann, wenn diese Dinge weiter beschwiegen werden. Er muss sie sich selbst eingestehen, nicht vor seinen eigenen Zwiegespächen fliehen... und sie dann auch endlich der betreffenden Person mitteilen.
So lange man seine Vergangenheit nicht wirklich aufgearbeitet hat kann man seine Gegenwart nicht genießen und sich für die Zukunft nicht öffnen.
Das wollte ich mit den Zeilen ausdrücken.

Liebe Grüße, Sandra
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram