Gewitter

Kurzprosa zum Thema Natur

von  Ganna

Mit leichtem Geplänkel oben in den grauen Wolken beginnt es, so, als ärgerten sie sich vorerst gegenseitig, um ihre wirkliche Stärke auszutesten.

Die ersten Tropfen platschen schwer aufs Dach, der Blitz erhellt meine dunkle Küche und ich schalte den Compi aus, man weiß ja nie, so hab‘ ich es gelernt.

Plötzlich kracht der Donner gegen die Berge, die ihn sich gegenseitig zuwerfen, während dichte Tropfenfäden vom Himmel herabfallen und sich wie eine weiße Wand vor den Blick in die Ferne schieben. Sie gehen in weiße Hagelkörner über, die beginnen eine Klimpermelodie auf den tönernen Dachsteinen zu spielen, bevor sie wie Murmeln herabrollen.

Rillen und Dellen füllen sich weiß, ich ziehe mir einen Pullover über, es wird kühl und ich sehe den Blitz wieder herabfahren, wie helles Feuer in einen Höllenschlund hinter den Berggrüften verschwinden.

Hagel prasselt und springt über die Dächer.
Blitz und Donner begleiten sich nun und ich denke kurz, bitte lass es nicht mein Haus treffen, es ist sehr alt und überhaupt…hat es einen Blitzableiter?

Derweil stehe ich vor dem Fenster und versuche – nein…nicht die Murmeln zu zählen – die größte in ihren Maßen zu bestimmen, es sind drei cm immerhin.

Die weiße Masse nimmt nun größere Flächen ein, rutscht langsam nach unten, gefolgt von weiteren Hagelkorninseln, die sich schließlich auf dem Asphalt der Straße treffen, als hätte jemand massenweise Milchreis ausgekippt.

Ein dickes Hagelkorn landet mitten auf dem Teppich, während inzwischen ganze Schwärme vom Dach rhythmisch nach unten platschen.

Es prasselt und prallt, rasselt und schallt, donnert und scheppert, dass es eine Lust ist.
Ich bin begeistert und schließe die Fenster, denn jetzt wollen die Murmeln plötzlich alle hereinkommen.

40 Minuten später hagelt es gemischt mit dicken Wassertropfen immer noch und heftig, deftig schmettern die Körner gegen die Scheiben. Wie ein Kind stehe ich am Fenster und drücke mir die Nase platt, ob der noch immer fallenden Körner seit fast einer Stunde…

Begann die Sintflut eigentlich mit Regen oder Hagel…?
Die Sirene heult…ob jetzt die Arche vorschwimmt, uns zu retten?

Langsam verziehen sich die Dunstwolken und geben Berghänge frei, die weiß belegt sind. Wir haben heute den 16. Juni, ich weiß es genau und weiß sind  Berge und Dächer.

Es ist Zeit, zu meinen Deutsch-Schülern zu fahren. Ich steige die Treppe hinab und trete auf die weiße Straße inmitten all der Hagelkörnerhaufen, gemischt mit grünen Blätterfetzen…
...und ich habe doch keine Schneeketten…

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Kommentare zu diesem Text


 Jorge (12.08.13)
Eine wunderbare Naturbeobachtung - gespentisch ,abenteuerlich und auch ein wenig angstvoll beschreibt die Autorin ein sommerliches Gewitter.
LG Jorge

 Ganna meinte dazu am 13.08.13:
Danke!

...ich erinnere mich, es war ein gewaltiges Gewitter, so eines, wie es nur alle 20 Jahre vorkommt...

LG Ganna
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