Schädelstätte

Gedankengedicht zum Thema Glaube

von  Isaban

Wenn ich mal bloß katholisch wär,
dann wär mein Leben halb so schwer.
Ich aber bin nur irgendwas und hasse dass
mir keiner sagt, was ich jetzt wohl
denken, glauben, fühlen soll –

weil ich nicht logisch funktionier.
Na ja, vielleicht noch auf Papier,
doch insgeheim, daheim allein,
trag ich mein Kreuz wie ein Klavier,
das ich im achten Stock verlier.

Da war mal einer, unsterblich,
der hing kurz rum und er verblich.
Da war nie was, ach, aber ich
schätzte ihn wert, behielt ihn lieb,
obgleich Vernunft da ganz abriet:

Verlassen sein erträgt kein Schwein.
So fand ich einen, der mich will.
Und konnte nicht. Höllisch bewusst
verlor ich Lust. Und zuvor den,
der mich nicht küsst, weil er verdammt
katholisch ist.

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Kommentare zu diesem Text


 bratmiez (29.08.08)
da schleppen zwei männer ein klavier in den zehnten stock. sagte der eine zum anderen: "ich hab ne gute und ne schlechte nachricht.
sagt der andere: "die gute zuerst!"
"Wir sind gleich oben."
"und die schlechte?"
"wir sind im falschen eingang."

das dazu.

mir gefällt dein gedicht!
miao ;o)

 Isaban meinte dazu am 29.08.08:
Es ist ein Kreuz mit dieser Welt!
Ich dank dir schön für Gefallen und deinen Beitrag. Die beiden waren eindeutig dem falschen Glauben anheim gefallen.

Liebe Grüße, Miezel,
Sabine
Caterina (46)
(29.08.08)
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Caty (71)
(29.08.08)
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Caterina (46) antwortete darauf am 29.08.08:
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Caty (71) schrieb daraufhin am 29.08.08:
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Caterina (46) äußerte darauf am 29.08.08:
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 Isaban ergänzte dazu am 29.08.08:
Also ich finde euren Diskurs sehr spannend und könnte mir eigentlich gerade für dieses Gedicht nichts Besseres vorstellen, als eine Diskussion auszulösen, die all diese Sichtweisen und Fragen umfasst. Was kann ein Text mehr erwarten, als zum Hinterfragen, zum Nachdenken anzuregen, zu Stellungnahmen zu verleiten und zu Diskussionen zu führen? Ich bin's zufrieden.


@ Caty:
Ich finde auch deine Interpretation sehr interessant, auch wenn ich jetzt aus deinem ersten Kommentar nicht mit Gewissheit erkennen konnte, was genau du als Grundaussage des Gedichtes betrachtest.

Herzlichen Dank, ihr beiden, für diese äußerst spannende und informative Auseinandersetzung mit dem Text und den sich daraus ergebenden Fragen.

Liebe Grüße,
Sabine

 Bergmann (29.08.08)
Das Gedicht holpert (absichtlich) oft.
Inhaltlich gehört es eher in die 50er Jahre.

 Isaban meinte dazu am 29.08.08:
In die 50er, lieber Uli?
Sind Glaubensfragen nicht eher zeitlos?
Selbst wenn du die Parallelen der beiden Erzählebenen so ganz und gar nicht sehen magst, wie steht es um die Tatsache, dass auch heute noch die Arbeitnehmer katholischer Einrichtungen mit dem Arbeitsvertrag unterschreiben, dass sie sich nach den sittlichen Werten der katholischen Kirche zu verhalten haben, dass sie also all das, was durch diese Institutionen gelehrt wird auch leben?

Das mag sich verrückt anhören, zumal ja unter anderem auch dieses Sätzchen mit der Frau, die dem Manne untertan sein soll noch nicht ausgeräumt ist und Gleichberechtigung innerhalb dieser Institution eher ein Fremdwort, aber es ist, nur um ein Beispiel zu nennen, immer noch so, dass jemand, der bei der Caritas arbeiten, oder als Lehrer an einer katholischen Schule unterrichten will sich weder scheiden lassen, noch offen zu seiner Homosexualität bekennen darf, geschweige denn, dass katholische Geistliche eine Ehe schließen, in eheähnlicher Gemeinschaft mit einer Frau oder einem Mann leben oder sonstwie offen mit Sexualität umgehen dürfen, wenn sie Job und Existenz nicht riskieren wollen.

