Du wurdest in Schwärze hineingeboren.
Hättest du die Wahl gehabt, wärst du wohl lieber in diesem stickigen
Wanst der Frau geblieben, die du Mutter nennen musst.
Eine Trinkerin, die deinen Weg bereits mit Verdammnis auslegte, bevor du die Neonlichter des Kreissaals zum ersten Mal erspähtest.
Dieser Weg, der vor dir lag war geprägt von Schlägen, Krankheit, Verlust. Lieblosigkeit und Depression entschieden sich, deinen Lippen schon früh kein Lächeln zu schenken.
Und heute blickst du zurück. Auf diese vielen, leblosen Tage, an denen du dann doch irgendwie lebtest. Was genau das bedeutet, konnte dir niemand sagen. Also hast du irgendwann deine eigene Definition niedergeschrieben. In blutigen Schnitten auf deinen dicken Kinderarmen. Die Mutter, die dich niemals lieben konnte, du verachtest sie nicht einmal. Kein Hass.
In dir existiert nur diese Leere, die sich nach einem stillen Moment sehnt. Einem Ende, möglichst bald.
Und du lächelst nie. Die Sonne kennt deinen Namen nicht.
Nach der Schule wartete keine Mutter, kein Vater, kein Niemand am Schulhof auf dich, um dich heimzuholen. Mutter lag betrunken auf dem Sofa und scheuchte dich brüllend aus dem Haus. Warf die leere Schnapsflasche hinter dir her, was dir bloß sagen sollte, dass sie eine neue braucht.
Und die Jahre gaben sich die Hand. Der Kreis schloss sich wieder zu einem Ganzen. Missgunst. Hass. Undefinierte Art von "Liebe".
Dein Herz blieb groß, deine Angst wuchs, Brüste und Beine ebenso.
Und Lächeln war noch immer fremd. Genauso, dieses Wesen, das ungepflegt und träge auf dem Sofa lag. Stank und brüllend um sich prügelte.
In deinen 19 Jahren, hast du das Krankenhaus wohl öfter gesehen, als dein eigenes "zu Hause". Öfter, als eine lächelnde, liebevolle Mutter.
Wie oft hast du deine Sachen in Eile zusammengerafft und mit blauem Auge und schmerzenden Gliedern das Haus verlassen.
So tief der Schmerz auch war, den die Frau in dich gepflanzt hatte, seltsamer Weise, zog dich immer irgendetwas dorthin zurück. An diesen Ort, der nichts weiter war, als Fremde, die dir ein Dach über dem Kopf gebot.
So schön und kalt es auch auf den Straßen der Stadt war, und die Einsamkeit deine Wunden schloss, es fehlte.
Diese Herrschsucht. Das Geschrei. schläge.
Du hattest alles gesehen und wieder nicht genug, um von diesem Elend davonzulaufen. Irgendwie, war da doch noch etwas wie Hoffnung geblieben. Zersplittert, aber du hast jede Nacht versucht im Mondlicht den Geist der Zuversicht zu reanimieren.
Hast mit Alkohol und Drogen den Schlaf gefunden, den die Gegenwart nicht zulassen konnte. Angst und Sorge, haben sich wunderbar unter Messerschnitten, Joints, Kippen und einer Menge Speed vergraben lassen.
Und, wenn ich dich heute so betrachte, bist du nichts besser als sie. Bist du tiefer gesunken, als sie. Als Mutter.
Dein dicker Bauch ist kugelig. 24 Woche.
Dennoch steckt eine Kippe in deinem immer gleich gezogenem Mundwinkel. Die 12. heute Früh. Und du drehst bereits den 2. Joint für heute. Anders, kannst du nicht mehr vorwärts gehen. Wobei du eigentlich dem Stillstand nahe bist.
Hast dieses erlösende Geratter des ICEs im Ohr. Und um dich liegt die Nacht eines endlosen Tages. Eines Lebens, das du dir nie gewünscht hattest.
In dir schlagen zwei Herzen. Beide von Schmerz und Nikotin zerfressen.
Und eine Hoffnung ist dir so fremd, wie die Tatsache, dass man mit Zirkeln Dreiecke konstruieren kann.
Eigentlich.
Du raffst dich auf. Schmutz bedeckt Gesicht und die blutverschmierten Hände.
Ziehst die Mütze tiefer ins Gesicht. Schließt Augen und Verstand vor dir. Schließt ab. Ganz. Für immer.
Es gibt keinen Brief. Keine schwarzen Worte, auf weißer Reinheit.
Kein Garnichts.