Und hui, Ehebruch ist immer noch eine Todsünde, gleich hinter Mord und zieht ewige Verdammnis nach sich. Ups, das hat man wohl vergessen, mit den 50ern auszuräumen. Aber nicht etwa, dass ich da nur auf der katholischen Kirche rumhacken möchte (obwohl sie es schon wegen ihrer Aids-Politik verdient hätte), das ist bei vielen anderen Glaubensrichtungen nicht anders - und ich vermute mal, dass sich das auch in den nächsten Jahrzehnten nicht gravierend ändern wird. Fanatismus ist übrigens auch eine Frage beziehungsweise Folge von (falschen) Überzeugungen und Glauben.

Ja, es holpert, zeigt Ungereimtheiten und ist ab und an ziemlich schräg und bleibt trotzdem in der Melodie. Muss es auch. Glauben halt.

Ich dank dir für deine Rückmeldung.
Liebe Grüße,
Sabine
(Antwort korrigiert am 29.08.2008)

 Bergmann meinte dazu am 29.08.08:
Werde nach deiner Fasson selig. Golgatheisch...

 Isaban meinte dazu am 29.08.08:
Ein Klavier, ein Klavier!
Herzwärmegefühl (53)
(29.08.08)
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 Isaban meinte dazu am 30.08.08:
Und bestimmt Gesprächsstoff für beide Zimmer.
Die Welt ist schon verrückt.
Hab vielen Dank Moni, für deine Rückmeldung.
Herzliche Grüße,
Sabine

 AZU20 (29.08.08)
Ich habe es mit Vergnügen gelesen, zumal einiges die eigene Gedankenwelt berührt. Doch die, die so verdammt katholisch sind, werden immer seltener. Auch wenn der Papst manchmal wie ein Popstar auftritt, die Jugendlichen lieben halt Events aller Art, ohne dass sie zum großen Teil so katholisch sind. LG

 Isaban meinte dazu am 30.08.08:
Ich freu mich, Armin, dass mein Text dir Vergnügen bereiten konnte.
Hier im Text ist es ja nicht der Glauben, der auf die Schippe genommen wurde, sondern das, was wir draus machen, Scheinheiligkeit und Wahrung der Form, obwohl man längst weiß, wie überholt manche Dogmen sind, die vor Urzeiten von Menschen aufgestellt wurden, die es einfach nicht besser wussten.
Ich dank dir sehr für deine Rückmeldung.

Liebe Grüße,
Sabine

 Didi.Costaire (30.08.08)
Liebe Sabine,

dieses Gedicht enthält neben provokanten Inhalten, auf die ich mangels Interesse an Glaubensfragen nicht weiter eingehen möchte, diverse weitere Schmankerl.

Das Doppel-As zum Beispiel:
Ich aber bin nur irgendwas und hasse dass
Ein scheinbar kompletter Satz in einem Vers; das überschüssige S leitet in den nächsten Vers und Nebensatz über: der erste Trumph.

denken, glauben, fühlen und
schätzte ihn wert:
Diese Worte sind weniger flapsig als der Rest des Textes und werden ebenso durch Trochäen betont.

trag ich mein Kreuz wie ein Klavier:
des Lebens und Glaubens ganze Härte verbunden mit der Loriot-Assoziation.

In der dritten Strophe wird nicht nur unsterblich auf verblich gereimt, es ist auch noch ein Gedicht im Gedicht.

Besonders gut gefällt mir natürlich der Übergang von der Beschreibung dieses tolles Hechtes zum Schwein, das die harten Realitäten kaum ertragen kann, aber es dann doch irgendwie insgeheim tut - dank der entgiftenden Funktion der Leber.

Ja, ein tolles Gedicht, gefällt mir!

Liebe Grüße
Dirk

 Isaban meinte dazu am 30.08.08:
Hab herzlichen Dank, Dirk, für deine Auseinandersetzung mit Text und Stilmitteln und dass du mit dem erstaunlichen Einbau des tollen Hechtes zur Speisung der 3209 beiträgst.

Liebe Grüße,
Sabine

(Ich ahnte, dass ein Übermaß an Leberreimen bleibende Schäden hinterlässt.)
(Antwort korrigiert am 30.08.2008)
Misanthrop (31)
(23.02.10)
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